Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.Pallast Barberini. wir ihn im Bilde wiederfinden. Hätte Poussinhingegen einen Mann mit einer Mine voll Unmuth zwischen betheurenden Freunden und weinenden Gat- tin und Kindern gemahlt, so würden ihn nur die Le- ser des Tacitus verstanden haben: Alle übrigen wür- den glauben er mache ihnen Vorwürfe, er klage sie als Urheber seines Todes an, und man wüßte nicht warum. Dann wäre es richtig, was Richardson sagt, daß man ohne Kenntniß der Geschichte von dem Süjet eines Gemähldes nichts verstehen könne. Inzwischen dies nur zur Rechtfertigung des Ge- Dem Germanicus zur Seite sitzt Agrippina, Einer der vornehmsten Officiere hebt auf dem seyn, U 2
Pallaſt Barberini. wir ihn im Bilde wiederfinden. Haͤtte Pouſſinhingegen einen Mann mit einer Mine voll Unmuth zwiſchen betheurenden Freunden und weinenden Gat- tin und Kindern gemahlt, ſo wuͤrden ihn nur die Le- ſer des Tacitus verſtanden haben: Alle uͤbrigen wuͤr- den glauben er mache ihnen Vorwuͤrfe, er klage ſie als Urheber ſeines Todes an, und man wuͤßte nicht warum. Dann waͤre es richtig, was Richardſon ſagt, daß man ohne Kenntniß der Geſchichte von dem Suͤjet eines Gemaͤhldes nichts verſtehen koͤnne. Inzwiſchen dies nur zur Rechtfertigung des Ge- Dem Germanicus zur Seite ſitzt Agrippina, Einer der vornehmſten Officiere hebt auf dem ſeyn, U 2
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Pallaſt Barberini.
wir ihn im Bilde wiederfinden. Haͤtte Pouſſin
hingegen einen Mann mit einer Mine voll Unmuth
zwiſchen betheurenden Freunden und weinenden Gat-
tin und Kindern gemahlt, ſo wuͤrden ihn nur die Le-
ſer des Tacitus verſtanden haben: Alle uͤbrigen wuͤr-
den glauben er mache ihnen Vorwuͤrfe, er klage ſie
als Urheber ſeines Todes an, und man wuͤßte nicht
warum. Dann waͤre es richtig, was Richardſon
ſagt, daß man ohne Kenntniß der Geſchichte von
dem Suͤjet eines Gemaͤhldes nichts verſtehen
koͤnne.
Inzwiſchen dies nur zur Rechtfertigung des Ge-
dankens unſers Kuͤnſtlers: Denn bei der Ausfuͤh-
rung iſt es ihm wie in mehreren ſeiner Werke gegan-
gen: Die Nebenfiguren uͤbertreffen die Hauptfi-
gur an Schoͤnheit der Formen, und Adel des
Ausdrucks.
Dem Germanicus zur Seite ſitzt Agrippina,
und verhuͤllt ihr Geſicht. Bei ihr das zweite ihrer
Kinder, welches nur fuͤr den Schmerz der Mutter
Empfindung zu haben ſcheint. Das Juͤngſte
wird von der Waͤrterin herbeigetragen, und der
aͤlteſte Sohn ſteht weinend hinter dem Bette des
Vaters.
Einer der vornehmſten Officiere hebt auf dem
Vorgrunde die Hand in die Hoͤhe, gleichſam bei den
Goͤttern Rache zu ſchwoͤren. Mehrere Kriegsleute
draͤngen ſich herzu, dem Sterbenden ewige Treue
zuzuſagen. Zwei andere, die in Schmerz verſunken
ſich im Hintergrunde halten, ſcheinen Perſonen zu
ſeyn,
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