Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.Ueber die Kennz. des Kirchenstils des Geelenadels gränzt in der sichtbaren Darstellungan Stolz. Man hätte den Märtyrern den Aus- druck der Standhaftigkeit geben können, aber in den bildenden Künsten ist dieser Ausdruck nicht bestimmt genung, und mit sanfter Einfalt verbunden, wird er unbedeutend. heiten und Helden der Alten sind idealisirt, in- dividuelle Bildungen einer Men- schenart: das höchste Wesen, die Heiligen, die Tugenden der Neueren entweder würklich in- dividuelle Bildungen einzelner Menschen oder allego- rische Ab- stracta un- sinnlicher Eigenschaf- ten. Die Gottheiten der Alten unterscheiden sich noch Die Alten scheinen aus vielen Erfahrungen, aus mehrere 3) Dies geht so weit, daß Männer, die es in der Be-
merkungskraft zu einem gewissen Grade von Fer- tigkeit gebracht haben, auf den ersten Blick die ver- schiedenen Handwerker: Schneider, Schuster u. s. w. blos nach der Gestalt zu unterscheiden wissen. Ueber die Kennz. des Kirchenſtils des Geelenadels graͤnzt in der ſichtbaren Darſtellungan Stolz. Man haͤtte den Maͤrtyrern den Aus- druck der Standhaftigkeit geben koͤnnen, aber in den bildenden Kuͤnſten iſt dieſer Ausdruck nicht beſtimmt genung, und mit ſanfter Einfalt verbunden, wird er unbedeutend. heiten und Helden der Alten ſind idealiſirt, in- dividuelle Bildungen einer Men- ſchenart: das hoͤchſte Weſen, die Heiligen, die Tugenden der Neueren entweder wuͤrklich in- dividuelle Bildungen einzelner Menſchen oder allego- riſche Ab- ſtracta un- ſinnlicher Eigenſchaf- ten. Die Gottheiten der Alten unterſcheiden ſich noch Die Alten ſcheinen aus vielen Erfahrungen, aus mehrere 3) Dies geht ſo weit, daß Maͤnner, die es in der Be-
merkungskraft zu einem gewiſſen Grade von Fer- tigkeit gebracht haben, auf den erſten Blick die ver- ſchiedenen Handwerker: Schneider, Schuſter u. ſ. w. blos nach der Geſtalt zu unterſcheiden wiſſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0214" n="190"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ueber die Kennz. des Kirchenſtils</hi></fw><lb/> des Geelenadels graͤnzt in der ſichtbaren Darſtellung<lb/> an Stolz. Man haͤtte den Maͤrtyrern den Aus-<lb/> druck der Standhaftigkeit geben koͤnnen, aber in den<lb/> bildenden Kuͤnſten iſt dieſer Ausdruck nicht beſtimmt<lb/> genung, und mit ſanfter Einfalt verbunden, wird er<lb/> unbedeutend.</p><lb/> <note place="left">Die Gott-<lb/> heiten und<lb/> Helden der<lb/> Alten ſind<lb/> idealiſirt, in-<lb/> dividuelle<lb/> Bildungen<lb/> einer Men-<lb/> ſchenart:<lb/> das hoͤchſte<lb/> Weſen, die<lb/> Heiligen, die<lb/> Tugenden<lb/> der Neueren<lb/> entweder<lb/> wuͤrklich in-<lb/> dividuelle<lb/> Bildungen<lb/> einzelner<lb/> Menſchen<lb/> oder allego-<lb/> riſche Ab-<lb/> ſtracta un-<lb/> ſinnlicher<lb/> Eigenſchaf-<lb/> ten.