Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.Der Vaticanische Pallast. Vielleicht müßte ich hier stehen bleiben; und wer Marmor ist ein harter, schwerfälliger, unbeweg-Die Bewe- Die Kunst, die sich mit diesem Marmor beschäff- Um 10) Unter andern Hemsterhuis lettre sur la Sculptu- re. Edit. d' Amst. 1769. p. 24. 11) S. hierüber Hemsterhuis am angez. Orte p. 10. la magie de l' expression ne sauroit atteindre a une grande distance. An einer andern Stelle sagt er: p. 9. Je veux bien croire que toute passion exprimee dans une figure quelconque doit di- minuer un peu de cette qualite deliee du con- tour, Erster Theil. E
Der Vaticaniſche Pallaſt. Vielleicht muͤßte ich hier ſtehen bleiben; und wer Marmor iſt ein harter, ſchwerfaͤlliger, unbeweg-Die Bewe- Die Kunſt, die ſich mit dieſem Marmor beſchaͤff- Um 10) Unter andern Hemſterhuis lettre ſur la Sculptu- re. Edit. d’ Amſt. 1769. p. 24. 11) S. hieruͤber Hemſterhuis am angez. Orte p. 10. la magie de l’ expreſſion ne ſauroit atteindre à une grande diſtance. An einer andern Stelle ſagt er: p. 9. Je veux bien croire que toute paſſion exprimée dans une figure quelconque doit di- minuer un peu de cette qualité deliée du con- tour, Erſter Theil. E
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Der Vaticaniſche Pallaſt.
Vielleicht muͤßte ich hier ſtehen bleiben; und wer
wuͤrde mich ſo dann tadeln, ein Gefuͤhl zu aͤußern,
das ohnehin mehrere mit mir getheilt haben? 10) Al-
lein ich kann es nicht uͤber mich gewinnen, eine Ver-
muthung uͤber die Gruͤnde dieſer Empfindung zuruͤck-
zuhalten, von der ich glaube, daß ſie andere zu einer
Berichtigung auffordern wird.
Marmor iſt ein harter, ſchwerfaͤlliger, unbeweg-
licher Stoff. Ich werde dies nie ganz vergeſſen, die
Behandlung mag ihm noch ſo viel Leben geben; ja!
es ſcheint, ich wuͤrde um ſo leichter daran erinnert, je
gewaltſamer die Bewegung iſt, zu deren Darſtellung
ihn der Kuͤnſtler anwendet.
Die Bewe-
gung des
Koͤrpers
ſcheint fuͤr
den Marmor
zu heftig.
Der ſchwer-
faͤllige Stoff
macht ſie un-
wahrſchein-
lich; und die
Anſtrengung
der Muſkeln
ſchadet der
Harmonie
der ſchoͤnen
Formen:
Hauptvor-
zug der
Bildhauer-
kunſt!
Die Kunſt, die ſich mit dieſem Marmor beſchaͤff-
tigt, entzieht mir ganz denjenigen Theil der menſchli-
chen Geſtalt, in dem der Ausdruck des Affekts haupt-
ſaͤchlich liegt, das Auge: ſie entzieht mir auch eine
Eigenſchaft, die ihn ſehr verſtaͤrkt, die Farbe. Ja!
das feinere Muſkelnſpiel, jene beinahe unmerklichen
Erhoͤhungen und Vertiefungen der Haut gehen fuͤr den
Meißel, der den Standort des Zuſchauers immer et-
was entfernter annehmen muß als der Pinſel, beinahe
ganz verlohren. 11)
Um
10) Unter andern Hemſterhuis lettre ſur la Sculptu-
re. Edit. d’ Amſt. 1769. p. 24.
11) S. hieruͤber Hemſterhuis am angez. Orte p. 10.
la magie de l’ expreſſion ne ſauroit atteindre à
une grande diſtance. An einer andern Stelle ſagt
er: p. 9. Je veux bien croire que toute paſſion
exprimée dans une figure quelconque doit di-
minuer un peu de cette qualité deliée du con-
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Zitationshilfe: | Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/87>, abgerufen am 03.07.2024. |