Dieser unglückliche Zufall schlug seinen Muth gänzlich nieder. Es war ihm unerträglich, daß er ein Spott der benachbarten Fürsten seyn, und für einen bundbrüchigen Freund angesehen wer- den sollte. Er eilte nach seinem Lande zurück, um sich vor den Augen der Welt, und seiner Unter- thanen zu verbergen.
Er kam an den Hafen, aber er fand seine Un- terthanen in den Waffen, welche ihm und den Seinigen den Eingang verwehrten. Der Zau- berer, welcher wußte, daß die Götter ihm nur wenige Zeit noch seine Bosheiten ungestraft zu- lassen würden, hatte sich vorgenommen, den letz- ten und empfindlichsten Streich wider den T' Siam- ma auszuführen. Er hatte, als dieser abwesend war, seine Gestalt angenommen, und das Volk in die Waffen gebracht, da er aussprengte, daß eine fremde Macht sein Reich überfallen wollte. Das war die Ursache des Widerstandes, welchen T' Siamma fand. Aber sein Muth, und seine gerechte Sache überwanden auch diese Hindernisse. Er trat an das Land. Das Volk sahe ihn, und erstaunte; denn es sahe auch den Zauberer in der Gestalt des T' Siamma. Der Zauberer hatte die Priester durch Geschenke gewonnen. Die un- glückliche Zizizi hielt ihn für ihren Gemahl, und liebte ihn seit einiger Zeit wirklich, weil er ihr tau- send kindische Schmeicheleyen vorsagte, und ihr alle Stunden neue Gelegenheit gab, ihre Eitelkeit zu beruhigen. Die Weiber der Großen im Reiche
hatten
Das Maͤrchen vom erſten April.
Dieſer ungluͤckliche Zufall ſchlug ſeinen Muth gaͤnzlich nieder. Es war ihm unertraͤglich, daß er ein Spott der benachbarten Fuͤrſten ſeyn, und fuͤr einen bundbruͤchigen Freund angeſehen wer- den ſollte. Er eilte nach ſeinem Lande zuruͤck, um ſich vor den Augen der Welt, und ſeiner Unter- thanen zu verbergen.
Er kam an den Hafen, aber er fand ſeine Un- terthanen in den Waffen, welche ihm und den Seinigen den Eingang verwehrten. Der Zau- berer, welcher wußte, daß die Goͤtter ihm nur wenige Zeit noch ſeine Bosheiten ungeſtraft zu- laſſen wuͤrden, hatte ſich vorgenommen, den letz- ten und empfindlichſten Streich wider den T’ Siam- ma auszufuͤhren. Er hatte, als dieſer abweſend war, ſeine Geſtalt angenommen, und das Volk in die Waffen gebracht, da er ausſprengte, daß eine fremde Macht ſein Reich uͤberfallen wollte. Das war die Urſache des Widerſtandes, welchen T’ Siamma fand. Aber ſein Muth, und ſeine gerechte Sache uͤberwanden auch dieſe Hinderniſſe. Er trat an das Land. Das Volk ſahe ihn, und erſtaunte; denn es ſahe auch den Zauberer in der Geſtalt des T’ Siamma. Der Zauberer hatte die Prieſter durch Geſchenke gewonnen. Die un- gluͤckliche Zizizi hielt ihn fuͤr ihren Gemahl, und liebte ihn ſeit einiger Zeit wirklich, weil er ihr tau- ſend kindiſche Schmeicheleyen vorſagte, und ihr alle Stunden neue Gelegenheit gab, ihre Eitelkeit zu beruhigen. Die Weiber der Großen im Reiche
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Das Maͤrchen vom erſten April.
Dieſer ungluͤckliche Zufall ſchlug ſeinen Muth
gaͤnzlich nieder. Es war ihm unertraͤglich, daß
er ein Spott der benachbarten Fuͤrſten ſeyn, und
fuͤr einen bundbruͤchigen Freund angeſehen wer-
den ſollte. Er eilte nach ſeinem Lande zuruͤck, um
ſich vor den Augen der Welt, und ſeiner Unter-
thanen zu verbergen.
Er kam an den Hafen, aber er fand ſeine Un-
terthanen in den Waffen, welche ihm und den
Seinigen den Eingang verwehrten. Der Zau-
berer, welcher wußte, daß die Goͤtter ihm nur
wenige Zeit noch ſeine Bosheiten ungeſtraft zu-
laſſen wuͤrden, hatte ſich vorgenommen, den letz-
ten und empfindlichſten Streich wider den T’ Siam-
ma auszufuͤhren. Er hatte, als dieſer abweſend
war, ſeine Geſtalt angenommen, und das Volk
in die Waffen gebracht, da er ausſprengte, daß
eine fremde Macht ſein Reich uͤberfallen wollte.
Das war die Urſache des Widerſtandes, welchen
T’ Siamma fand. Aber ſein Muth, und ſeine
gerechte Sache uͤberwanden auch dieſe Hinderniſſe.
Er trat an das Land. Das Volk ſahe ihn, und
erſtaunte; denn es ſahe auch den Zauberer in der
Geſtalt des T’ Siamma. Der Zauberer hatte
die Prieſter durch Geſchenke gewonnen. Die un-
gluͤckliche Zizizi hielt ihn fuͤr ihren Gemahl, und
liebte ihn ſeit einiger Zeit wirklich, weil er ihr tau-
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 488[486]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/510>, abgerufen am 22.11.2024.
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