Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.Pallast Quirinale. alters, die Begriffe seiner Religion, der Ort andem er lebte standen ihm im Wege, die Idee eines thätig großen Geistes in seiner Seele zu zeugen. Die Köpfe der jugendlichen männlichen Figuren sind auf seinen Gemählden gemeiniglich unbedeutend, und die Stellungen theatralisch gezwungen. Hinge- gen ist ihm die duldende Stärke der Helden seiner Kirche auszudrücken viel besser geglückt: und wo zeigt sich diese mehr als in Kindern, Weibern, und Alten! Hier hat er Einfalt zur lieblichen Unschuld, unthätige Duldung zum edeln Vertrauen auf die Vorsicht zur Ergebung in den Willen des Himmels, und fröm- melnde Andächtelei, zur Inbrunst, ja! zur völli- gen Entkörperung, und Vereinigung mit der Gott- heit gehoben. Aber auf die Vorstellung dieser Charaktere, und leri- M 5
Pallaſt Quirinale. alters, die Begriffe ſeiner Religion, der Ort andem er lebte ſtanden ihm im Wege, die Idee eines thaͤtig großen Geiſtes in ſeiner Seele zu zeugen. Die Koͤpfe der jugendlichen maͤnnlichen Figuren ſind auf ſeinen Gemaͤhlden gemeiniglich unbedeutend, und die Stellungen theatraliſch gezwungen. Hinge- gen iſt ihm die duldende Staͤrke der Helden ſeiner Kirche auszudruͤcken viel beſſer gegluͤckt: und wo zeigt ſich dieſe mehr als in Kindern, Weibern, und Alten! Hier hat er Einfalt zur lieblichen Unſchuld, unthaͤtige Duldung zum edeln Vertrauen auf die Vorſicht zur Ergebung in den Willen des Himmels, und froͤm- melnde Andaͤchtelei, zur Inbrunſt, ja! zur voͤlli- gen Entkoͤrperung, und Vereinigung mit der Gott- heit gehoben. Aber auf die Vorſtellung dieſer Charaktere, und leri- M 5
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Pallaſt Quirinale.
alters, die Begriffe ſeiner Religion, der Ort an
dem er lebte ſtanden ihm im Wege, die Idee eines
thaͤtig großen Geiſtes in ſeiner Seele zu zeugen. Die
Koͤpfe der jugendlichen maͤnnlichen Figuren ſind
auf ſeinen Gemaͤhlden gemeiniglich unbedeutend,
und die Stellungen theatraliſch gezwungen. Hinge-
gen iſt ihm die duldende Staͤrke der Helden ſeiner
Kirche auszudruͤcken viel beſſer gegluͤckt: und wo zeigt
ſich dieſe mehr als in Kindern, Weibern, und Alten!
Hier hat er Einfalt zur lieblichen Unſchuld, unthaͤtige
Duldung zum edeln Vertrauen auf die Vorſicht zur
Ergebung in den Willen des Himmels, und froͤm-
melnde Andaͤchtelei, zur Inbrunſt, ja! zur voͤlli-
gen Entkoͤrperung, und Vereinigung mit der Gott-
heit gehoben.
Aber auf die Vorſtellung dieſer Charaktere, und
dieſer Affekten war das Talent des Guido auch bei-
nahe ganz eingeſchraͤnkt. Darf ich vergleichen? Nicht
ſowohl der kuͤhne Odendichter war er, der in ſeiner
Begeiſterung Gottheiten vom Himmel herabzieht;
vielmehr der Elegiſche der in feierlicher Stimmung
den Menſchen uͤber das Irrdiſche weghebt. Kann
der dreiſte aber paſſende Ausdruck verziehen werden?
Guido war auch kein dramatiſcher Mahler. In groͤſ-
ſeren hiſtoriſchen Compoſitionen iſt er ſelten gluͤcklich
geweſen. Er hat ſie geliefert, weil der Geſchmack
ſeines Zeitalters es mit ſich brachte. Aber ſelten haͤn-
gen die Perſonen durch einen gemeinſchaftlichen Antheil
an der Haupthandlung zuſammen, und machen ſie
pantomimiſch deutlich. Es iſt immer die einzelne
Figur, neben der einzelnen Figur zu ihrer Seite in
Ruͤckſicht auf poetiſche Erfindung. Selbſt der mah-
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