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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
"wohl Rath werden. Fiat executio! Jch habe
"den casum etlichemal in terminis gehabt - -
"Warum sehn sie mir so steif ins Gesicht? Jch
"habe drey Jahr in Franecker, und ein Jahr in
"Rinteln studirt, und ohne Ruhm zu melden - -
"aber ich will weiter nichts sagen. So bald ich
"nach Hause kam, heirathete ich die Tochter eines
"bey uns angesehenen Mannes, welcher mir seine
"Stelle abtrat. Es geht schon in den fünften
"Monat, daß ich Beysitzer in diesem Gerichte bin.
"Sie können nicht glauben, mein Herr, was für
"Jgnoranz unter den alten Graubärten, meinen
"Herren Collegen, herrscht. Gar keine Principia,
"nicht die geringsten! Lauter Schlendrian! Aber
"ich sage ihnen auch meine Meynung deutsch her-
"aus. Es macht mir allerdings sehr viel Ver-
"druß; aber ich kann mir nicht helfen. Meine
"Schuld ist es gar nicht, daß diese alten Männer
"so unwissend sind: Doch können sie auch mir
"es nicht übel nehmen, daß ich, ohne mich zu rüh-
"men, gelehrter und einsehender bin. Es ist wahr,
"so oft ich eine Meynung vorbringe, so oft wider-
"sprechen sie mir alle; aber dafür lasse ich ihnen
"auch niemals Recht. Was meynen sie wohl:
"Jch will ihnen einmal einen Casum proponi-
"ren." Hier ward mir angst, und ich sann auf
ein Mittel, mich von Jhro Hochweisheit loszuma-
chen. Jch fand es bald - - "Geben sie einmal
"Achtung, mein Herr, der Casus ist sonderbar!
"Aber eins muß ich vorher erinnern. Sie wis-
"sen den Huber - - -" O! mein Herr,

sagte

Antons Panßa von Mancha
„wohl Rath werden. Fiat executio! Jch habe
„den caſum etlichemal in terminis gehabt ‒ ‒
„Warum ſehn ſie mir ſo ſteif ins Geſicht? Jch
„habe drey Jahr in Franecker, und ein Jahr in
„Rinteln ſtudirt, und ohne Ruhm zu melden ‒ ‒
„aber ich will weiter nichts ſagen. So bald ich
„nach Hauſe kam, heirathete ich die Tochter eines
„bey uns angeſehenen Mannes, welcher mir ſeine
„Stelle abtrat. Es geht ſchon in den fuͤnften
„Monat, daß ich Beyſitzer in dieſem Gerichte bin.
„Sie koͤnnen nicht glauben, mein Herr, was fuͤr
„Jgnoranz unter den alten Graubaͤrten, meinen
„Herren Collegen, herrſcht. Gar keine Principia,
„nicht die geringſten! Lauter Schlendrian! Aber
„ich ſage ihnen auch meine Meynung deutſch her-
„aus. Es macht mir allerdings ſehr viel Ver-
„druß; aber ich kann mir nicht helfen. Meine
„Schuld iſt es gar nicht, daß dieſe alten Maͤnner
„ſo unwiſſend ſind: Doch koͤnnen ſie auch mir
„es nicht uͤbel nehmen, daß ich, ohne mich zu ruͤh-
„men, gelehrter und einſehender bin. Es iſt wahr,
„ſo oft ich eine Meynung vorbringe, ſo oft wider-
„ſprechen ſie mir alle; aber dafuͤr laſſe ich ihnen
„auch niemals Recht. Was meynen ſie wohl:
„Jch will ihnen einmal einen Caſum proponi-
„ren.„ Hier ward mir angſt, und ich ſann auf
ein Mittel, mich von Jhro Hochweisheit loszuma-
chen. Jch fand es bald ‒ ‒ „Geben ſie einmal
„Achtung, mein Herr, der Caſus iſt ſonderbar!
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„ſen den Huber ‒ ‒ ‒„ O! mein Herr,

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[360/0382] Antons Panßa von Mancha „wohl Rath werden. Fiat executio! Jch habe „den caſum etlichemal in terminis gehabt ‒ ‒ „Warum ſehn ſie mir ſo ſteif ins Geſicht? Jch „habe drey Jahr in Franecker, und ein Jahr in „Rinteln ſtudirt, und ohne Ruhm zu melden ‒ ‒ „aber ich will weiter nichts ſagen. So bald ich „nach Hauſe kam, heirathete ich die Tochter eines „bey uns angeſehenen Mannes, welcher mir ſeine „Stelle abtrat. Es geht ſchon in den fuͤnften „Monat, daß ich Beyſitzer in dieſem Gerichte bin. „Sie koͤnnen nicht glauben, mein Herr, was fuͤr „Jgnoranz unter den alten Graubaͤrten, meinen „Herren Collegen, herrſcht. Gar keine Principia, „nicht die geringſten! Lauter Schlendrian! Aber „ich ſage ihnen auch meine Meynung deutſch her- „aus. Es macht mir allerdings ſehr viel Ver- „druß; aber ich kann mir nicht helfen. Meine „Schuld iſt es gar nicht, daß dieſe alten Maͤnner „ſo unwiſſend ſind: Doch koͤnnen ſie auch mir „es nicht uͤbel nehmen, daß ich, ohne mich zu ruͤh- „men, gelehrter und einſehender bin. Es iſt wahr, „ſo oft ich eine Meynung vorbringe, ſo oft wider- „ſprechen ſie mir alle; aber dafuͤr laſſe ich ihnen „auch niemals Recht. Was meynen ſie wohl: „Jch will ihnen einmal einen Caſum proponi- „ren.„ Hier ward mir angſt, und ich ſann auf ein Mittel, mich von Jhro Hochweisheit loszuma- chen. Jch fand es bald ‒ ‒ „Geben ſie einmal „Achtung, mein Herr, der Caſus iſt ſonderbar! „Aber eins muß ich vorher erinnern. Sie wiſ- „ſen den Huber ‒ ‒ ‒„ O! mein Herr, ſagte

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/382>, abgerufen am 22.11.2024.