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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Pallast Borghese.
Eine dritte, die mit ihr geschossen hat, scheint ihr das
Verdienst des Treffens abzustreiten. Eine vierte zieht
einen Pfeil aus dem Köcher, und eine fünfte betrach-
tet mit besorglichem Interesse den Flug des Pfeils.
Vielleicht rückte der Mahler bei der Darstellung dieser
letzten Figur die Handlung um einige Augenblicke zu-
rück, und vergaß, daß die Mahlerei sich mit Darstel-
lung einer sichtbar stehenden Handlung begnügen muß.
Die Nymphe sieht, daß der Vogel getroffen ist, wie
kann sie noch besorgen, daß er nicht getroffen werden
möge? Hinter dieser Gruppe zwei Figuren, die beifäl-
lig zusehen.

Auf dem Vorgrunde eine dritte Gruppe. Von
zwei Nymphen, die sich baden, sucht die eine die an-
dere auf den glücklichen Schuß aufmerksam zu machen.
Diese beiden Figuren scheinen mir vorzüglich schön.
Der Schlagschatten, der von den Bäumen auf sie
fällt, thut eine sehr gute Würkung. Vielleicht aber
sind die Köpfe zu groß. Eine dritte Nymphe, die
den Schuh anlegt, und die man von hinten zu sieht,
ist im Halbschatten gehalten, und zeigt bei den reitzend-
sten Formen eine Menge der zartesten Tinten. Zwei
Schäfer, die im Buschwerk versteckt sind, belauschen
die Badenden, und die Färbung ihrer Köpfe ist äus-
serst kräftig. Ein Hund, der auf sie zuspringen will,
wird mit aller Stärke von einer Nymphe aufgehalten.
Form und Ausdruck dieser Figur sind vortrefflich.

So viel von der poetischen Erfindung dieses Bil-
des, wobei ich beiläufig schon einige Fehler gegen an-
dere Theile der Kunst gerügt, und einige Vorzüge in
Ansehung eben dieser Theile herausgehoben habe.

Die

Pallaſt Borgheſe.
Eine dritte, die mit ihr geſchoſſen hat, ſcheint ihr das
Verdienſt des Treffens abzuſtreiten. Eine vierte zieht
einen Pfeil aus dem Koͤcher, und eine fuͤnfte betrach-
tet mit beſorglichem Intereſſe den Flug des Pfeils.
Vielleicht ruͤckte der Mahler bei der Darſtellung dieſer
letzten Figur die Handlung um einige Augenblicke zu-
ruͤck, und vergaß, daß die Mahlerei ſich mit Darſtel-
lung einer ſichtbar ſtehenden Handlung begnuͤgen muß.
Die Nymphe ſieht, daß der Vogel getroffen iſt, wie
kann ſie noch beſorgen, daß er nicht getroffen werden
moͤge? Hinter dieſer Gruppe zwei Figuren, die beifaͤl-
lig zuſehen.

Auf dem Vorgrunde eine dritte Gruppe. Von
zwei Nymphen, die ſich baden, ſucht die eine die an-
dere auf den gluͤcklichen Schuß aufmerkſam zu machen.
Dieſe beiden Figuren ſcheinen mir vorzuͤglich ſchoͤn.
Der Schlagſchatten, der von den Baͤumen auf ſie
faͤllt, thut eine ſehr gute Wuͤrkung. Vielleicht aber
ſind die Koͤpfe zu groß. Eine dritte Nymphe, die
den Schuh anlegt, und die man von hinten zu ſieht,
iſt im Halbſchatten gehalten, und zeigt bei den reitzend-
ſten Formen eine Menge der zarteſten Tinten. Zwei
Schaͤfer, die im Buſchwerk verſteckt ſind, belauſchen
die Badenden, und die Faͤrbung ihrer Koͤpfe iſt aͤuſ-
ſerſt kraͤftig. Ein Hund, der auf ſie zuſpringen will,
wird mit aller Staͤrke von einer Nymphe aufgehalten.
Form und Ausdruck dieſer Figur ſind vortrefflich.

So viel von der poetiſchen Erfindung dieſes Bil-
des, wobei ich beilaͤufig ſchon einige Fehler gegen an-
dere Theile der Kunſt geruͤgt, und einige Vorzuͤge in
Anſehung eben dieſer Theile herausgehoben habe.

Die
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[288/0310] Pallaſt Borgheſe. Eine dritte, die mit ihr geſchoſſen hat, ſcheint ihr das Verdienſt des Treffens abzuſtreiten. Eine vierte zieht einen Pfeil aus dem Koͤcher, und eine fuͤnfte betrach- tet mit beſorglichem Intereſſe den Flug des Pfeils. Vielleicht ruͤckte der Mahler bei der Darſtellung dieſer letzten Figur die Handlung um einige Augenblicke zu- ruͤck, und vergaß, daß die Mahlerei ſich mit Darſtel- lung einer ſichtbar ſtehenden Handlung begnuͤgen muß. Die Nymphe ſieht, daß der Vogel getroffen iſt, wie kann ſie noch beſorgen, daß er nicht getroffen werden moͤge? Hinter dieſer Gruppe zwei Figuren, die beifaͤl- lig zuſehen. Auf dem Vorgrunde eine dritte Gruppe. Von zwei Nymphen, die ſich baden, ſucht die eine die an- dere auf den gluͤcklichen Schuß aufmerkſam zu machen. Dieſe beiden Figuren ſcheinen mir vorzuͤglich ſchoͤn. Der Schlagſchatten, der von den Baͤumen auf ſie faͤllt, thut eine ſehr gute Wuͤrkung. Vielleicht aber ſind die Koͤpfe zu groß. Eine dritte Nymphe, die den Schuh anlegt, und die man von hinten zu ſieht, iſt im Halbſchatten gehalten, und zeigt bei den reitzend- ſten Formen eine Menge der zarteſten Tinten. Zwei Schaͤfer, die im Buſchwerk verſteckt ſind, belauſchen die Badenden, und die Faͤrbung ihrer Koͤpfe iſt aͤuſ- ſerſt kraͤftig. Ein Hund, der auf ſie zuſpringen will, wird mit aller Staͤrke von einer Nymphe aufgehalten. Form und Ausdruck dieſer Figur ſind vortrefflich. So viel von der poetiſchen Erfindung dieſes Bil- des, wobei ich beilaͤufig ſchon einige Fehler gegen an- dere Theile der Kunſt geruͤgt, und einige Vorzuͤge in Anſehung eben dieſer Theile herausgehoben habe. Die

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/310>, abgerufen am 22.11.2024.