der Aemter verfahren. Aber man darf nur den- ken, daß sie überzeugt sind: Wem Gott das Amt giebt, dem giebt er auch den Verstand: so ist die- ser Widerspruch gehoben. Sie können dieses mit einer desto gewissern Zuversicht hoffen, da sie an ihren eigenen Personen ein so erstaunendes Wun- der erfahren, und nach dem glaubwürdigen Zeug- nisse aller ihrer demüthigen Clienten gegenwärtig die verständigsten Männer, die weisesten Väter der Stadt sind, ungeachtet sie vor der Erlangung ihres Amts die unverständigsten Narren waren. Diese wichtige Erfahrung wirket in ihnen eine wahre Freudigkeit, so oft sie ein Amt besetzen müssen.
Jch weis nicht, ob irgend ein Amt wichtiger ist, als das Amt eines Seelsorgers. Die üble Besetzung eines solchen Amtes kann eine ganze Ge- meine unglücklich machen, und das Verderben von mehr als einer Nachkommenschaft nach sich ziehen. Wenigstens würde ich sehr unruhig seyn, wenn ich für die Besetzung eines solchen Amtes sorgen sollte. Aber wie glücklich sind nicht diejenigen, welche sich darauf verlassen, daß der Verstand sich schon mit dem Amte finden werde!
Jch habe vor wenigen Tagen das Schicksal gehabt, einer Priesterwahl auf dem Lande beyzu- wohnen. Der Kirchenpatron hatte in kurzer Zeit das Unglück erfahren, daß ihm sein Pfarrer, und bald darauf, welches noch weit wichtiger war, sein Schäfer gestorben war. Einen guten Schäfer
zu
Antons Panßa von Mancha
der Aemter verfahren. Aber man darf nur den- ken, daß ſie uͤberzeugt ſind: Wem Gott das Amt giebt, dem giebt er auch den Verſtand: ſo iſt die- ſer Widerſpruch gehoben. Sie koͤnnen dieſes mit einer deſto gewiſſern Zuverſicht hoffen, da ſie an ihren eigenen Perſonen ein ſo erſtaunendes Wun- der erfahren, und nach dem glaubwuͤrdigen Zeug- niſſe aller ihrer demuͤthigen Clienten gegenwaͤrtig die verſtaͤndigſten Maͤnner, die weiſeſten Vaͤter der Stadt ſind, ungeachtet ſie vor der Erlangung ihres Amts die unverſtaͤndigſten Narren waren. Dieſe wichtige Erfahrung wirket in ihnen eine wahre Freudigkeit, ſo oft ſie ein Amt beſetzen muͤſſen.
Jch weis nicht, ob irgend ein Amt wichtiger iſt, als das Amt eines Seelſorgers. Die uͤble Beſetzung eines ſolchen Amtes kann eine ganze Ge- meine ungluͤcklich machen, und das Verderben von mehr als einer Nachkommenſchaft nach ſich ziehen. Wenigſtens wuͤrde ich ſehr unruhig ſeyn, wenn ich fuͤr die Beſetzung eines ſolchen Amtes ſorgen ſollte. Aber wie gluͤcklich ſind nicht diejenigen, welche ſich darauf verlaſſen, daß der Verſtand ſich ſchon mit dem Amte finden werde!
Jch habe vor wenigen Tagen das Schickſal gehabt, einer Prieſterwahl auf dem Lande beyzu- wohnen. Der Kirchenpatron hatte in kurzer Zeit das Ungluͤck erfahren, daß ihm ſein Pfarrer, und bald darauf, welches noch weit wichtiger war, ſein Schaͤfer geſtorben war. Einen guten Schaͤfer
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Antons Panßa von Mancha
der Aemter verfahren. Aber man darf nur den-
ken, daß ſie uͤberzeugt ſind: Wem Gott das Amt
giebt, dem giebt er auch den Verſtand: ſo iſt die-
ſer Widerſpruch gehoben. Sie koͤnnen dieſes mit
einer deſto gewiſſern Zuverſicht hoffen, da ſie an
ihren eigenen Perſonen ein ſo erſtaunendes Wun-
der erfahren, und nach dem glaubwuͤrdigen Zeug-
niſſe aller ihrer demuͤthigen Clienten gegenwaͤrtig
die verſtaͤndigſten Maͤnner, die weiſeſten Vaͤter
der Stadt ſind, ungeachtet ſie vor der Erlangung
ihres Amts die unverſtaͤndigſten Narren waren.
Dieſe wichtige Erfahrung wirket in ihnen eine
wahre Freudigkeit, ſo oft ſie ein Amt beſetzen
muͤſſen.
Jch weis nicht, ob irgend ein Amt wichtiger
iſt, als das Amt eines Seelſorgers. Die uͤble
Beſetzung eines ſolchen Amtes kann eine ganze Ge-
meine ungluͤcklich machen, und das Verderben von
mehr als einer Nachkommenſchaft nach ſich ziehen.
Wenigſtens wuͤrde ich ſehr unruhig ſeyn, wenn
ich fuͤr die Beſetzung eines ſolchen Amtes ſorgen
ſollte. Aber wie gluͤcklich ſind nicht diejenigen,
welche ſich darauf verlaſſen, daß der Verſtand ſich
ſchon mit dem Amte finden werde!
Jch habe vor wenigen Tagen das Schickſal
gehabt, einer Prieſterwahl auf dem Lande beyzu-
wohnen. Der Kirchenpatron hatte in kurzer Zeit
das Ungluͤck erfahren, daß ihm ſein Pfarrer, und
bald darauf, welches noch weit wichtiger war,
ſein Schaͤfer geſtorben war. Einen guten Schaͤfer
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/56>, abgerufen am 22.11.2024.
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