"Schavot an - - - der verfluchte Ueberrest des Bö- "sewichts - - - wenn ich bedenke, daß zweyer- "ley Umstände - - -"
Jch weis nicht mehr, was mein Patriot in seinem Eifer gesagt hat. Jch schlief ganz natür- licher Weise über seiner Predigt ein. Selbst die letzten Vaterlandsgedanken hörte ich nur halb im Schlafe. Jch habe sie so gebrochen hergesetzt, wie ich sie hörte, und ich schlief so lange fort, bis mich der Wachsstock an die Finger brannte. Jch erwachte darüber, und hörte, daß er immer fortre- dete. Er hatte vor großem Eifer nicht gemerkt, daß ich eingeschlafen war. Jch war nicht im Stande mich zu ermuntern. Jch stund auf, und sagte: Ja ja, auf diese zweyerley Umstände kömmt es freylich an, und wünschte ihm eine gute Nacht. Sie sind schläfrig, wie ich merke, antwortete er; morgen wollen wir weiter davon reden, und ich will ihnen das Buch hinunter bringen, wovon ich itzo gedacht habe. Schlafen sie wohl!
Jch bin mit dem übertriebenen Eifer meines Patrioten nicht allemal zufrieden. Er sieht die Welt an, wie es die alten Betschwestern machen, welche über alle Sünden seufzen, weil man ihren abgelebten Jahren die Gelegenheit benimmt, mit zu sündigen; ich aber mache es, wie eine bejahrte Buhlschwester, welche auch unter den Runzeln hervor liebäugelt, und nicht eifersüchtig ist, wenn auch andre sich vergnügen. Jch finde diese Ge-
lassenheit
E 5
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
„Schavot an ‒ ‒ ‒ der verfluchte Ueberreſt des Boͤ- „ſewichts ‒ ‒ ‒ wenn ich bedenke, daß zweyer- „ley Umſtaͤnde ‒ ‒ ‒“
Jch weis nicht mehr, was mein Patriot in ſeinem Eifer geſagt hat. Jch ſchlief ganz natuͤr- licher Weiſe uͤber ſeiner Predigt ein. Selbſt die letzten Vaterlandsgedanken hoͤrte ich nur halb im Schlafe. Jch habe ſie ſo gebrochen hergeſetzt, wie ich ſie hoͤrte, und ich ſchlief ſo lange fort, bis mich der Wachsſtock an die Finger brannte. Jch erwachte daruͤber, und hoͤrte, daß er immer fortre- dete. Er hatte vor großem Eifer nicht gemerkt, daß ich eingeſchlafen war. Jch war nicht im Stande mich zu ermuntern. Jch ſtund auf, und ſagte: Ja ja, auf dieſe zweyerley Umſtaͤnde koͤmmt es freylich an, und wuͤnſchte ihm eine gute Nacht. Sie ſind ſchlaͤfrig, wie ich merke, antwortete er; morgen wollen wir weiter davon reden, und ich will ihnen das Buch hinunter bringen, wovon ich itzo gedacht habe. Schlafen ſie wohl!
Jch bin mit dem uͤbertriebenen Eifer meines Patrioten nicht allemal zufrieden. Er ſieht die Welt an, wie es die alten Betſchweſtern machen, welche uͤber alle Suͤnden ſeufzen, weil man ihren abgelebten Jahren die Gelegenheit benimmt, mit zu ſuͤndigen; ich aber mache es, wie eine bejahrte Buhlſchweſter, welche auch unter den Runzeln hervor liebaͤugelt, und nicht eiferſuͤchtig iſt, wenn auch andre ſich vergnuͤgen. Jch finde dieſe Ge-
laſſenheit
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
„Schavot an ‒ ‒ ‒ der verfluchte Ueberreſt des Boͤ-
„ſewichts ‒ ‒ ‒ wenn ich bedenke, daß zweyer-
„ley Umſtaͤnde ‒ ‒ ‒“
Jch weis nicht mehr, was mein Patriot in
ſeinem Eifer geſagt hat. Jch ſchlief ganz natuͤr-
licher Weiſe uͤber ſeiner Predigt ein. Selbſt die
letzten Vaterlandsgedanken hoͤrte ich nur halb im
Schlafe. Jch habe ſie ſo gebrochen hergeſetzt,
wie ich ſie hoͤrte, und ich ſchlief ſo lange fort, bis
mich der Wachsſtock an die Finger brannte. Jch
erwachte daruͤber, und hoͤrte, daß er immer fortre-
dete. Er hatte vor großem Eifer nicht gemerkt,
daß ich eingeſchlafen war. Jch war nicht im
Stande mich zu ermuntern. Jch ſtund auf, und
ſagte: Ja ja, auf dieſe zweyerley Umſtaͤnde koͤmmt
es freylich an, und wuͤnſchte ihm eine gute Nacht.
Sie ſind ſchlaͤfrig, wie ich merke, antwortete er;
morgen wollen wir weiter davon reden, und ich
will ihnen das Buch hinunter bringen, wovon ich
itzo gedacht habe. Schlafen ſie wohl!
Jch bin mit dem uͤbertriebenen Eifer meines
Patrioten nicht allemal zufrieden. Er ſieht die
Welt an, wie es die alten Betſchweſtern machen,
welche uͤber alle Suͤnden ſeufzen, weil man ihren
abgelebten Jahren die Gelegenheit benimmt, mit
zu ſuͤndigen; ich aber mache es, wie eine bejahrte
Buhlſchweſter, welche auch unter den Runzeln
hervor liebaͤugelt, und nicht eiferſuͤchtig iſt, wenn
auch andre ſich vergnuͤgen. Jch finde dieſe Ge-
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/95>, abgerufen am 22.11.2024.
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