gung, das Anheften der Zeit durch die Stellung eines rüstigen Alten sinnlich zu machen, den ein Foliant zu Boden drückt. Diese Last steht in keinem Verhält- nisse mit der Schnellkraft seines Rückens.
Nun aber denke man vollends nicht an die Alle- gorie. Wie kommen die Figuren zusammen, an welcher sichtbar gemeinschaftlichen Handlung nehmen sie Theil? Die Renommee, die auf das Museum Clementinum zeigt, kann, dem Verständnisse des Ganzen unbeschadet, ganz aus dem Gemählde weg- genommen werden: So der Genius, der die Urkun- den herzuträgt etc.
Weiter! Zu welchem interessanten Ausdrucke ge- ben die Beschäfftigungen des Schreibens, des Dic- tirens, des Zusammentragens, ja! selbst des kalten Forschens Veranlassung? Ich glaube, zu einem sehr geringen; und was das schlimmste ist, auch die- ser ist verfehlt.
Die Geschichte zeigt in Minen und Stellung eine Begeisterung, die nicht der kalten Forscherin, viel- mehr der Odendichtkunst zukommen würde. Der Genius, der die Urkunden herzuträgt, sieht die Zu- schauer an, nicht auf den Ort, auf den er zugeht. Janus, der mit der Geschichte redet, wendet beide Köpfe ab, und dreht ihr das Ohr zu, so, daß wenn man seiner Handlung Wahrheit beilegen wollte, man durchaus annehmen müßte: er besitze die seltene Kunst, durch den Bauch zu reden.
So viel über die Erfindung.
Auch die Anordnung ist nicht zu loben. Die Fi- guren stehen zu isolirt, sie gruppiren nicht zusammen.
So-
N 3
Der Vaticaniſche Pallaſt.
gung, das Anheften der Zeit durch die Stellung eines ruͤſtigen Alten ſinnlich zu machen, den ein Foliant zu Boden druͤckt. Dieſe Laſt ſteht in keinem Verhaͤlt- niſſe mit der Schnellkraft ſeines Ruͤckens.
Nun aber denke man vollends nicht an die Alle- gorie. Wie kommen die Figuren zuſammen, an welcher ſichtbar gemeinſchaftlichen Handlung nehmen ſie Theil? Die Renommee, die auf das Muſeum Clementinum zeigt, kann, dem Verſtaͤndniſſe des Ganzen unbeſchadet, ganz aus dem Gemaͤhlde weg- genommen werden: So der Genius, der die Urkun- den herzutraͤgt ꝛc.
Weiter! Zu welchem intereſſanten Ausdrucke ge- ben die Beſchaͤfftigungen des Schreibens, des Dic- tirens, des Zuſammentragens, ja! ſelbſt des kalten Forſchens Veranlaſſung? Ich glaube, zu einem ſehr geringen; und was das ſchlimmſte iſt, auch die- ſer iſt verfehlt.
Die Geſchichte zeigt in Minen und Stellung eine Begeiſterung, die nicht der kalten Forſcherin, viel- mehr der Odendichtkunſt zukommen wuͤrde. Der Genius, der die Urkunden herzutraͤgt, ſieht die Zu- ſchauer an, nicht auf den Ort, auf den er zugeht. Janus, der mit der Geſchichte redet, wendet beide Koͤpfe ab, und dreht ihr das Ohr zu, ſo, daß wenn man ſeiner Handlung Wahrheit beilegen wollte, man durchaus annehmen muͤßte: er beſitze die ſeltene Kunſt, durch den Bauch zu reden.
So viel uͤber die Erfindung.
Auch die Anordnung iſt nicht zu loben. Die Fi- guren ſtehen zu iſolirt, ſie gruppiren nicht zuſammen.
So-
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Der Vaticaniſche Pallaſt.
gung, das Anheften der Zeit durch die Stellung eines
ruͤſtigen Alten ſinnlich zu machen, den ein Foliant zu
Boden druͤckt. Dieſe Laſt ſteht in keinem Verhaͤlt-
niſſe mit der Schnellkraft ſeines Ruͤckens.
Nun aber denke man vollends nicht an die Alle-
gorie. Wie kommen die Figuren zuſammen, an
welcher ſichtbar gemeinſchaftlichen Handlung nehmen
ſie Theil? Die Renommee, die auf das Muſeum
Clementinum zeigt, kann, dem Verſtaͤndniſſe des
Ganzen unbeſchadet, ganz aus dem Gemaͤhlde weg-
genommen werden: So der Genius, der die Urkun-
den herzutraͤgt ꝛc.
Weiter! Zu welchem intereſſanten Ausdrucke ge-
ben die Beſchaͤfftigungen des Schreibens, des Dic-
tirens, des Zuſammentragens, ja! ſelbſt des kalten
Forſchens Veranlaſſung? Ich glaube, zu einem
ſehr geringen; und was das ſchlimmſte iſt, auch die-
ſer iſt verfehlt.
Die Geſchichte zeigt in Minen und Stellung eine
Begeiſterung, die nicht der kalten Forſcherin, viel-
mehr der Odendichtkunſt zukommen wuͤrde. Der
Genius, der die Urkunden herzutraͤgt, ſieht die Zu-
ſchauer an, nicht auf den Ort, auf den er zugeht.
Janus, der mit der Geſchichte redet, wendet beide
Koͤpfe ab, und dreht ihr das Ohr zu, ſo, daß wenn
man ſeiner Handlung Wahrheit beilegen wollte, man
durchaus annehmen muͤßte: er beſitze die ſeltene
Kunſt, durch den Bauch zu reden.
So viel uͤber die Erfindung.
Auch die Anordnung iſt nicht zu loben. Die Fi-
guren ſtehen zu iſolirt, ſie gruppiren nicht zuſammen.
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/219>, abgerufen am 16.07.2024.
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