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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Abhandlung von Sprüchwörtern.
ten befand. Jch will zu einem jeden Charak-
ter die Taxe setzen: Daraus wird man sehen,
was für erstaunliche Summen in ganz Deutsch-
land zusammen kommen müssen, wenn meine
Gedankensteuer allgemein werden sollte, da schon
von der kleinen Gesellschaft, in der ich war, der
Beytrag so ansehnlich ausfällt.

Jch fuhr mit dem Marktschiffe von Frank-
furt nach Maynz. Da ich gewohnt bin, in un-
bekannten Gesellschaften sehr wenig zu reden,
und sehr gern viel zu hören; so setzte ich mich
in einen einsamen Winkel, wo ich die meisten
der Gesellschaft übersehen und hören konnte.

Ein Kaufmann, der mit Weinen handelte,
war der erste, der meine Aufmerksamkeit auf sich
zog. Er trat eben in das Schiff, als sich ein
erschreckliches Gelächter unter den Schiffern,
und einigen von der Gesellschaft erhob. Jch
fragte eine Frau, die nicht weit von mir saß,
nach der Ursache davon, welche mir antwortete:
"Der Herr hätte einen kleinen Spaß gemacht.
"Es werde was zu lachen setzen, da dieser Herr
"bey uns wäre: er scheine auf guter Laune zu
"seyn, und wenn er einmal anfange zu spaßen,
"so müsse man vor Lachen bersten." Jch
erschrak sehr über diese Nachricht, welche leider
mehr als zu gegründet war. Der Kaufmann,
welcher sich außer seiner Lebhaftigkeit, auch
dießmal witzig gesoffen haben mochte, trat bey
dem Mastbaume in die Höhe, und überschüttete

uns

Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
ten befand. Jch will zu einem jeden Charak-
ter die Taxe ſetzen: Daraus wird man ſehen,
was fuͤr erſtaunliche Summen in ganz Deutſch-
land zuſammen kommen muͤſſen, wenn meine
Gedankenſteuer allgemein werden ſollte, da ſchon
von der kleinen Geſellſchaft, in der ich war, der
Beytrag ſo anſehnlich ausfaͤllt.

Jch fuhr mit dem Marktſchiffe von Frank-
furt nach Maynz. Da ich gewohnt bin, in un-
bekannten Geſellſchaften ſehr wenig zu reden,
und ſehr gern viel zu hoͤren; ſo ſetzte ich mich
in einen einſamen Winkel, wo ich die meiſten
der Geſellſchaft uͤberſehen und hoͤren konnte.

Ein Kaufmann, der mit Weinen handelte,
war der erſte, der meine Aufmerkſamkeit auf ſich
zog. Er trat eben in das Schiff, als ſich ein
erſchreckliches Gelaͤchter unter den Schiffern,
und einigen von der Geſellſchaft erhob. Jch
fragte eine Frau, die nicht weit von mir ſaß,
nach der Urſache davon, welche mir antwortete:
„Der Herr haͤtte einen kleinen Spaß gemacht.
„Es werde was zu lachen ſetzen, da dieſer Herr
„bey uns waͤre: er ſcheine auf guter Laune zu
„ſeyn, und wenn er einmal anfange zu ſpaßen,
„ſo muͤſſe man vor Lachen berſten.„ Jch
erſchrak ſehr uͤber dieſe Nachricht, welche leider
mehr als zu gegruͤndet war. Der Kaufmann,
welcher ſich außer ſeiner Lebhaftigkeit, auch
dießmal witzig geſoffen haben mochte, trat bey
dem Maſtbaume in die Hoͤhe, und uͤberſchuͤttete

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[349/0371] Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern. ten befand. Jch will zu einem jeden Charak- ter die Taxe ſetzen: Daraus wird man ſehen, was fuͤr erſtaunliche Summen in ganz Deutſch- land zuſammen kommen muͤſſen, wenn meine Gedankenſteuer allgemein werden ſollte, da ſchon von der kleinen Geſellſchaft, in der ich war, der Beytrag ſo anſehnlich ausfaͤllt. Jch fuhr mit dem Marktſchiffe von Frank- furt nach Maynz. Da ich gewohnt bin, in un- bekannten Geſellſchaften ſehr wenig zu reden, und ſehr gern viel zu hoͤren; ſo ſetzte ich mich in einen einſamen Winkel, wo ich die meiſten der Geſellſchaft uͤberſehen und hoͤren konnte. Ein Kaufmann, der mit Weinen handelte, war der erſte, der meine Aufmerkſamkeit auf ſich zog. Er trat eben in das Schiff, als ſich ein erſchreckliches Gelaͤchter unter den Schiffern, und einigen von der Geſellſchaft erhob. Jch fragte eine Frau, die nicht weit von mir ſaß, nach der Urſache davon, welche mir antwortete: „Der Herr haͤtte einen kleinen Spaß gemacht. „Es werde was zu lachen ſetzen, da dieſer Herr „bey uns waͤre: er ſcheine auf guter Laune zu „ſeyn, und wenn er einmal anfange zu ſpaßen, „ſo muͤſſe man vor Lachen berſten.„ Jch erſchrak ſehr uͤber dieſe Nachricht, welche leider mehr als zu gegruͤndet war. Der Kaufmann, welcher ſich außer ſeiner Lebhaftigkeit, auch dießmal witzig geſoffen haben mochte, trat bey dem Maſtbaume in die Hoͤhe, und uͤberſchuͤttete uns

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/371>, abgerufen am 25.11.2024.