Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Pallast Quirinale.
lerischen merkt man es an, daß er keine ganz sichere,
auf wahre Kenntniß des Wesens dieser dramatischen
Art von Mahlerei gebauete Begriffe hatte. Oft
vermißt man in seinen größeren Compositionen, Grux-
pirung, Helldunkles, Harmonie, kurz! die Theile
wodurch ein weitläuftiges Gemählde zu einem schö-
nen Ganzen wird.

In einzelnen Gestalten also hat Guido seine
Größe. Man findet in ihnen die schönste Natur
seiner Zeit in die Form der Antike gegossen. Die
Umrisse seiner Körper sind äußerst swelt, vorzüglich
mahlte er schöne Hände.

Die Gewänder dieses Meisters werden sehr ge-
schätzt. Er führte vielleicht zuerst die halbflachen
Falten ein, die man im Französischen plis formes
d'une maniere meplate
nennt. Wenn nämlich
ein Gewand über ein rundes Glied fällt, so pflegt es
nicht immer rund anzuliegen, sondern es bildet in
der Mitte eine halbrunde Fläche. Es nimmt durch
seine eigene Consistenz und durch das Gesetz der
Schwere noch eine andere Lage an, als diejenige die
Plis formes
d' une ma-
niere me-
plate.
ihr die Impression des Körpers giebt, an dem es
ruht. Es ist rund durch das Glied, an welches es
in der Mitte anstößt, und es wird aus einander ge-
zogen durch die Steifigkeit des Stoffs und durch den
Fall auf andere Glieder oder andere Falten des Ge-
wandes.

Diese Art die Falten zu schlagen, ist sehr vor-
theilhaft für die Beleuchtung, weil sie die hellen und
dunkeln Partien nicht zu sehr unterbricht, und mit
den eckigten oder auch ganz runden Falten angenehm

contra-

Pallaſt Quirinale.
leriſchen merkt man es an, daß er keine ganz ſichere,
auf wahre Kenntniß des Weſens dieſer dramatiſchen
Art von Mahlerei gebauete Begriffe hatte. Oft
vermißt man in ſeinen groͤßeren Compoſitionen, Grux-
pirung, Helldunkles, Harmonie, kurz! die Theile
wodurch ein weitlaͤuftiges Gemaͤhlde zu einem ſchoͤ-
nen Ganzen wird.

In einzelnen Geſtalten alſo hat Guido ſeine
Groͤße. Man findet in ihnen die ſchoͤnſte Natur
ſeiner Zeit in die Form der Antike gegoſſen. Die
Umriſſe ſeiner Koͤrper ſind aͤußerſt ſwelt, vorzuͤglich
mahlte er ſchoͤne Haͤnde.

Die Gewaͤnder dieſes Meiſters werden ſehr ge-
ſchaͤtzt. Er fuͤhrte vielleicht zuerſt die halbflachen
Falten ein, die man im Franzoͤſiſchen plis formés
d’une maniere méplate
nennt. Wenn naͤmlich
ein Gewand uͤber ein rundes Glied faͤllt, ſo pflegt es
nicht immer rund anzuliegen, ſondern es bildet in
der Mitte eine halbrunde Flaͤche. Es nimmt durch
ſeine eigene Conſiſtenz und durch das Geſetz der
Schwere noch eine andere Lage an, als diejenige die
Plis formés
d’ une ma-
niere mé-
plate.
ihr die Impreſſion des Koͤrpers giebt, an dem es
ruht. Es iſt rund durch das Glied, an welches es
in der Mitte anſtoͤßt, und es wird aus einander ge-
zogen durch die Steifigkeit des Stoffs und durch den
Fall auf andere Glieder oder andere Falten des Ge-
wandes.

Dieſe Art die Falten zu ſchlagen, iſt ſehr vor-
theilhaft fuͤr die Beleuchtung, weil ſie die hellen und
dunkeln Partien nicht zu ſehr unterbricht, und mit
den eckigten oder auch ganz runden Falten angenehm

