er ihr sagte, waren ein paar Unflaetereyen, we- gen ihrer Schwangerschaft. In diesem Tone fuhr er fort, und rühmte seine Ausschweifungen, die er in Paris begangen, und die er auch wohl nicht begangen hatte. Alle verdaechtige Haeu- ser zaehlte er in einer so richtigen Ordnung her, wie Homer die Schiffe der Griechen. Wir er- fuhren die schaendlichsten Krankheiten, die er gehabt haben wollte, und von wem er sie be- kommen; wenigstens eine Marqvisinn musste diese seyn. Er vertraute uns, in welchen zwey- deutigen Umstaenden sein entkraefteter Koerper noch itzt sey. Dieses alles sagte er uns mit ei- ner faselnden Lebhaftigkeit, die man nur von einem Rasenden erwarten kann.
Meine Frau, welche sich nicht schaemt, eine vernünftige Christinn zu seyn, schlug die Haen- de zusammen. Bist du es denn, Bruder! sagte sie, hast du denn vor Gott und vor Menschen keine Scheu? Du deutsche Bestie! war seine Antwort; Schwester, du weisst nicht, was Le- ben ist; komm mit nach Paris! Ihr Deutschen lebt hier so ordentlich und gesund, wie das liebe Vieh, und daher koemmt es, dass ihr auch so denkt. Mit deiner Gottesfurcht! Die Reli- gion eines ehrlichen Mannes, die lasse ich noch gelten; das andere ist alles Qvakerey, hol mich der Teufel Qvakerey! Eure Pfaffen machen euch zu Narren. In Paris haben wir ein Sprüchwort - - - - - Meine Frau hielt ihm den Mund zu, und liess ihn nicht weiter reden.
Er
er ihr ſagte, waren ein paar Unflaetereyen, we- gen ihrer Schwangerſchaft. In dieſem Tone fuhr er fort, und rühmte ſeine Ausſchweifungen, die er in Paris begangen, und die er auch wohl nicht begangen hatte. Alle verdaechtige Haeu- ſer zaehlte er in einer ſo richtigen Ordnung her, wie Homer die Schiffe der Griechen. Wir er- fuhren die ſchaendlichſten Krankheiten, die er gehabt haben wollte, und von wem er ſie be- kommen; wenigſtens eine Marqviſinn muſste dieſe ſeyn. Er vertraute uns, in welchen zwey- deutigen Umſtaenden ſein entkraefteter Koerper noch itzt ſey. Dieſes alles ſagte er uns mit ei- ner faſelnden Lebhaftigkeit, die man nur von einem Raſenden erwarten kann.
Meine Frau, welche ſich nicht ſchaemt, eine vernünftige Chriſtinn zu ſeyn, ſchlug die Haen- de zuſammen. Biſt du es denn, Bruder! ſagte ſie, haſt du denn vor Gott und vor Menſchen keine Scheu? Du deutſche Beſtie! war ſeine Antwort; Schweſter, du weiſst nicht, was Le- ben iſt; komm mit nach Paris! Ihr Deutſchen lebt hier ſo ordentlich und geſund, wie das liebe Vieh, und daher koemmt es, daſs ihr auch ſo denkt. Mit deiner Gottesfurcht! Die Reli- gion eines ehrlichen Mannes, die laſse ich noch gelten; das andere iſt alles Qvakerey, hol mich der Teufel Qvakerey! Eure Pfaffen machen euch zu Narren. In Paris haben wir ein Sprüchwort ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Meine Frau hielt ihm den Mund zu, und lieſs ihn nicht weiter reden.
Er
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er ihr ſagte, waren ein paar Unflaetereyen, we-
gen ihrer Schwangerſchaft. In dieſem Tone
fuhr er fort, und rühmte ſeine Ausſchweifungen,
die er in Paris begangen, und die er auch wohl
nicht begangen hatte. Alle verdaechtige Haeu-
ſer zaehlte er in einer ſo richtigen Ordnung her,
wie Homer die Schiffe der Griechen. Wir er-
fuhren die ſchaendlichſten Krankheiten, die er
gehabt haben wollte, und von wem er ſie be-
kommen; wenigſtens eine Marqviſinn muſste
dieſe ſeyn. Er vertraute uns, in welchen zwey-
deutigen Umſtaenden ſein entkraefteter Koerper
noch itzt ſey. Dieſes alles ſagte er uns mit ei-
ner faſelnden Lebhaftigkeit, die man nur von
einem Raſenden erwarten kann.
Meine Frau, welche ſich nicht ſchaemt, eine
vernünftige Chriſtinn zu ſeyn, ſchlug die Haen-
de zuſammen. Biſt du es denn, Bruder! ſagte
ſie, haſt du denn vor Gott und vor Menſchen
keine Scheu? Du deutſche Beſtie! war ſeine
Antwort; Schweſter, du weiſst nicht, was Le-
ben iſt; komm mit nach Paris! Ihr Deutſchen
lebt hier ſo ordentlich und geſund, wie das
liebe Vieh, und daher koemmt es, daſs ihr auch
ſo denkt. Mit deiner Gottesfurcht! Die Reli-
gion eines ehrlichen Mannes, die laſse ich noch
gelten; das andere iſt alles Qvakerey, hol mich
der Teufel Qvakerey! Eure Pfaffen machen
euch zu Narren. In Paris haben wir ein
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/432>, abgerufen am 22.11.2024.
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