Daß ich behauptet habe, eine Frau aus der großen Welt zu heirathen, sey für viele ein ge- wisser Schritt zum Hospitale; das ist das We- nigste, was ich von den Ehen Nachtheiliges ge- sagt habe. Aber doch erkenne ich mein Unrecht. Und damit ich die Welt von meiner Reue recht nachdrücklich überzeuge, so will ich mir öffentlich alles das Böse vorhalten, das ich, von den Ehen zu sagen, die Verwegenheit gehabt habe. Jch habe über Männer gespottet, welche, weder nach Verstande, noch Tugend, noch Erziehung zu fra- gen, sich auf ewig mit Frauenzimmern, bloß we- gen ihrer Schönheit verbanden, von welchen sie wissen konnten, daß sie nach einem Jahre nicht mehr, wenigstens für sie nicht mehr reizend seyn würden. Aber Greif ließ sich von keiner Schön- heit blenden. Zwar Verstand, und Tugend, und Erziehung waren das auch nicht, was er ver- langte: Er suchte Geld; und doch hielt ich ihn für einen Thoren. Ein Mann, der, zum gemeinen Besten, in seinem funfzigsten Jahre ein feuriges Mädchen von funfzehn Jahren heira- thet, war vor meinem Spotte eben so wenig sicher, als eine Frau von funfzig Jahren, welche sich einbildet, daß die Schmeicheleyen ihres jun- gen Bräutigams ihr, und nicht ihrem Gelde ge- macht werden. Jch hatte angemerkt, daß Frauenzimmer, sobald sie ihrem Manne die ewige Treue zugeschworen, sich mit einem male von
dem
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und Ehrenerklaͤrung.
Daß ich behauptet habe, eine Frau aus der großen Welt zu heirathen, ſey fuͤr viele ein ge- wiſſer Schritt zum Hoſpitale; das iſt das We- nigſte, was ich von den Ehen Nachtheiliges ge- ſagt habe. Aber doch erkenne ich mein Unrecht. Und damit ich die Welt von meiner Reue recht nachdruͤcklich uͤberzeuge, ſo will ich mir oͤffentlich alles das Boͤſe vorhalten, das ich, von den Ehen zu ſagen, die Verwegenheit gehabt habe. Jch habe uͤber Maͤnner geſpottet, welche, weder nach Verſtande, noch Tugend, noch Erziehung zu fra- gen, ſich auf ewig mit Frauenzimmern, bloß we- gen ihrer Schoͤnheit verbanden, von welchen ſie wiſſen konnten, daß ſie nach einem Jahre nicht mehr, wenigſtens fuͤr ſie nicht mehr reizend ſeyn wuͤrden. Aber Greif ließ ſich von keiner Schoͤn- heit blenden. Zwar Verſtand, und Tugend, und Erziehung waren das auch nicht, was er ver- langte: Er ſuchte Geld; und doch hielt ich ihn fuͤr einen Thoren. Ein Mann, der, zum gemeinen Beſten, in ſeinem funfzigſten Jahre ein feuriges Maͤdchen von funfzehn Jahren heira- thet, war vor meinem Spotte eben ſo wenig ſicher, als eine Frau von funfzig Jahren, welche ſich einbildet, daß die Schmeicheleyen ihres jun- gen Braͤutigams ihr, und nicht ihrem Gelde ge- macht werden. Jch hatte angemerkt, daß Frauenzimmer, ſobald ſie ihrem Manne die ewige Treue zugeſchworen, ſich mit einem male von
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[599[597]/0621]
und Ehrenerklaͤrung.
Daß ich behauptet habe, eine Frau aus der
großen Welt zu heirathen, ſey fuͤr viele ein ge-
wiſſer Schritt zum Hoſpitale; das iſt das We-
nigſte, was ich von den Ehen Nachtheiliges ge-
ſagt habe. Aber doch erkenne ich mein Unrecht.
Und damit ich die Welt von meiner Reue recht
nachdruͤcklich uͤberzeuge, ſo will ich mir oͤffentlich
alles das Boͤſe vorhalten, das ich, von den Ehen
zu ſagen, die Verwegenheit gehabt habe. Jch
habe uͤber Maͤnner geſpottet, welche, weder nach
Verſtande, noch Tugend, noch Erziehung zu fra-
gen, ſich auf ewig mit Frauenzimmern, bloß we-
gen ihrer Schoͤnheit verbanden, von welchen ſie
wiſſen konnten, daß ſie nach einem Jahre nicht
mehr, wenigſtens fuͤr ſie nicht mehr reizend ſeyn
wuͤrden. Aber Greif ließ ſich von keiner Schoͤn-
heit blenden. Zwar Verſtand, und Tugend, und
Erziehung waren das auch nicht, was er ver-
langte: Er ſuchte Geld; und doch hielt ich ihn
fuͤr einen Thoren. Ein Mann, der, zum
gemeinen Beſten, in ſeinem funfzigſten Jahre ein
feuriges Maͤdchen von funfzehn Jahren heira-
thet, war vor meinem Spotte eben ſo wenig
ſicher, als eine Frau von funfzig Jahren, welche
ſich einbildet, daß die Schmeicheleyen ihres jun-
gen Braͤutigams ihr, und nicht ihrem Gelde ge-
macht werden. Jch hatte angemerkt, daß
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Treue zugeſchworen, ſich mit einem male von
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 599[597]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/621>, abgerufen am 24.11.2024.
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