Apfel zu verdanken haben, den ihnen der neuere Künst-die man der Venus bei- legt, und über die Ab- weichungen in der Art sie vorzustellen. ler in die Hand gab.
Die Benennung einer siegenden Venus, sagt eben dieser Kunstrichter an einem andern Orte, 5) gibt man mehr als einer Art der Vorstellung. Einmahl benennt man so die Venus, die den goldenen Apfel durch den Ausspruch des Paris erhalten hat: Zwei- tens ist es die Venus mit Helm und Spieß, und hier wird es wahrscheinlich, daß der Künstler auf den ent- waffneten Mars gedacht hat:
Drittens: hat man die Vorstellung einer siegen- den Venus in Beziehung und Rücksicht auf gewisse Zeitumstände gebraucht: vorzüglich auf Münzen, um die Siege der Cäsaren zu bezeichnen, da alsdann auch andere Attribute hinzu kommen: Endlich belegt man in Rom, wie ich schon oben bei dem Pallast des Vaticans bemerkt habe, die Statuen der Venus, die ihr Gewand fallen zu lassen scheinen, mit dem Nah- men einer Venus Victrix.
Wahrscheinlich sind die Beinahmen einer Venus Victrix, Felix, Genitrix, oft verwechselt worden. Venus ward für die Stammmutter des Geschlechts des Julius Cäsar gehalten, und seine Nachfolger machten auf eben diese Ehre Anspruch. Sie hat die- ser Eigenschaft ungeachtet doch bewaffnet vorgestellet seyn können. Sie war es, die ihren Abkömmlingen Sieg über ihre Feinde gab, und so ward sie auch Ge- berin des Glücks, die man oft mit der Siegesgöttin auf der Hand, oft mit dem Apfel, vermittelst einer allegorischen Uebertragung ihres eigenen davon getra-
genen
5) Ebendaselbst. S. 129 u. folg.
Villa Borgheſe.
Apfel zu verdanken haben, den ihnen der neuere Kuͤnſt-die man der Venus bei- legt, und uͤber die Ab- weichungen in der Art ſie vorzuſtellen. ler in die Hand gab.
Die Benennung einer ſiegenden Venus, ſagt eben dieſer Kunſtrichter an einem andern Orte, 5) gibt man mehr als einer Art der Vorſtellung. Einmahl benennt man ſo die Venus, die den goldenen Apfel durch den Ausſpruch des Paris erhalten hat: Zwei- tens iſt es die Venus mit Helm und Spieß, und hier wird es wahrſcheinlich, daß der Kuͤnſtler auf den ent- waffneten Mars gedacht hat:
Drittens: hat man die Vorſtellung einer ſiegen- den Venus in Beziehung und Ruͤckſicht auf gewiſſe Zeitumſtaͤnde gebraucht: vorzuͤglich auf Muͤnzen, um die Siege der Caͤſaren zu bezeichnen, da alsdann auch andere Attribute hinzu kommen: Endlich belegt man in Rom, wie ich ſchon oben bei dem Pallaſt des Vaticans bemerkt habe, die Statuen der Venus, die ihr Gewand fallen zu laſſen ſcheinen, mit dem Nah- men einer Venus Victrix.
