Man schickte Gesandten an den König der benachbarten Jnsel Saykock, die um seine En- kelinn werben sollten, eine Prinzessinn, welche so tugendhaft, so weise, und so schön war, daß man ihr den schmeichelhaften Namen, Zizizi beygelegt hatte. Der König freute sich über die Gelegen- heit, die man ihm gab, sich mit dem Sohne sei- nes alten und besten Freundes auf eine so genaue Art zu verbinden. Er gab seine Einwilligung zur Vermählung; er bat aber zugleich, daß T' Siamma selbst zu ihm kommen, und die Prin- zessinn von seiner Hand annehmen sollte, damit sie sich mündlich unterreden könnten, wie das gute Vernehmen zwischen beiden Reichen, und das Wohl ihrer beiderseitigen Unterthanen am sicher- sten zu befestigen sey. Eine einzige von diesen Ursachen wäre schon vermögend gewesen, den T' Siamma zu dieser Reise zu bewegen.
Er segelte also mit einem prächtigen Gefolge von hundert Schiffen ab. Zur Ueberfahrt nach Saykock brauchte man nur wenige Zeit. T' Si- amma sahe schon den Hafen. Er näherte sich ihm, ungeduldig vor Liebe, Freundschaft, und Begierde, seine Unterthanen glücklich zu machen. Der alte Kö- nig von Saykock stand mit seinen Dienern und sei- nem Volke am Ufer, seinen Freund zu erwarten; als ein jählinger Sturm seine Flotte ergriff, aus dem Hafen zurück warf, und mit solcher Heftigkeit um die ganze Jnsel Saykock herum trieb, daß er mit der dritten Sonne schon wieder vor dem Hafen
war.
Das Maͤrchen vom erſten April.
Man ſchickte Geſandten an den Koͤnig der benachbarten Jnſel Saykock, die um ſeine En- kelinn werben ſollten, eine Prinzeſſinn, welche ſo tugendhaft, ſo weiſe, und ſo ſchoͤn war, daß man ihr den ſchmeichelhaften Namen, Zizizi beygelegt hatte. Der Koͤnig freute ſich uͤber die Gelegen- heit, die man ihm gab, ſich mit dem Sohne ſei- nes alten und beſten Freundes auf eine ſo genaue Art zu verbinden. Er gab ſeine Einwilligung zur Vermaͤhlung; er bat aber zugleich, daß T’ Siamma ſelbſt zu ihm kommen, und die Prin- zeſſinn von ſeiner Hand annehmen ſollte, damit ſie ſich muͤndlich unterreden koͤnnten, wie das gute Vernehmen zwiſchen beiden Reichen, und das Wohl ihrer beiderſeitigen Unterthanen am ſicher- ſten zu befeſtigen ſey. Eine einzige von dieſen Urſachen waͤre ſchon vermoͤgend geweſen, den T’ Siamma zu dieſer Reiſe zu bewegen.
Er ſegelte alſo mit einem praͤchtigen Gefolge von hundert Schiffen ab. Zur Ueberfahrt nach Saykock brauchte man nur wenige Zeit. T’ Si- amma ſahe ſchon den Hafen. Er naͤherte ſich ihm, ungeduldig vor Liebe, Freundſchaft, und Begierde, ſeine Unterthanen gluͤcklich zu machen. Der alte Koͤ- nig von Saykock ſtand mit ſeinen Dienern und ſei- nem Volke am Ufer, ſeinen Freund zu erwarten; als ein jaͤhlinger Sturm ſeine Flotte ergriff, aus dem Hafen zuruͤck warf, und mit ſolcher Heftigkeit um die ganze Jnſel Saykock herum trieb, daß er mit der dritten Sonne ſchon wieder vor dem Hafen
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[474[472]/0496]
Das Maͤrchen vom erſten April.
Man ſchickte Geſandten an den Koͤnig der
benachbarten Jnſel Saykock, die um ſeine En-
kelinn werben ſollten, eine Prinzeſſinn, welche ſo
tugendhaft, ſo weiſe, und ſo ſchoͤn war, daß man
ihr den ſchmeichelhaften Namen, Zizizi beygelegt
hatte. Der Koͤnig freute ſich uͤber die Gelegen-
heit, die man ihm gab, ſich mit dem Sohne ſei-
nes alten und beſten Freundes auf eine ſo genaue
Art zu verbinden. Er gab ſeine Einwilligung
zur Vermaͤhlung; er bat aber zugleich, daß T’
Siamma ſelbſt zu ihm kommen, und die Prin-
zeſſinn von ſeiner Hand annehmen ſollte, damit ſie
ſich muͤndlich unterreden koͤnnten, wie das gute
Vernehmen zwiſchen beiden Reichen, und das
Wohl ihrer beiderſeitigen Unterthanen am ſicher-
ſten zu befeſtigen ſey. Eine einzige von dieſen
Urſachen waͤre ſchon vermoͤgend geweſen, den T’
Siamma zu dieſer Reiſe zu bewegen.
Er ſegelte alſo mit einem praͤchtigen Gefolge
von hundert Schiffen ab. Zur Ueberfahrt nach
Saykock brauchte man nur wenige Zeit. T’ Si-
amma ſahe ſchon den Hafen. Er naͤherte ſich ihm,
ungeduldig vor Liebe, Freundſchaft, und Begierde,
ſeine Unterthanen gluͤcklich zu machen. Der alte Koͤ-
nig von Saykock ſtand mit ſeinen Dienern und ſei-
nem Volke am Ufer, ſeinen Freund zu erwarten; als
ein jaͤhlinger Sturm ſeine Flotte ergriff, aus dem
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 474[472]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/496>, abgerufen am 22.11.2024.
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