[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.Abbitte ste küssen, und sich zu gnädiger Protection em-pfehlen. Meine Leser, die zu leben wissen, werden dieses billig finden. Aber warum finden sie es denn nicht auch billig, daß man die Betrügerey des elenden Goldmachers entschuldigt, den nur der Hunger zum Betrüger macht, da im Gegen- theile unser vornehmer Schuldner die armen Gläu- biger an den Bettelstab bringt, nur um seine Wol- lust und Pracht, noch einige Zeit zu unterstüz- zen; da dieser Schuldner seinen Gläubigern an einem einzigen Gallatage mehr kostet, als der Goldmacher seinen Freunden in einem Jahre? Dieser ist noch so billig, und entflieht dem Galgen, so bald er merkt, daß seine Betrügereyen entdeckt sind: Aber jener rollt trotzig mit seiner prächtigen Eqvipage durch die Gassen, sein verarmter Gläu- biger, der eben itzt an dem Laden eines Kauf- manns um ein Almosen bittet, springt auf die Seite, um von den Pferden nicht zertreten zu wer- den; er bückt sich demüthig vor seinem Schuldner, und wird kaum angesehen. Mich dünkt, dieses Exempel, so wahr es ist, so deutlich und so über- zeugend ist es auch, daß man künftig einen herum- streichenden Goldmacher so gar einen ehrlichen Mann nennen wird, sobald man sich auf Jhro Gnaden besinnet. Es ist ein paar mal geschehen, daß ich diejenigen hoffen.
Abbitte ſte kuͤſſen, und ſich zu gnaͤdiger Protection em-pfehlen. Meine Leſer, die zu leben wiſſen, werden dieſes billig finden. Aber warum finden ſie es denn nicht auch billig, daß man die Betruͤgerey des elenden Goldmachers entſchuldigt, den nur der Hunger zum Betruͤger macht, da im Gegen- theile unſer vornehmer Schuldner die armen Glaͤu- biger an den Bettelſtab bringt, nur um ſeine Wol- luſt und Pracht, noch einige Zeit zu unterſtuͤz- zen; da dieſer Schuldner ſeinen Glaͤubigern an einem einzigen Gallatage mehr koſtet, als der Goldmacher ſeinen Freunden in einem Jahre? Dieſer iſt noch ſo billig, und entflieht dem Galgen, ſo bald er merkt, daß ſeine Betruͤgereyen entdeckt ſind: Aber jener rollt trotzig mit ſeiner praͤchtigen Eqvipage durch die Gaſſen, ſein verarmter Glaͤu- biger, der eben itzt an dem Laden eines Kauf- manns um ein Almoſen bittet, ſpringt auf die Seite, um von den Pferden nicht zertreten zu wer- den; er buͤckt ſich demuͤthig vor ſeinem Schuldner, und wird kaum angeſehen. Mich duͤnkt, dieſes Exempel, ſo wahr es iſt, ſo deutlich und ſo uͤber- zeugend iſt es auch, daß man kuͤnftig einen herum- ſtreichenden Goldmacher ſo gar einen ehrlichen Mann nennen wird, ſobald man ſich auf Jhro Gnaden beſinnet. Es iſt ein paar mal geſchehen, daß ich diejenigen hoffen.
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Abbitte
ſte kuͤſſen, und ſich zu gnaͤdiger Protection em-
pfehlen. Meine Leſer, die zu leben wiſſen, werden
dieſes billig finden. Aber warum finden ſie es
denn nicht auch billig, daß man die Betruͤgerey
des elenden Goldmachers entſchuldigt, den nur
der Hunger zum Betruͤger macht, da im Gegen-
theile unſer vornehmer Schuldner die armen Glaͤu-
biger an den Bettelſtab bringt, nur um ſeine Wol-
luſt und Pracht, noch einige Zeit zu unterſtuͤz-
zen; da dieſer Schuldner ſeinen Glaͤubigern
an einem einzigen Gallatage mehr koſtet, als der
Goldmacher ſeinen Freunden in einem Jahre?
Dieſer iſt noch ſo billig, und entflieht dem Galgen,
ſo bald er merkt, daß ſeine Betruͤgereyen entdeckt
ſind: Aber jener rollt trotzig mit ſeiner praͤchtigen
Eqvipage durch die Gaſſen, ſein verarmter Glaͤu-
biger, der eben itzt an dem Laden eines Kauf-
manns um ein Almoſen bittet, ſpringt auf die
Seite, um von den Pferden nicht zertreten zu wer-
den; er buͤckt ſich demuͤthig vor ſeinem Schuldner,
und wird kaum angeſehen. Mich duͤnkt, dieſes
Exempel, ſo wahr es iſt, ſo deutlich und ſo uͤber-
zeugend iſt es auch, daß man kuͤnftig einen herum-
ſtreichenden Goldmacher ſo gar einen ehrlichen
Mann nennen wird, ſobald man ſich auf Jhro
Gnaden beſinnet.
Es iſt ein paar mal geſchehen, daß ich diejenigen
getadelt habe, die ſich von den Gaukeleyen der
herumirrenden Goldmacher verfuͤhren laſſen,
und von einem nackichten Bettler unſaͤgliche Schaͤtze
hoffen.
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