und die Komödianten mit den artigen Unfläte- reyen den meisten Beyfall, und das meiste Geld verdienen; so werde ich wohl auf diese die stärk- ste Taxe legen. Jch werde aber einen sehr sorg- fältigen Unterschied zwischen den witzigen Zoten des Dichters, zwischen dem zweydeutigen Schwun- ge, den die Mienen, die Aussprache, und beson- ders die Stellung des Frauenzimmers, welches die Rolle hat, einem oft gleichgültigen Ausdrucke ge- ben, und endlich zwischen den unflätigen Ausle- gungen machen, welche der Parterrepöbel, (denn auch in Deutschland giebt es auf dem Parterre viel witzigen und angesehnen Pöbel,) bey einer Stelle macht, die weder der Dichter unvorsichtig gedacht, noch der Komödiant leichtsinnig vorge- stellt hat.
Wegen unsrer höhern Gedichte bin ich bey mir selbst noch sehr unschlüßig. Jch weis in der That noch nicht, wodurch ich am meisten verdienen wer- de: Ob durch das hoch am Olympe dahin er- tönende Brüllen der Donner einiger unglück- lichen Nachahmer des Hexameters; oder durch die glänzende Sonne und liebliche Wonne un- srer kriechenden Reimer. Jch will die Sache überlegen.
Weil meine patriotische Vorsorge sich auf alle Arten des Witzes erstreckt: so kann man wohl glauben, daß ich auch für diejenigen sorge, welche in den übrigen Arten der Gedichte unsterblich
wer-
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
und die Komoͤdianten mit den artigen Unflaͤte- reyen den meiſten Beyfall, und das meiſte Geld verdienen; ſo werde ich wohl auf dieſe die ſtaͤrk- ſte Taxe legen. Jch werde aber einen ſehr ſorg- faͤltigen Unterſchied zwiſchen den witzigen Zoten des Dichters, zwiſchen dem zweydeutigen Schwun- ge, den die Mienen, die Ausſprache, und beſon- ders die Stellung des Frauenzimmers, welches die Rolle hat, einem oft gleichguͤltigen Ausdrucke ge- ben, und endlich zwiſchen den unflaͤtigen Ausle- gungen machen, welche der Parterrepoͤbel, (denn auch in Deutſchland giebt es auf dem Parterre viel witzigen und angeſehnen Poͤbel,) bey einer Stelle macht, die weder der Dichter unvorſichtig gedacht, noch der Komoͤdiant leichtſinnig vorge- ſtellt hat.
Wegen unſrer hoͤhern Gedichte bin ich bey mir ſelbſt noch ſehr unſchluͤßig. Jch weis in der That noch nicht, wodurch ich am meiſten verdienen wer- de: Ob durch das hoch am Olympe dahin er- toͤnende Bruͤllen der Donner einiger ungluͤck- lichen Nachahmer des Hexameters; oder durch die glaͤnzende Sonne und liebliche Wonne un- ſrer kriechenden Reimer. Jch will die Sache uͤberlegen.
Weil meine patriotiſche Vorſorge ſich auf alle Arten des Witzes erſtreckt: ſo kann man wohl glauben, daß ich auch fuͤr diejenigen ſorge, welche in den uͤbrigen Arten der Gedichte unſterblich
wer-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0341"n="319"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.</hi></fw><lb/>
und die Komoͤdianten mit den <hirendition="#fr">artigen Unflaͤte-<lb/>
reyen</hi> den meiſten Beyfall, und das meiſte Geld<lb/>
verdienen; ſo werde ich wohl auf dieſe die ſtaͤrk-<lb/>ſte Taxe legen. Jch werde aber einen ſehr ſorg-<lb/>
faͤltigen Unterſchied zwiſchen den witzigen Zoten<lb/>
des Dichters, zwiſchen dem zweydeutigen Schwun-<lb/>
ge, den die Mienen, die Ausſprache, und beſon-<lb/>
ders die Stellung des Frauenzimmers, welches die<lb/>
Rolle hat, einem oft gleichguͤltigen Ausdrucke ge-<lb/>
ben, und endlich zwiſchen den unflaͤtigen Ausle-<lb/>
gungen machen, welche der Parterrepoͤbel, (denn<lb/>
auch in Deutſchland giebt es auf dem Parterre<lb/>
viel witzigen und angeſehnen Poͤbel,) bey einer<lb/>
Stelle macht, die weder der Dichter unvorſichtig<lb/>
gedacht, noch der Komoͤdiant leichtſinnig vorge-<lb/>ſtellt hat.</p><lb/><p>Wegen unſrer hoͤhern Gedichte bin ich bey mir<lb/>ſelbſt noch ſehr unſchluͤßig. Jch weis in der That<lb/>
noch nicht, wodurch ich am meiſten verdienen wer-<lb/>
de: Ob durch das <hirendition="#fr">hoch am Olympe dahin er-<lb/>
toͤnende Bruͤllen der Donner</hi> einiger ungluͤck-<lb/>
lichen Nachahmer des Hexameters; oder durch<lb/>
die <hirendition="#fr">glaͤnzende Sonne</hi> und <hirendition="#fr">liebliche Wonne</hi> un-<lb/>ſrer kriechenden Reimer. Jch will die Sache<lb/>
uͤberlegen.</p><lb/><p>Weil meine patriotiſche Vorſorge ſich auf alle<lb/>
Arten des Witzes erſtreckt: ſo kann man wohl<lb/>
glauben, daß ich auch fuͤr diejenigen ſorge, welche<lb/>
in den uͤbrigen Arten der Gedichte unſterblich<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wer-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[319/0341]
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
und die Komoͤdianten mit den artigen Unflaͤte-
reyen den meiſten Beyfall, und das meiſte Geld
verdienen; ſo werde ich wohl auf dieſe die ſtaͤrk-
ſte Taxe legen. Jch werde aber einen ſehr ſorg-
faͤltigen Unterſchied zwiſchen den witzigen Zoten
des Dichters, zwiſchen dem zweydeutigen Schwun-
ge, den die Mienen, die Ausſprache, und beſon-
ders die Stellung des Frauenzimmers, welches die
Rolle hat, einem oft gleichguͤltigen Ausdrucke ge-
ben, und endlich zwiſchen den unflaͤtigen Ausle-
gungen machen, welche der Parterrepoͤbel, (denn
auch in Deutſchland giebt es auf dem Parterre
viel witzigen und angeſehnen Poͤbel,) bey einer
Stelle macht, die weder der Dichter unvorſichtig
gedacht, noch der Komoͤdiant leichtſinnig vorge-
ſtellt hat.
Wegen unſrer hoͤhern Gedichte bin ich bey mir
ſelbſt noch ſehr unſchluͤßig. Jch weis in der That
noch nicht, wodurch ich am meiſten verdienen wer-
de: Ob durch das hoch am Olympe dahin er-
toͤnende Bruͤllen der Donner einiger ungluͤck-
lichen Nachahmer des Hexameters; oder durch
die glaͤnzende Sonne und liebliche Wonne un-
ſrer kriechenden Reimer. Jch will die Sache
uͤberlegen.
Weil meine patriotiſche Vorſorge ſich auf alle
Arten des Witzes erſtreckt: ſo kann man wohl
glauben, daß ich auch fuͤr diejenigen ſorge, welche
in den uͤbrigen Arten der Gedichte unſterblich
wer-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/341>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.