</note> <p>Die Gottheiten der Alten unterſcheiden ſich noch<lb/> beſonders von den Heiligen der Neueren und ſelbſt von<lb/> der letztern Vorſtellungsart des hoͤchſten Weſens da-<lb/> durch, daß jene perſonifiirte Menſchengattungen wa-<lb/> ren, dieſe hingegen perſonifiirte einzelne Individuen<lb/> von Menſchen oder perſonifiirte Abſtrakte, allegoriſche<lb/> Bilder unſinnlicher Eigenſchaften ſind. Es iſt naͤm-<lb/> lich eine bekannte Erfahrung, daß ſich nicht blos die<lb/> hervorſtechenden Neigungen des Herzens, die Faͤhig-<lb/> keiten der Seele und des Koͤrpers, an der Geſtalt<lb/> des Menſchen aͤußern, ſondern daß auch die Lage<lb/> in der ſie ſich im handelnden Leben befinden, die be-<lb/> ſondere Richtung, welche die Eigenſchaften ihrer<lb/> Seele und ihres Koͤrpers zu einer beſtimmten und an-<lb/> haltenden Thaͤtigkeit oder Beſchaͤfftigung erhalten ha-<lb/> ben, ſich auf die aͤußere Form des Koͤrpers ein-<lb/> druͤcken. <note place="foot" n="3)">Dies geht ſo weit, daß Maͤnner, die es in der Be-<lb/> merkungskraft zu einem gewiſſen Grade von Fer-<lb/> tigkeit gebracht haben, auf den erſten Blick die ver-<lb/> ſchiedenen Handwerker: Schneider, Schuſter u. ſ. w.<lb/> blos nach der Geſtalt zu unterſcheiden wiſſen.</note></p><lb/> <p>Die Alten ſcheinen aus vielen Erfahrungen, aus<lb/> mehreren Beiſpielen im Einzelnen, die praͤgnanteſten<lb/> Zuͤge der Geſtalt herausgehoben zu haben, worin<lb/> <fw place="bottom" type="catch">mehrere</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [190/0214]
Ueber die Kennz. des Kirchenſtils
des Geelenadels graͤnzt in der ſichtbaren Darſtellung
an Stolz. Man haͤtte den Maͤrtyrern den Aus-
druck der Standhaftigkeit geben koͤnnen, aber in den
bildenden Kuͤnſten iſt dieſer Ausdruck nicht beſtimmt
genung, und mit ſanfter Einfalt verbunden, wird er
unbedeutend.
Die Gottheiten der Alten unterſcheiden ſich noch
beſonders von den Heiligen der Neueren und ſelbſt von
der letztern Vorſtellungsart des hoͤchſten Weſens da-
durch, daß jene perſonifiirte Menſchengattungen wa-
ren, dieſe hingegen perſonifiirte einzelne Individuen
von Menſchen oder perſonifiirte Abſtrakte, allegoriſche
Bilder unſinnlicher Eigenſchaften ſind. Es iſt naͤm-
lich eine bekannte Erfahrung, daß ſich nicht blos die
hervorſtechenden Neigungen des Herzens, die Faͤhig-
keiten der Seele und des Koͤrpers, an der Geſtalt
des Menſchen aͤußern, ſondern daß auch die Lage
in der ſie ſich im handelnden Leben befinden, die be-
ſondere Richtung, welche die Eigenſchaften ihrer
Seele und ihres Koͤrpers zu einer beſtimmten und an-
haltenden Thaͤtigkeit oder Beſchaͤfftigung erhalten ha-
ben, ſich auf die aͤußere Form des Koͤrpers ein-
druͤcken. 3)
Die Alten ſcheinen aus vielen Erfahrungen, aus
mehreren Beiſpielen im Einzelnen, die praͤgnanteſten
Zuͤge der Geſtalt herausgehoben zu haben, worin
mehrere
3) Dies geht ſo weit, daß Maͤnner, die es in der Be-
merkungskraft zu einem gewiſſen Grade von Fer-
tigkeit gebracht haben, auf den erſten Blick die ver-
ſchiedenen Handwerker: Schneider, Schuſter u. ſ. w.
blos nach der Geſtalt zu unterſcheiden wiſſen.
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