Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.Villa Aldovrandini. eine Zierlichkeit der Stellungen, eine Richtigkeit derVerhältnisse, eine Weisheit in dem Wurfe der Ge- wänder und dem Schlage der Falten, eine Dreistig- keit und Fertigkeit der Hand, dergleichen in unsern neueren Zeiten kaum ein Raphael sich würde rühmen können. Kurz! alle die Vorzüge, die uns die besten Basreliefs der Alten so werth machen, finden sich auf einigen ihrer Gemählde wieder: Auf Gemähl- den, die wahrscheinlich nur ein schwacher Abschatten von ihren verlohren gegangenen Meisterstücken sind. Was folgt aus alle diesem? Die Vorzüge der Den Verstand zu unterhalten, das Herz zu rüh- Sie mahlten auch dann, wann sie mehrere Fi- So vermuthe ich: wenn ich vermuthen soll. ich
Villa Aldovrandini. eine Zierlichkeit der Stellungen, eine Richtigkeit derVerhaͤltniſſe, eine Weisheit in dem Wurfe der Ge- waͤnder und dem Schlage der Falten, eine Dreiſtig- keit und Fertigkeit der Hand, dergleichen in unſern neueren Zeiten kaum ein Raphael ſich wuͤrde ruͤhmen koͤnnen. Kurz! alle die Vorzuͤge, die uns die beſten Basreliefs der Alten ſo werth machen, finden ſich auf einigen ihrer Gemaͤhlde wieder: Auf Gemaͤhl- den, die wahrſcheinlich nur ein ſchwacher Abſchatten von ihren verlohren gegangenen Meiſterſtuͤcken ſind. Was folgt aus alle dieſem? Die Vorzuͤge der Den Verſtand zu unterhalten, das Herz zu ruͤh- Sie mahlten auch dann, wann ſie mehrere Fi- So vermuthe ich: wenn ich vermuthen ſoll. ich
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Villa Aldovrandini.
eine Zierlichkeit der Stellungen, eine Richtigkeit der
Verhaͤltniſſe, eine Weisheit in dem Wurfe der Ge-
waͤnder und dem Schlage der Falten, eine Dreiſtig-
keit und Fertigkeit der Hand, dergleichen in unſern
neueren Zeiten kaum ein Raphael ſich wuͤrde ruͤhmen
koͤnnen. Kurz! alle die Vorzuͤge, die uns die beſten
Basreliefs der Alten ſo werth machen, finden ſich
auf einigen ihrer Gemaͤhlde wieder: Auf Gemaͤhl-
den, die wahrſcheinlich nur ein ſchwacher Abſchatten
von ihren verlohren gegangenen Meiſterſtuͤcken ſind.
Was folgt aus alle dieſem? Die Vorzuͤge der
Alten waren vermuthlich verſchieden von den Vor-
zuͤgen der Neueren, nach der Verſchiedenheit der
Wuͤrkung die ſie intendirten. Sie wollten dem
Auge gefallen: darum zeichneten ſie ſo ſchoͤne For-
men, darum koͤnnen ſie ſo ſchoͤn colorirt haben, wel-
ches wir aber nicht wiſſen.
Den Verſtand zu unterhalten, das Herz zu ruͤh-
ren, die Einbildungskraft zu beſchaͤfftigen, war ih-
nen geringere Sorge: darum wandten ſie auch weni-
ger auf die poetiſche und mahleriſche Anordnung.
Sie mahlten auch dann, wann ſie mehrere Fi-
guren vereinigten, immer die einzelne menſchliche
Form neben der einzelnen menſchlichen Form, darum
iſt es glaublich, daß ſie das Helldunkle vernachlaͤßigt
haben, und gewiß, daß ſie in der Luft- und Linien-
perſpektiv bis zu keinen ſicheren Regeln fortgeſchrit-
ten ſind.
So vermuthe ich: wenn ich vermuthen ſoll.
Mein groͤßter Ruhm iſt ſonſt hier mit einigen alten
Philoſophen zu ſagen: das was ich weiß, iſt, daß
ich
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