Excellenz freuen sich mit offenen Armen über die Ehre seines Zuspruchs. Nun ist unser redlicher Mann ganz vergessen, und es ist ein Glück für ihn, daß er noch ohne Schaden aus dem ehr- furchtsvollen Gedränge entronnen, und die Treppe hinunter kommen können. Es geschieht ihm recht. Der Thor! Warum hat er nicht bessere Kleider, und geringere Verdienste?
Man thut der Welt unrecht, wenn man sagt, daß sie bey den Verdiensten rechtschaffener Män- ner unempfindlich, und blind sey. Sie ist es nicht; aber man muß ihr die Augen durch eine äußerliche Pracht öffnen, und sie durch ein vorneh- mes Geräusch aufwecken. Kann die Welt etwas dafür, daß sich ein großer Geist in ein schlechtes Kleid versteckt? Die Welt ist eine Schaubühne, und auf der Schaubühne halten wir nur diejenigen für Prinzen, welche fürstlich gekleidet sind. Nicht alle haben die Geduld, den letzten Auftritt, und die Entwickelung des Spiels abzuwarten.
Man stelle einmal die Billigkeit der Welt auf die Probe, und vertausche die Kleider.
Jhro Gnaden werden sich gefallen lassen, das schwarze Kleid dieses ehrlichen Mannes anzuzie- hen, und seine etwas bejahrte Perücke aufzusetzen. Wie dumm sehn Jhro Gnaden aus! Die dreiste und unverschämte Miene ist mit einem male ver- schwunden. Aller Witz, dessen ein prächtiges Kleid fähig war, ist verloren. Man führe ihn in
die
Antons Panßa von Mancha
Excellenz freuen ſich mit offenen Armen uͤber die Ehre ſeines Zuſpruchs. Nun iſt unſer redlicher Mann ganz vergeſſen, und es iſt ein Gluͤck fuͤr ihn, daß er noch ohne Schaden aus dem ehr- furchtsvollen Gedraͤnge entronnen, und die Treppe hinunter kommen koͤnnen. Es geſchieht ihm recht. Der Thor! Warum hat er nicht beſſere Kleider, und geringere Verdienſte?
Man thut der Welt unrecht, wenn man ſagt, daß ſie bey den Verdienſten rechtſchaffener Maͤn- ner unempfindlich, und blind ſey. Sie iſt es nicht; aber man muß ihr die Augen durch eine aͤußerliche Pracht oͤffnen, und ſie durch ein vorneh- mes Geraͤuſch aufwecken. Kann die Welt etwas dafuͤr, daß ſich ein großer Geiſt in ein ſchlechtes Kleid verſteckt? Die Welt iſt eine Schaubuͤhne, und auf der Schaubuͤhne halten wir nur diejenigen fuͤr Prinzen, welche fuͤrſtlich gekleidet ſind. Nicht alle haben die Geduld, den letzten Auftritt, und die Entwickelung des Spiels abzuwarten.
Man ſtelle einmal die Billigkeit der Welt auf die Probe, und vertauſche die Kleider.
Jhro Gnaden werden ſich gefallen laſſen, das ſchwarze Kleid dieſes ehrlichen Mannes anzuzie- hen, und ſeine etwas bejahrte Peruͤcke aufzuſetzen. Wie dumm ſehn Jhro Gnaden aus! Die dreiſte und unverſchaͤmte Miene iſt mit einem male ver- ſchwunden. Aller Witz, deſſen ein praͤchtiges Kleid faͤhig war, iſt verloren. Man fuͤhre ihn in
die
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Antons Panßa von Mancha
Excellenz freuen ſich mit offenen Armen uͤber die
Ehre ſeines Zuſpruchs. Nun iſt unſer redlicher
Mann ganz vergeſſen, und es iſt ein Gluͤck fuͤr
ihn, daß er noch ohne Schaden aus dem ehr-
furchtsvollen Gedraͤnge entronnen, und die Treppe
hinunter kommen koͤnnen. Es geſchieht ihm recht.
Der Thor! Warum hat er nicht beſſere Kleider,
und geringere Verdienſte?
Man thut der Welt unrecht, wenn man ſagt,
daß ſie bey den Verdienſten rechtſchaffener Maͤn-
ner unempfindlich, und blind ſey. Sie iſt es
nicht; aber man muß ihr die Augen durch eine
aͤußerliche Pracht oͤffnen, und ſie durch ein vorneh-
mes Geraͤuſch aufwecken. Kann die Welt etwas
dafuͤr, daß ſich ein großer Geiſt in ein ſchlechtes
Kleid verſteckt? Die Welt iſt eine Schaubuͤhne,
und auf der Schaubuͤhne halten wir nur diejenigen
fuͤr Prinzen, welche fuͤrſtlich gekleidet ſind. Nicht
alle haben die Geduld, den letzten Auftritt, und
die Entwickelung des Spiels abzuwarten.
Man ſtelle einmal die Billigkeit der Welt auf
die Probe, und vertauſche die Kleider.
Jhro Gnaden werden ſich gefallen laſſen, das
ſchwarze Kleid dieſes ehrlichen Mannes anzuzie-
hen, und ſeine etwas bejahrte Peruͤcke aufzuſetzen.
Wie dumm ſehn Jhro Gnaden aus! Die dreiſte
und unverſchaͤmte Miene iſt mit einem male ver-
ſchwunden. Aller Witz, deſſen ein praͤchtiges
Kleid faͤhig war, iſt verloren. Man fuͤhre ihn in
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/74>, abgerufen am 28.11.2024.
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