Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.über die einzelnen Kirchen. der Zeichnung vorzüglich in den kleinern Theilen desGesichts beruhet, welche mit den ziemlich breiten Stiften äußerst unvollständig und unzusammenhän- gend dargestellt werden. An Wahrheit des Colorits ist so wenig als an Wahre Harmonie ist gleichfalls von einem so falschen O 3
uͤber die einzelnen Kirchen. der Zeichnung vorzuͤglich in den kleinern Theilen desGeſichts beruhet, welche mit den ziemlich breiten Stiften aͤußerſt unvollſtaͤndig und unzuſammenhaͤn- gend dargeſtellt werden. An Wahrheit des Colorits iſt ſo wenig als an Wahre Harmonie iſt gleichfalls von einem ſo falſchen O 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0237" n="213"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">uͤber die einzelnen Kirchen.</hi></fw><lb/> der Zeichnung vorzuͤglich in den kleinern Theilen des<lb/> Geſichts beruhet, welche mit den ziemlich breiten<lb/> Stiften aͤußerſt unvollſtaͤndig und unzuſammenhaͤn-<lb/> gend dargeſtellt werden.</p><lb/> <p>An Wahrheit des Colorits iſt ſo wenig als an<lb/> Harmonie deſſelben zu denken. Colorit iſt Farben-<lb/> miſchung, Modification einer Localfarbe von dem<lb/> hoͤchſten Grade des Lichts an, bis in den tiefſten<lb/> Schatten. Man ſpricht von 3000 Nuͤancen der<lb/> muſiviſchen Farben: Ich bin uͤberzeugt, daß Tizian<lb/> eine dieſe Anzahl weit uͤberſteigende Menge zur Faͤr-<lb/> bung eines einzigen Kopfes gebraucht hat. Jeder<lb/> Pinſelſtrich iſt fuͤr den geſchickten Coloriſten eine neue<lb/> Nuͤance: und wo der Moſaikenmahler, ſeiner Mei-<lb/> nung nach, zwei ſich genau vermaͤhlende Farben an<lb/> einander geſetzt hat, da wuͤrde der Mahler in Oel<lb/> blos durch das Vertreiben der einen in die andere,<lb/> wieder eine dritte ſchaffen. Nimmer laufen daher<lb/> die Schattirungen ſo in einander, daß man den An-<lb/> fang und das Ende nicht deutlich erkennen ſollte. Das<lb/> Aufblicken des Lichts, die Drucker im Schatten, die<lb/> kecke Andeutung der Haare und der Falten der Haut,<lb/> den Schmelz der Farben, das <hi rendition="#aq">sfumato,</hi> kurz! alle<lb/> Kunſtgriffe der Behandlung des Pinſels, welche die<lb/> Franzoſen <hi rendition="#aq">le faire</hi> nennen, druͤckt das Moſaik ent-<lb/> weder gar nicht oder hoͤchſt unvollkommen aus.</p><lb/> <p>Wahre Harmonie iſt gleichfalls von einem ſo<lb/> ſtuͤckweiſen Auftrage der Farben nicht zu erwarten.<lb/> Nun nehme man hinzu: die Fugen die allemal<lb/> zwiſchen den Stiften bleiben, und fuͤr gute Augen,<lb/> in der Entfernung, worin ein Gemaͤhlde beurtheilt<lb/> werden muß, immer ein Steinpflaſter bilden: den<lb/> <fw place="bottom" type="sig">O 3</fw><fw place="bottom" type="catch">falſchen</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [213/0237]
uͤber die einzelnen Kirchen.
der Zeichnung vorzuͤglich in den kleinern Theilen des
Geſichts beruhet, welche mit den ziemlich breiten
Stiften aͤußerſt unvollſtaͤndig und unzuſammenhaͤn-
gend dargeſtellt werden.
An Wahrheit des Colorits iſt ſo wenig als an
Harmonie deſſelben zu denken. Colorit iſt Farben-
miſchung, Modification einer Localfarbe von dem
hoͤchſten Grade des Lichts an, bis in den tiefſten
Schatten. Man ſpricht von 3000 Nuͤancen der
muſiviſchen Farben: Ich bin uͤberzeugt, daß Tizian
eine dieſe Anzahl weit uͤberſteigende Menge zur Faͤr-
bung eines einzigen Kopfes gebraucht hat. Jeder
Pinſelſtrich iſt fuͤr den geſchickten Coloriſten eine neue
Nuͤance: und wo der Moſaikenmahler, ſeiner Mei-
nung nach, zwei ſich genau vermaͤhlende Farben an
einander geſetzt hat, da wuͤrde der Mahler in Oel
blos durch das Vertreiben der einen in die andere,
wieder eine dritte ſchaffen. Nimmer laufen daher
die Schattirungen ſo in einander, daß man den An-
fang und das Ende nicht deutlich erkennen ſollte. Das
Aufblicken des Lichts, die Drucker im Schatten, die
kecke Andeutung der Haare und der Falten der Haut,
den Schmelz der Farben, das sfumato, kurz! alle
Kunſtgriffe der Behandlung des Pinſels, welche die
Franzoſen le faire nennen, druͤckt das Moſaik ent-
weder gar nicht oder hoͤchſt unvollkommen aus.
Wahre Harmonie iſt gleichfalls von einem ſo
ſtuͤckweiſen Auftrage der Farben nicht zu erwarten.
Nun nehme man hinzu: die Fugen die allemal
zwiſchen den Stiften bleiben, und fuͤr gute Augen,
in der Entfernung, worin ein Gemaͤhlde beurtheilt
werden muß, immer ein Steinpflaſter bilden: den
falſchen
O 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |