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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

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in der Bildhauerei.
Kunst nicht, und die Fehler, die dagegen begangen
sind, scheinen mehr dem Unvermögen zuzugehören, die
Vollkommenheit, zu der sie führen, zu erreichen, als
der wissentlichen Absicht, sie Feldein auf einem andern
Wege zu verfolgen.

Früh, in den ersten Zeiten des Wachsthums der
Künste, finden wir die Bildsäulen menschlicher Figu-
ren als Symbole derselben behandelt: nicht anders
wie Gebäude Symbole von Hütten sind, mit dem
Senkblei und dem Winkelmaaß in symmetrische Ge-
stalten geschnitten. Es sind keine Nachbildungen
der Menschen, es sind für sich stehende Geschöpfe, an
denen die einzelnen Theile zu dem Ganzen nach inne-
ren, aus der Masse selbst hergenommenen, Verhält-
nissen harmoniren. Alles ist viereckigt, steif und oh-
ne Wahrheit; aber alles stimmt an der willkührlichen
Composition zu einem leicht von der Seele zu fassen-
den Begriff überein: alles ist wohlgeordnet. Von
dort ist man zur Wahrheit fortgeschritten, man hat
die ursprüngliche Simplicität, das Ebenmaaß der
Theile zu einander, das Verhältniß derselben zum
Ganzen beibehalten; man hat aber auch mehr Ver-
schiedenheit der Formen in die Theile gebracht, und
überhaupt die Uebereinstimmung des Nachgebildeten
mit dem Vorbilde mehr besorgt. Das Viereckigte hat
mehr Rundheit, die Linie mehr Ausschweifung, das
Detail mehr Treue erhalten. Endlich hat man den
Reiz hinzugefügt, die wellenförmigen Contouren, die
Abwechselung in den Stellungen und Formen der ein-
zelnen Glieder. Auf solche Art ist die symmetrische
Verfahrungsart unter Leichtigkeit, unter Schein des
Regellosen, und unter Mannichfaltigkeit der Formen

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in der Bildhauerei.
Kunſt nicht, und die Fehler, die dagegen begangen
ſind, ſcheinen mehr dem Unvermoͤgen zuzugehoͤren, die
Vollkommenheit, zu der ſie fuͤhren, zu erreichen, als
der wiſſentlichen Abſicht, ſie Feldein auf einem andern
Wege zu verfolgen.

Fruͤh, in den erſten Zeiten des Wachsthums der
Kuͤnſte, finden wir die Bildſaͤulen menſchlicher Figu-
ren als Symbole derſelben behandelt: nicht anders
wie Gebaͤude Symbole von Huͤtten ſind, mit dem
Senkblei und dem Winkelmaaß in ſymmetriſche Ge-
ſtalten geſchnitten. Es ſind keine Nachbildungen
der Menſchen, es ſind fuͤr ſich ſtehende Geſchoͤpfe, an
denen die einzelnen Theile zu dem Ganzen nach inne-
ren, aus der Maſſe ſelbſt hergenommenen, Verhaͤlt-
niſſen harmoniren. Alles iſt viereckigt, ſteif und oh-
ne Wahrheit; aber alles ſtimmt an der willkuͤhrlichen
Compoſition zu einem leicht von der Seele zu faſſen-
den Begriff uͤberein: alles iſt wohlgeordnet. Von
dort iſt man zur Wahrheit fortgeſchritten, man hat
die urſpruͤngliche Simplicitaͤt, das Ebenmaaß der
Theile zu einander, das Verhaͤltniß derſelben zum
Ganzen beibehalten; man hat aber auch mehr Ver-
ſchiedenheit der Formen in die Theile gebracht, und
uͤberhaupt die Uebereinſtimmung des Nachgebildeten
mit dem Vorbilde mehr beſorgt. Das Viereckigte hat
mehr Rundheit, die Linie mehr Ausſchweifung, das
Detail mehr Treue erhalten. Endlich hat man den
Reiz hinzugefuͤgt, die wellenfoͤrmigen Contouren, die
Abwechſelung in den Stellungen und Formen der ein-
zelnen Glieder. Auf ſolche Art iſt die ſymmetriſche
Verfahrungsart unter Leichtigkeit, unter Schein des
Regelloſen, und unter Mannichfaltigkeit der Formen

zwar
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[185/0209] in der Bildhauerei. Kunſt nicht, und die Fehler, die dagegen begangen ſind, ſcheinen mehr dem Unvermoͤgen zuzugehoͤren, die Vollkommenheit, zu der ſie fuͤhren, zu erreichen, als der wiſſentlichen Abſicht, ſie Feldein auf einem andern Wege zu verfolgen. Fruͤh, in den erſten Zeiten des Wachsthums der Kuͤnſte, finden wir die Bildſaͤulen menſchlicher Figu- ren als Symbole derſelben behandelt: nicht anders wie Gebaͤude Symbole von Huͤtten ſind, mit dem Senkblei und dem Winkelmaaß in ſymmetriſche Ge- ſtalten geſchnitten. Es ſind keine Nachbildungen der Menſchen, es ſind fuͤr ſich ſtehende Geſchoͤpfe, an denen die einzelnen Theile zu dem Ganzen nach inne- ren, aus der Maſſe ſelbſt hergenommenen, Verhaͤlt- niſſen harmoniren. Alles iſt viereckigt, ſteif und oh- ne Wahrheit; aber alles ſtimmt an der willkuͤhrlichen Compoſition zu einem leicht von der Seele zu faſſen- den Begriff uͤberein: alles iſt wohlgeordnet. Von dort iſt man zur Wahrheit fortgeſchritten, man hat die urſpruͤngliche Simplicitaͤt, das Ebenmaaß der Theile zu einander, das Verhaͤltniß derſelben zum Ganzen beibehalten; man hat aber auch mehr Ver- ſchiedenheit der Formen in die Theile gebracht, und uͤberhaupt die Uebereinſtimmung des Nachgebildeten mit dem Vorbilde mehr beſorgt. Das Viereckigte hat mehr Rundheit, die Linie mehr Ausſchweifung, das Detail mehr Treue erhalten. Endlich hat man den Reiz hinzugefuͤgt, die wellenfoͤrmigen Contouren, die Abwechſelung in den Stellungen und Formen der ein- zelnen Glieder. Auf ſolche Art iſt die ſymmetriſche Verfahrungsart unter Leichtigkeit, unter Schein des Regelloſen, und unter Mannichfaltigkeit der Formen zwar M 5

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/209>, abgerufen am 27.11.2024.