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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Abhandlung von Sprüchwörtern.

Wenn die Grazien wiegen müssen, kostet
es - - - 1 Fettmännchen.

Flohr, Boy, Cypressen, wenn sie zu der
Leiche eines Handwerksmanns gebraucht werden,
kosten - - - 1 Stüver.

Sind sie aber für eine Standesperson,
nur - - - 1/2 Stüver.

Ein Wortspiel auf den Namen desjenigen,
den der Gratulant besingt, kostet billig - 1 Schill.
und es ist nicht zu viel; denn in der That ist das
Wortspiel gemeiniglich das Hauptwerk vom Ge-
dichte.

Nach diesen Preisen werden die übrigen Ta-
xen gar leicht fest zu stellen seyn.

Nun mache man einmal den Ueberschlag auf
folgende Art. Unter 6586. elenden Dichtern sind
wenigstens 4000. Gratulanten. Jn einem Jahre
haben die Mäcenaten in Ober- und Niedersach-
sen, ich will nur wenig sagen,

10000. Geburtstage,
20000. Namenstage. Hiezu kommen:
1000. Hochzeiten ungefähr,
2000. Leichen, und

3000. außerordentliche Begebenheiten, die
nothwendig besungen werden müssen. Jn einem
jeden Liede, welches der Nachwelt angestimmt
wird, kommen wenigstens 30. Stücke vor, die tax-

mäßig
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.

Wenn die Grazien wiegen muͤſſen, koſtet
es ‒ ‒ ‒ 1 Fettmaͤnnchen.

Flohr, Boy, Cypreſſen, wenn ſie zu der
Leiche eines Handwerksmanns gebraucht werden,
koſten ‒ ‒ ‒ 1 Stuͤver.

Sind ſie aber fuͤr eine Standesperſon,
nur ‒ ‒ ‒ ½ Stuͤver.

Ein Wortſpiel auf den Namen desjenigen,
den der Gratulant beſingt, koſtet billig ‒ 1 Schill.
und es iſt nicht zu viel; denn in der That iſt das
Wortſpiel gemeiniglich das Hauptwerk vom Ge-
dichte.

Nach dieſen Preiſen werden die uͤbrigen Ta-
xen gar leicht feſt zu ſtellen ſeyn.

Nun mache man einmal den Ueberſchlag auf
folgende Art. Unter 6586. elenden Dichtern ſind
wenigſtens 4000. Gratulanten. Jn einem Jahre
haben die Maͤcenaten in Ober- und Niederſach-
ſen, ich will nur wenig ſagen,

10000. Geburtstage,
20000. Namenstage. Hiezu kommen:
1000. Hochzeiten ungefaͤhr,
2000. Leichen, und

3000. außerordentliche Begebenheiten, die
nothwendig beſungen werden muͤſſen. Jn einem
jeden Liede, welches der Nachwelt angeſtimmt
wird, kommen wenigſtens 30. Stuͤcke vor, die tax-

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[315/0337] Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern. Wenn die Grazien wiegen muͤſſen, koſtet es ‒ ‒ ‒ 1 Fettmaͤnnchen. Flohr, Boy, Cypreſſen, wenn ſie zu der Leiche eines Handwerksmanns gebraucht werden, koſten ‒ ‒ ‒ 1 Stuͤver. Sind ſie aber fuͤr eine Standesperſon, nur ‒ ‒ ‒ ½ Stuͤver. Ein Wortſpiel auf den Namen desjenigen, den der Gratulant beſingt, koſtet billig ‒ 1 Schill. und es iſt nicht zu viel; denn in der That iſt das Wortſpiel gemeiniglich das Hauptwerk vom Ge- dichte. Nach dieſen Preiſen werden die uͤbrigen Ta- xen gar leicht feſt zu ſtellen ſeyn. Nun mache man einmal den Ueberſchlag auf folgende Art. Unter 6586. elenden Dichtern ſind wenigſtens 4000. Gratulanten. Jn einem Jahre haben die Maͤcenaten in Ober- und Niederſach- ſen, ich will nur wenig ſagen, 10000. Geburtstage, 20000. Namenstage. Hiezu kommen: 1000. Hochzeiten ungefaͤhr, 2000. Leichen, und 3000. außerordentliche Begebenheiten, die nothwendig beſungen werden muͤſſen. Jn einem jeden Liede, welches der Nachwelt angeſtimmt wird, kommen wenigſtens 30. Stuͤcke vor, die tax- maͤßig

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/337>, abgerufen am 25.11.2024.