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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
sinnig, als daß sie es einsehen, und gar zu gelehrt,
als daß sie es verstehen sollten. Sie möchten
weinen, wenn ich ihnen ihre Puppe nähme. Jch
will sie ihnen also lassen, und ich will ihnen so gar
die Freyheit lassen, zu glauben, daß sie erfahrne,
belesne, scharfsinnige, geistvolle, - - - was weis ich
alles, was sie seyn wollen? mit einem Worte:
sie sollen die Erlaubniß haben, zu glauben, daß sie
in der That das sind, was sie gewiß nicht sind.
Aber, meine Kinder, umsonst kann ich ihnen eine
solche Thorheit nicht verstatten. Sie müssen mir
für diese Erlaubniß etwas zu meiner Gedanken-
steuer beytragen. Viel will ich von ihnen nicht
nehmen, weil sie größtentheils noch unmündig,
und außer dem, was ihnen ihr mildthätiger Verle-
ger großmüthig zuwirft, noch nicht Herren über
ihr Vermögen sind: Aber gar umsonst können sie
es auch gewiß nicht verlangen. Und wenn ihnen
auch die Taxe ein wenig zu hoch vorkäme; so dür-
fen sie ja nur bedenken, daß dergleichen Abgaben
nicht lange, und nicht viel länger, als zehn Jahre
dauren. Denn, wer in seinem zwanzigsten Jahre
ein unsterblicher Autor in Qvart ist, der ist gemei-
niglich im dreyßigsten Jahre Corrector in einer
Druckerey, und also von dieser Auflage befreyt.

So soll, zum Exempel, ein moralischer Knabe,
welcher nur vor ein paar Jahren noch am Kinder-
zaume lief, und itzo schon die Welt lehrt, wie sie
auf dem Wege der Tugend wandeln solle, für

das

Antons Panßa von Mancha
ſinnig, als daß ſie es einſehen, und gar zu gelehrt,
als daß ſie es verſtehen ſollten. Sie moͤchten
weinen, wenn ich ihnen ihre Puppe naͤhme. Jch
will ſie ihnen alſo laſſen, und ich will ihnen ſo gar
die Freyheit laſſen, zu glauben, daß ſie erfahrne,
beleſne, ſcharfſinnige, geiſtvolle, ‒ ‒ ‒ was weis ich
alles, was ſie ſeyn wollen? mit einem Worte:
ſie ſollen die Erlaubniß haben, zu glauben, daß ſie
in der That das ſind, was ſie gewiß nicht ſind.
Aber, meine Kinder, umſonſt kann ich ihnen eine
ſolche Thorheit nicht verſtatten. Sie muͤſſen mir
fuͤr dieſe Erlaubniß etwas zu meiner Gedanken-
ſteuer beytragen. Viel will ich von ihnen nicht
nehmen, weil ſie groͤßtentheils noch unmuͤndig,
und außer dem, was ihnen ihr mildthaͤtiger Verle-
ger großmuͤthig zuwirft, noch nicht Herren uͤber
ihr Vermoͤgen ſind: Aber gar umſonſt koͤnnen ſie
es auch gewiß nicht verlangen. Und wenn ihnen
auch die Taxe ein wenig zu hoch vorkaͤme; ſo duͤr-
fen ſie ja nur bedenken, daß dergleichen Abgaben
nicht lange, und nicht viel laͤnger, als zehn Jahre
dauren. Denn, wer in ſeinem zwanzigſten Jahre
ein unſterblicher Autor in Qvart iſt, der iſt gemei-
niglich im dreyßigſten Jahre Corrector in einer
Druckerey, und alſo von dieſer Auflage befreyt.

So ſoll, zum Exempel, ein moraliſcher Knabe,
welcher nur vor ein paar Jahren noch am Kinder-
zaume lief, und itzo ſchon die Welt lehrt, wie ſie
auf dem Wege der Tugend wandeln ſolle, fuͤr

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[322/0344] Antons Panßa von Mancha ſinnig, als daß ſie es einſehen, und gar zu gelehrt, als daß ſie es verſtehen ſollten. Sie moͤchten weinen, wenn ich ihnen ihre Puppe naͤhme. Jch will ſie ihnen alſo laſſen, und ich will ihnen ſo gar die Freyheit laſſen, zu glauben, daß ſie erfahrne, beleſne, ſcharfſinnige, geiſtvolle, ‒ ‒ ‒ was weis ich alles, was ſie ſeyn wollen? mit einem Worte: ſie ſollen die Erlaubniß haben, zu glauben, daß ſie in der That das ſind, was ſie gewiß nicht ſind. Aber, meine Kinder, umſonſt kann ich ihnen eine ſolche Thorheit nicht verſtatten. Sie muͤſſen mir fuͤr dieſe Erlaubniß etwas zu meiner Gedanken- ſteuer beytragen. Viel will ich von ihnen nicht nehmen, weil ſie groͤßtentheils noch unmuͤndig, und außer dem, was ihnen ihr mildthaͤtiger Verle- ger großmuͤthig zuwirft, noch nicht Herren uͤber ihr Vermoͤgen ſind: Aber gar umſonſt koͤnnen ſie es auch gewiß nicht verlangen. Und wenn ihnen auch die Taxe ein wenig zu hoch vorkaͤme; ſo duͤr- fen ſie ja nur bedenken, daß dergleichen Abgaben nicht lange, und nicht viel laͤnger, als zehn Jahre dauren. Denn, wer in ſeinem zwanzigſten Jahre ein unſterblicher Autor in Qvart iſt, der iſt gemei- niglich im dreyßigſten Jahre Corrector in einer Druckerey, und alſo von dieſer Auflage befreyt. So ſoll, zum Exempel, ein moraliſcher Knabe, welcher nur vor ein paar Jahren noch am Kinder- zaume lief, und itzo ſchon die Welt lehrt, wie ſie auf dem Wege der Tugend wandeln ſolle, fuͤr das

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/344>, abgerufen am 22.11.2024.