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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Der Vaticanische Pallast.
und peinigenden Sorgen erfordern. Eine selige
Stille, eine Genügsamkeit, wie sie das Anschauen
himmlischer Vollkommenheit, und Füllung der Ein-
bildungskraft allein zu gewähren im Stande sind,
und eine gutherzige Heiterkeit äußern sich in der süßen
Entzückung seines Blicks, und in der ruhigen Lage
seiner Gesichtszüge. Aber eine gewisse Weichlichkeit,
wie sie dem Geschlechte eigen gehört, das vorzüglich
vor dem unsrigen auf die Ausbildung angenehmer Ta-
lente berechtiget scheint, oder wie wir sie uns an den
Bewohnern der Länder unter heißeren Himmelsstrichen
denken, zeigt sich zu gleicher Zeit in Formen und
Kleidung.

Sein langer Rock wird mit einem Gürtel gerade
unter der Brust zusammengefaßt. Ein langer
Mantel auf den Schultern befestigt, flattert weit
umher, und sein aufgebundenes Haar ist mit einer
Lorbeerkrone umgeben. Er schreitet fort, und diese
Stellung hat einen eben so natürlichen als edeln Aus-
druck. Das Gewand ist gut gedacht, aber nicht
eben so gut ausgeführt.

Wenn mich meine Vermuthung nicht trügt, so
ist dies Werk die Copie nach einem viel schönern, das
verlohren gegangen ist, aber schon die Seltenheit der
Vorstellungsart macht es unserer ganzen Aufmerk-
samkeit werth. 23)

Die Arme sind bis auf die Hälfte neu. Aber
die Leier wird durch das Band gerechtfertigt, mit
dem sie um seine Schultern hängt.

+ Zu
23) Eine ähnliche Statue ist mit den neun Musen nach
Stockholm gegangen, die Volpato zu meiner Zeit
an den König von Schweden verkaufte.
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Der Vaticaniſche Pallaſt.
und peinigenden Sorgen erfordern. Eine ſelige
Stille, eine Genuͤgſamkeit, wie ſie das Anſchauen
himmliſcher Vollkommenheit, und Fuͤllung der Ein-
bildungskraft allein zu gewaͤhren im Stande ſind,
und eine gutherzige Heiterkeit aͤußern ſich in der ſuͤßen
Entzuͤckung ſeines Blicks, und in der ruhigen Lage
ſeiner Geſichtszuͤge. Aber eine gewiſſe Weichlichkeit,
wie ſie dem Geſchlechte eigen gehoͤrt, das vorzuͤglich
vor dem unſrigen auf die Ausbildung angenehmer Ta-
lente berechtiget ſcheint, oder wie wir ſie uns an den
Bewohnern der Laͤnder unter heißeren Himmelsſtrichen
denken, zeigt ſich zu gleicher Zeit in Formen und
Kleidung.

Sein langer Rock wird mit einem Guͤrtel gerade
unter der Bruſt zuſammengefaßt. Ein langer
Mantel auf den Schultern befeſtigt, flattert weit
umher, und ſein aufgebundenes Haar iſt mit einer
Lorbeerkrone umgeben. Er ſchreitet fort, und dieſe
Stellung hat einen eben ſo natuͤrlichen als edeln Aus-
druck. Das Gewand iſt gut gedacht, aber nicht
eben ſo gut ausgefuͤhrt.

Wenn mich meine Vermuthung nicht truͤgt, ſo
iſt dies Werk die Copie nach einem viel ſchoͤnern, das
verlohren gegangen iſt, aber ſchon die Seltenheit der
Vorſtellungsart macht es unſerer ganzen Aufmerk-
ſamkeit werth. 23)

Die Arme ſind bis auf die Haͤlfte neu. Aber
die Leier wird durch das Band gerechtfertigt, mit
dem ſie um ſeine Schultern haͤngt.

Zu
23) Eine aͤhnliche Statue iſt mit den neun Muſen nach
Stockholm gegangen, die Volpato zu meiner Zeit
an den Koͤnig von Schweden verkaufte.
F 4
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[87/0109] Der Vaticaniſche Pallaſt. und peinigenden Sorgen erfordern. Eine ſelige Stille, eine Genuͤgſamkeit, wie ſie das Anſchauen himmliſcher Vollkommenheit, und Fuͤllung der Ein- bildungskraft allein zu gewaͤhren im Stande ſind, und eine gutherzige Heiterkeit aͤußern ſich in der ſuͤßen Entzuͤckung ſeines Blicks, und in der ruhigen Lage ſeiner Geſichtszuͤge. Aber eine gewiſſe Weichlichkeit, wie ſie dem Geſchlechte eigen gehoͤrt, das vorzuͤglich vor dem unſrigen auf die Ausbildung angenehmer Ta- lente berechtiget ſcheint, oder wie wir ſie uns an den Bewohnern der Laͤnder unter heißeren Himmelsſtrichen denken, zeigt ſich zu gleicher Zeit in Formen und Kleidung. Sein langer Rock wird mit einem Guͤrtel gerade unter der Bruſt zuſammengefaßt. Ein langer Mantel auf den Schultern befeſtigt, flattert weit umher, und ſein aufgebundenes Haar iſt mit einer Lorbeerkrone umgeben. Er ſchreitet fort, und dieſe Stellung hat einen eben ſo natuͤrlichen als edeln Aus- druck. Das Gewand iſt gut gedacht, aber nicht eben ſo gut ausgefuͤhrt. Wenn mich meine Vermuthung nicht truͤgt, ſo iſt dies Werk die Copie nach einem viel ſchoͤnern, das verlohren gegangen iſt, aber ſchon die Seltenheit der Vorſtellungsart macht es unſerer ganzen Aufmerk- ſamkeit werth. 23) Die Arme ſind bis auf die Haͤlfte neu. Aber die Leier wird durch das Band gerechtfertigt, mit dem ſie um ſeine Schultern haͤngt. † Zu 23) Eine aͤhnliche Statue iſt mit den neun Muſen nach Stockholm gegangen, die Volpato zu meiner Zeit an den Koͤnig von Schweden verkaufte. F 4

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/109>, abgerufen am 25.11.2024.