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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Pallast Barberini.

In der Mitte der Decke wird das Barberinische
Wappen durch die Tugenden in Gegenwart der Vor-
sehung, der Zeit, der Parzen, und der Ewigkeit,
die mit Sternen gekrönt ist, in den Himmel gehoben.
Zur Seite schleudert Minerva Donnerkeile auf die
Titanen. Gegenüber stehen die Religion und der
Glaube zwischen der Wollust und einem Silen.
Weiterhin tödtet Hercules die Harpyen. In den
Wolken schweben die Gerechtigkeit und der Ueberfluß,
unten steht die Menschenliebe. Dann bemerkt man
wieder die Werkstatt Vulkans, und außerdem den
Frieden, welcher den Tempel des Krieges verschlies-
set; Mars liegt an Ketten; die Fama verkündigt
den Frieden.

Alle diese verschiedenen Vorstellungen erscheinen
auf einer Fläche; an einander hängend, in einander
greifend; ohne Zwischenraum, ohne irgend etwas,
das für eine Abtheilung gelten könnte. Der Him-
mel öffnet sich, als das Barberinische Wappen sich
nähert, und da zeigen sich diese Meteore.

Man preiset diesen Plafond als eine der reichstenOb weitläuf-
tige Compo-
sitionen der
Mahlerei zu-
träglich, und
angemessen
seyn mögen?

Compositionen, die jemals aus einem Pinsel geflos-
sen sind. Hat denn der Mahler, der ein Gemählde
mit vielen Figuren ausstaffirt, einen würklichen An-
spruch auf unsere Dankbarkeit? Loben wir nicht die
Weisheit eines Künstlers, der mit wenigen Figuren
den vollständigen Ausdruck einer Handlung, ein leicht
zu übersehendes Ganze liefert? Wird dasjenige,
was wir an einem andern Orte über weitläuftige
Werke in runder Bildhauerei festgesetzt haben, wo
nicht seine völlige, doch eine verhältnißmäßige An-

wendung
S 2
Pallaſt Barberini.

In der Mitte der Decke wird das Barberiniſche
Wappen durch die Tugenden in Gegenwart der Vor-
ſehung, der Zeit, der Parzen, und der Ewigkeit,
die mit Sternen gekroͤnt iſt, in den Himmel gehoben.
Zur Seite ſchleudert Minerva Donnerkeile auf die
Titanen. Gegenuͤber ſtehen die Religion und der
Glaube zwiſchen der Wolluſt und einem Silen.
Weiterhin toͤdtet Hercules die Harpyen. In den
Wolken ſchweben die Gerechtigkeit und der Ueberfluß,
unten ſteht die Menſchenliebe. Dann bemerkt man
wieder die Werkſtatt Vulkans, und außerdem den
Frieden, welcher den Tempel des Krieges verſchlieſ-
ſet; Mars liegt an Ketten; die Fama verkuͤndigt
den Frieden.

Alle dieſe verſchiedenen Vorſtellungen erſcheinen
auf einer Flaͤche; an einander haͤngend, in einander
greifend; ohne Zwiſchenraum, ohne irgend etwas,
das fuͤr eine Abtheilung gelten koͤnnte. Der Him-
mel oͤffnet ſich, als das Barberiniſche Wappen ſich
naͤhert, und da zeigen ſich dieſe Meteore.

Man preiſet dieſen Plafond als eine der reichſtenOb weitlaͤuf-
tige Compo-
ſitionen der
Mahlerei zu-
traͤglich, und
angemeſſen
ſeyn moͤgen?

Compoſitionen, die jemals aus einem Pinſel gefloſ-
ſen ſind. Hat denn der Mahler, der ein Gemaͤhlde
mit vielen Figuren ausſtaffirt, einen wuͤrklichen An-
ſpruch auf unſere Dankbarkeit? Loben wir nicht die
Weisheit eines Kuͤnſtlers, der mit wenigen Figuren
den vollſtaͤndigen Ausdruck einer Handlung, ein leicht
zu uͤberſehendes Ganze liefert? Wird dasjenige,
was wir an einem andern Orte uͤber weitlaͤuftige
Werke in runder Bildhauerei feſtgeſetzt haben, wo
nicht ſeine voͤllige, doch eine verhaͤltnißmaͤßige An-

wendung
S 2
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[275/0289] Pallaſt Barberini. In der Mitte der Decke wird das Barberiniſche Wappen durch die Tugenden in Gegenwart der Vor- ſehung, der Zeit, der Parzen, und der Ewigkeit, die mit Sternen gekroͤnt iſt, in den Himmel gehoben. Zur Seite ſchleudert Minerva Donnerkeile auf die Titanen. Gegenuͤber ſtehen die Religion und der Glaube zwiſchen der Wolluſt und einem Silen. Weiterhin toͤdtet Hercules die Harpyen. In den Wolken ſchweben die Gerechtigkeit und der Ueberfluß, unten ſteht die Menſchenliebe. Dann bemerkt man wieder die Werkſtatt Vulkans, und außerdem den Frieden, welcher den Tempel des Krieges verſchlieſ- ſet; Mars liegt an Ketten; die Fama verkuͤndigt den Frieden. Alle dieſe verſchiedenen Vorſtellungen erſcheinen auf einer Flaͤche; an einander haͤngend, in einander greifend; ohne Zwiſchenraum, ohne irgend etwas, das fuͤr eine Abtheilung gelten koͤnnte. Der Him- mel oͤffnet ſich, als das Barberiniſche Wappen ſich naͤhert, und da zeigen ſich dieſe Meteore. Man preiſet dieſen Plafond als eine der reichſten Compoſitionen, die jemals aus einem Pinſel gefloſ- ſen ſind. Hat denn der Mahler, der ein Gemaͤhlde mit vielen Figuren ausſtaffirt, einen wuͤrklichen An- ſpruch auf unſere Dankbarkeit? Loben wir nicht die Weisheit eines Kuͤnſtlers, der mit wenigen Figuren den vollſtaͤndigen Ausdruck einer Handlung, ein leicht zu uͤberſehendes Ganze liefert? Wird dasjenige, was wir an einem andern Orte uͤber weitlaͤuftige Werke in runder Bildhauerei feſtgeſetzt haben, wo nicht ſeine voͤllige, doch eine verhaͤltnißmaͤßige An- wendung Ob weitlaͤuf- tige Compo- ſitionen der Mahlerei zu- traͤglich, und angemeſſen ſeyn moͤgen? S 2

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/289>, abgerufen am 25.11.2024.