Wahrſcheinlich ſind die Beinahmen einer Venus Victrix, Felix, Genitrix, oft verwechſelt worden. Venus ward fuͤr die Stammmutter des Geſchlechts des Julius Caͤſar gehalten, und ſeine Nachfolger machten auf eben dieſe Ehre Anſpruch. Sie hat die- ſer Eigenſchaft ungeachtet doch bewaffnet vorgeſtellet ſeyn koͤnnen. Sie war es, die ihren Abkoͤmmlingen Sieg uͤber ihre Feinde gab, und ſo ward ſie auch Ge- berin des Gluͤcks, die man oft mit der Siegesgoͤttin auf der Hand, oft mit dem Apfel, vermittelſt einer allegoriſchen Uebertragung ihres eigenen davon getra-
genen
5) Ebendaſelbſt. S. 129 u. folg.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0337"n="315"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Villa Borgheſe.</hi></fw><lb/>
Apfel zu verdanken haben, den ihnen der neuere Kuͤnſt-<noteplace="right">die man der<lb/>
Venus bei-<lb/>
legt, und<lb/>
uͤber die Ab-<lb/>
weichungen<lb/>
in der Art ſie<lb/>
vorzuſtellen.</note><lb/>
ler in die Hand gab.</p><lb/><p>Die Benennung einer ſiegenden Venus, ſagt<lb/>
eben dieſer Kunſtrichter an einem andern Orte, <noteplace="foot"n="5)">Ebendaſelbſt. S. 129 u. folg.</note> gibt<lb/>
man mehr als einer Art der Vorſtellung. Einmahl<lb/>
benennt man ſo die Venus, die den goldenen Apfel<lb/>
durch den Ausſpruch des Paris erhalten hat: Zwei-<lb/>
tens iſt es die Venus mit Helm und Spieß, und hier<lb/>
wird es wahrſcheinlich, daß der Kuͤnſtler auf den ent-<lb/>
waffneten Mars gedacht hat:</p><lb/><p>Drittens: hat man die Vorſtellung einer ſiegen-<lb/>
den Venus in Beziehung und Ruͤckſicht auf gewiſſe<lb/>
Zeitumſtaͤnde gebraucht: vorzuͤglich auf Muͤnzen, um<lb/>
die Siege der Caͤſaren zu bezeichnen, da alsdann<lb/>
auch andere Attribute hinzu kommen: Endlich belegt<lb/>
man in Rom, wie ich ſchon oben bei dem Pallaſt<lb/>
des Vaticans bemerkt habe, die Statuen der Venus,<lb/>
die ihr Gewand fallen zu laſſen ſcheinen, mit dem Nah-<lb/>
men einer Venus Victrix.</p><lb/><p>Wahrſcheinlich ſind die Beinahmen einer Venus<lb/>
Victrix, Felix, Genitrix, oft verwechſelt worden.<lb/>
Venus ward fuͤr die Stammmutter des Geſchlechts<lb/>
des Julius Caͤſar gehalten, und ſeine Nachfolger<lb/>
machten auf eben dieſe Ehre Anſpruch. Sie hat die-<lb/>ſer Eigenſchaft ungeachtet doch bewaffnet vorgeſtellet<lb/>ſeyn koͤnnen. Sie war es, die ihren Abkoͤmmlingen<lb/>
Sieg uͤber ihre Feinde gab, und ſo ward ſie auch Ge-<lb/>
berin des Gluͤcks, die man oft mit der Siegesgoͤttin<lb/>
auf der Hand, oft mit dem Apfel, vermittelſt einer<lb/>
allegoriſchen Uebertragung ihres eigenen davon getra-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">genen</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[315/0337]
Villa Borgheſe.
Apfel zu verdanken haben, den ihnen der neuere Kuͤnſt-
ler in die Hand gab.
die man der
Venus bei-
legt, und
uͤber die Ab-
weichungen
in der Art ſie
vorzuſtellen.
Die Benennung einer ſiegenden Venus, ſagt
eben dieſer Kunſtrichter an einem andern Orte, 5) gibt
man mehr als einer Art der Vorſtellung. Einmahl
benennt man ſo die Venus, die den goldenen Apfel
durch den Ausſpruch des Paris erhalten hat: Zwei-
tens iſt es die Venus mit Helm und Spieß, und hier
wird es wahrſcheinlich, daß der Kuͤnſtler auf den ent-
waffneten Mars gedacht hat:
Drittens: hat man die Vorſtellung einer ſiegen-
den Venus in Beziehung und Ruͤckſicht auf gewiſſe
Zeitumſtaͤnde gebraucht: vorzuͤglich auf Muͤnzen, um
die Siege der Caͤſaren zu bezeichnen, da alsdann
auch andere Attribute hinzu kommen: Endlich belegt
man in Rom, wie ich ſchon oben bei dem Pallaſt
des Vaticans bemerkt habe, die Statuen der Venus,
die ihr Gewand fallen zu laſſen ſcheinen, mit dem Nah-
men einer Venus Victrix.
Wahrſcheinlich ſind die Beinahmen einer Venus
Victrix, Felix, Genitrix, oft verwechſelt worden.
Venus ward fuͤr die Stammmutter des Geſchlechts
des Julius Caͤſar gehalten, und ſeine Nachfolger
machten auf eben dieſe Ehre Anſpruch. Sie hat die-
ſer Eigenſchaft ungeachtet doch bewaffnet vorgeſtellet
ſeyn koͤnnen. Sie war es, die ihren Abkoͤmmlingen
Sieg uͤber ihre Feinde gab, und ſo ward ſie auch Ge-
berin des Gluͤcks, die man oft mit der Siegesgoͤttin
auf der Hand, oft mit dem Apfel, vermittelſt einer
allegoriſchen Uebertragung ihres eigenen davon getra-
genen
5) Ebendaſelbſt. S. 129 u. folg.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/337>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.