contra-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0200" n="186"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Palla&#x017F;t Quirinale.</hi></fw><lb/>
leri&#x017F;chen merkt man es an, daß er keine ganz &#x017F;ichere,<lb/>
auf wahre Kenntniß des We&#x017F;ens die&#x017F;er dramati&#x017F;chen<lb/>
Art von Mahlerei gebauete Begriffe hatte. Oft<lb/>
vermißt man in &#x017F;einen gro&#x0364;ßeren Compo&#x017F;itionen, Grux-<lb/>
pirung, Helldunkles, Harmonie, kurz! die Theile<lb/>
wodurch ein weitla&#x0364;uftiges Gema&#x0364;hlde zu einem &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
nen Ganzen wird.</p><lb/>
        <p>In <hi rendition="#fr">einzelnen Ge&#x017F;talten</hi> al&#x017F;o hat Guido &#x017F;eine<lb/>
Gro&#x0364;ße. Man findet in ihnen die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Natur<lb/>
&#x017F;einer Zeit in die Form der Antike gego&#x017F;&#x017F;en. Die<lb/>
Umri&#x017F;&#x017F;e &#x017F;einer Ko&#x0364;rper &#x017F;ind a&#x0364;ußer&#x017F;t &#x017F;welt, vorzu&#x0364;glich<lb/>
mahlte er &#x017F;cho&#x0364;ne Ha&#x0364;nde.</p><lb/>
        <p>Die Gewa&#x0364;nder die&#x017F;es Mei&#x017F;ters werden &#x017F;ehr ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;tzt. Er fu&#x0364;hrte vielleicht zuer&#x017F;t die halbflachen<lb/>
Falten ein, die man im Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen <hi rendition="#aq">plis formés<lb/>
d&#x2019;une maniere méplate</hi> nennt. Wenn na&#x0364;mlich<lb/>
ein Gewand u&#x0364;ber ein rundes Glied fa&#x0364;llt, &#x017F;o pflegt es<lb/>
nicht immer rund anzuliegen, &#x017F;ondern es bildet in<lb/>
der Mitte eine halbrunde Fla&#x0364;che. Es nimmt durch<lb/>
&#x017F;eine eigene Con&#x017F;i&#x017F;tenz und durch das Ge&#x017F;etz der<lb/>
Schwere noch eine andere Lage an, als diejenige die<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Plis formés<lb/>
d&#x2019; une ma-<lb/>
niere mé-<lb/>
plate.</hi></note>ihr die Impre&#x017F;&#x017F;ion des Ko&#x0364;rpers giebt, an dem es<lb/>
ruht. Es i&#x017F;t rund durch das Glied, an welches es<lb/>
in der Mitte an&#x017F;to&#x0364;ßt, und es wird aus einander ge-<lb/>
zogen durch die Steifigkeit des Stoffs und durch den<lb/>
Fall auf andere Glieder oder andere Falten des Ge-<lb/>
wandes.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Art die Falten zu &#x017F;chlagen, i&#x017F;t &#x017F;ehr vor-<lb/>
theilhaft fu&#x0364;r die Beleuchtung, weil &#x017F;ie die hellen und<lb/>
dunkeln Partien nicht zu &#x017F;ehr unterbricht, und mit<lb/>
den eckigten oder auch ganz runden Falten angenehm<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">contra-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0200] Pallaſt Quirinale. leriſchen merkt man es an, daß er keine ganz ſichere, auf wahre Kenntniß des Weſens dieſer dramatiſchen Art von Mahlerei gebauete Begriffe hatte. Oft vermißt man in ſeinen groͤßeren Compoſitionen, Grux- pirung, Helldunkles, Harmonie, kurz! die Theile wodurch ein weitlaͤuftiges Gemaͤhlde zu einem ſchoͤ- nen Ganzen wird. In einzelnen Geſtalten alſo hat Guido ſeine Groͤße. Man findet in ihnen die ſchoͤnſte Natur ſeiner Zeit in die Form der Antike gegoſſen. Die Umriſſe ſeiner Koͤrper ſind aͤußerſt ſwelt, vorzuͤglich mahlte er ſchoͤne Haͤnde. Die Gewaͤnder dieſes Meiſters werden ſehr ge- ſchaͤtzt. Er fuͤhrte vielleicht zuerſt die halbflachen Falten ein, die man im Franzoͤſiſchen plis formés d’une maniere méplate nennt. Wenn naͤmlich ein Gewand uͤber ein rundes Glied faͤllt, ſo pflegt es nicht immer rund anzuliegen, ſondern es bildet in der Mitte eine halbrunde Flaͤche. Es nimmt durch ſeine eigene Conſiſtenz und durch das Geſetz der Schwere noch eine andere Lage an, als diejenige die ihr die Impreſſion des Koͤrpers giebt, an dem es ruht. Es iſt rund durch das Glied, an welches es in der Mitte anſtoͤßt, und es wird aus einander ge- zogen durch die Steifigkeit des Stoffs und durch den Fall auf andere Glieder oder andere Falten des Ge- wandes. Plis formés d’ une ma- niere mé- plate. Dieſe Art die Falten zu ſchlagen, iſt ſehr vor- theilhaft fuͤr die Beleuchtung, weil ſie die hellen und dunkeln Partien nicht zu ſehr unterbricht, und mit den eckigten oder auch ganz runden Falten angenehm contra-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/200
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/200>, abgerufen am 27.11.2024.