seinem Charakter, daß er ihn auch dahin gebracht hat, wo bloße sichtbar sinnliche Beschreibung, Dar- stellung einer ruhigen Seele, dem Süjet angemesse- ner gewesen wäre. 1)
Das eine große Gemählde an der Mitte der Decke, und zwar rechter Hand vom Eingange in den Saal ab, zeigt die Götterversammlung, vor denen Venus und ihr Sohn ihre Sache vertheidigen.
Dieser Zeitpunkt ist aus der Geschichte der Psyche sehr glücklich herausgehoben, um einen bestimmten, vollständigen und abwechselnden Ausdruck zu motivi- ren. Ich will von diesem und der Anordnung zu- erst reden.
Venus und Amor stehen am rechten Orte, um dem Beschauer in die Augen zu fallen; Mit der Stellung zeigen sie den gegenseitigen Streit an, aber ihre Augen sind wie billig auf den Präsidenten des Gerichts, auf Jupiter gerichtet. Dieser sitzt an dem einen Ende des Bildes als dem vornehmsten Platz der Scene in allen Gemählden, welche den Ort einer großen Versammlung im Profil zeigen: Und dies dürfen wir bei keinem Gemählde Raphaels vergessen. Zu seiner Zeit waren die Regeln der Luft und Linien- perspektiv, der Haltung, noch nicht zu der Vollkom- menheit gebracht als jetzt. Man nahm das Licht noch außerhalb dem Bilde, nicht in dem Bilde selbst, überhaupt aber den Rahmen nicht als ein abgesonder- tes Theater an. Man durfte also die Scene nicht so vorstellen, als wenn man sie von vorn zu sähe, und nun die Figur, welche den vorzüglichsten Platz
bei
1) Man vergleiche den ersten Theil, S. 145.
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Der kleine Pallaſt Farneſe.
ſeinem Charakter, daß er ihn auch dahin gebracht hat, wo bloße ſichtbar ſinnliche Beſchreibung, Dar- ſtellung einer ruhigen Seele, dem Suͤjet angemeſſe- ner geweſen waͤre. 1)
Das eine große Gemaͤhlde an der Mitte der Decke, und zwar rechter Hand vom Eingange in den Saal ab, zeigt die Goͤtterverſammlung, vor denen Venus und ihr Sohn ihre Sache vertheidigen.
Dieſer Zeitpunkt iſt aus der Geſchichte der Pſyche ſehr gluͤcklich herausgehoben, um einen beſtimmten, vollſtaͤndigen und abwechſelnden Ausdruck zu motivi- ren. Ich will von dieſem und der Anordnung zu- erſt reden.
Venus und Amor ſtehen am rechten Orte, um dem Beſchauer in die Augen zu fallen; Mit der Stellung zeigen ſie den gegenſeitigen Streit an, aber ihre Augen ſind wie billig auf den Praͤſidenten des Gerichts, auf Jupiter gerichtet. Dieſer ſitzt an dem einen Ende des Bildes als dem vornehmſten Platz der Scene in allen Gemaͤhlden, welche den Ort einer großen Verſammlung im Profil zeigen: Und dies duͤrfen wir bei keinem Gemaͤhlde Raphaels vergeſſen. Zu ſeiner Zeit waren die Regeln der Luft und Linien- perſpektiv, der Haltung, noch nicht zu der Vollkom- menheit gebracht als jetzt. Man nahm das Licht noch außerhalb dem Bilde, nicht in dem Bilde ſelbſt, uͤberhaupt aber den Rahmen nicht als ein abgeſonder- tes Theater an. Man durfte alſo die Scene nicht ſo vorſtellen, als wenn man ſie von vorn zu ſaͤhe, und nun die Figur, welche den vorzuͤglichſten Platz
bei
1) Man vergleiche den erſten Theil, S. 145.
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Der kleine Pallaſt Farneſe.
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hat, wo bloße ſichtbar ſinnliche Beſchreibung, Dar-
ſtellung einer ruhigen Seele, dem Suͤjet angemeſſe-
ner geweſen waͤre. 1)
Das eine große Gemaͤhlde an der Mitte der
Decke, und zwar rechter Hand vom Eingange in den
Saal ab, zeigt die Goͤtterverſammlung, vor denen
Venus und ihr Sohn ihre Sache vertheidigen.
Dieſer Zeitpunkt iſt aus der Geſchichte der Pſyche
ſehr gluͤcklich herausgehoben, um einen beſtimmten,
vollſtaͤndigen und abwechſelnden Ausdruck zu motivi-
ren. Ich will von dieſem und der Anordnung zu-
erſt reden.
Venus und Amor ſtehen am rechten Orte, um
dem Beſchauer in die Augen zu fallen; Mit der
Stellung zeigen ſie den gegenſeitigen Streit an, aber
ihre Augen ſind wie billig auf den Praͤſidenten des
Gerichts, auf Jupiter gerichtet. Dieſer ſitzt an dem
einen Ende des Bildes als dem vornehmſten Platz der
Scene in allen Gemaͤhlden, welche den Ort einer
großen Verſammlung im Profil zeigen: Und dies
duͤrfen wir bei keinem Gemaͤhlde Raphaels vergeſſen.
Zu ſeiner Zeit waren die Regeln der Luft und Linien-
perſpektiv, der Haltung, noch nicht zu der Vollkom-
menheit gebracht als jetzt. Man nahm das Licht
noch außerhalb dem Bilde, nicht in dem Bilde ſelbſt,
uͤberhaupt aber den Rahmen nicht als ein abgeſonder-
tes Theater an. Man durfte alſo die Scene nicht
ſo vorſtellen, als wenn man ſie von vorn zu ſaͤhe,
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1) Man vergleiche den erſten Theil, S. 145.
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/145>, abgerufen am 16.07.2024.
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