So oft er an einem der europäischen Höfe ei- nen Staatsfehler entdeckt, so soll er schuldig seyn, dieses Vergnügen über seine schlaue Einsicht mit 20 Stüvern zu lösen. Jch setze mit Fleiß keine große Summe; denn sonst würde ich ihn in kur- zer Zeit an den Bettelstab bringen, da beynahe kein Posttag vergeht, wo er nicht einige derglei- chen Fehler entdeckt.
Bringt er die Sache mit dem Könige Theo- dor nicht zu Stande; so soll er ein vor allemal 10 fl. entrichten, und dafür die Erlaubniß haben, zu glauben, daß er gewiß zu seinem Zwecke ge- langt seyn würde, wenn Theodor nicht selbst zu schläfrig gewesen wäre.
Jch will ihm erlauben, daß er sich zu dieser Gedankensteuer von seinem Markthelfer, und dem Barbier einen Zuschuß geben lasse.
Es ist mir nahe gegangen, so oft ich an die Eifersucht gedacht habe, welche man an den mei- sten Orten zwischen den Gelehrten und den Kauf- leuten wahrnimmt. Jch sage gar nichts neues, wenn ich behaupte, daß die Handlung das Leben eines Staats ist. Sie unterhält eine Menge von Menschen in Bewegung, welche den wichtigsten Theil der Unterthanen ausmachen. Hundert ämsige Familien haben ihr Brodt durch die Hand eines einzigen Kaufmanns, welcher in seiner Schreibestube die Correspondenz führt. Dieses nützliche Mitglied des gemeinen Wesens sorgt für
unsre
Antons Panßa von Mancha
So oft er an einem der europaͤiſchen Hoͤfe ei- nen Staatsfehler entdeckt, ſo ſoll er ſchuldig ſeyn, dieſes Vergnuͤgen uͤber ſeine ſchlaue Einſicht mit 20 Stuͤvern zu loͤſen. Jch ſetze mit Fleiß keine große Summe; denn ſonſt wuͤrde ich ihn in kur- zer Zeit an den Bettelſtab bringen, da beynahe kein Poſttag vergeht, wo er nicht einige derglei- chen Fehler entdeckt.
Bringt er die Sache mit dem Koͤnige Theo- dor nicht zu Stande; ſo ſoll er ein vor allemal 10 fl. entrichten, und dafuͤr die Erlaubniß haben, zu glauben, daß er gewiß zu ſeinem Zwecke ge- langt ſeyn wuͤrde, wenn Theodor nicht ſelbſt zu ſchlaͤfrig geweſen waͤre.
Jch will ihm erlauben, daß er ſich zu dieſer Gedankenſteuer von ſeinem Markthelfer, und dem Barbier einen Zuſchuß geben laſſe.
Es iſt mir nahe gegangen, ſo oft ich an die Eiferſucht gedacht habe, welche man an den mei- ſten Orten zwiſchen den Gelehrten und den Kauf- leuten wahrnimmt. Jch ſage gar nichts neues, wenn ich behaupte, daß die Handlung das Leben eines Staats iſt. Sie unterhaͤlt eine Menge von Menſchen in Bewegung, welche den wichtigſten Theil der Unterthanen ausmachen. Hundert aͤmſige Familien haben ihr Brodt durch die Hand eines einzigen Kaufmanns, welcher in ſeiner Schreibeſtube die Correſpondenz fuͤhrt. Dieſes nuͤtzliche Mitglied des gemeinen Weſens ſorgt fuͤr
unſre
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0322"n="300"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/><p>So oft er an einem der europaͤiſchen Hoͤfe ei-<lb/>
nen Staatsfehler entdeckt, ſo ſoll er ſchuldig ſeyn,<lb/>
dieſes Vergnuͤgen uͤber ſeine ſchlaue Einſicht mit<lb/>
20 Stuͤvern zu loͤſen. Jch ſetze mit Fleiß keine<lb/>
große Summe; denn ſonſt wuͤrde ich ihn in kur-<lb/>
zer Zeit an den Bettelſtab bringen, da beynahe<lb/>
kein Poſttag vergeht, wo er nicht einige derglei-<lb/>
chen Fehler entdeckt.</p><lb/><p>Bringt er die Sache mit dem Koͤnige Theo-<lb/>
dor nicht zu Stande; ſo ſoll er ein vor allemal<lb/>
10 fl. entrichten, und dafuͤr die Erlaubniß haben,<lb/>
zu glauben, daß er gewiß zu ſeinem Zwecke ge-<lb/>
langt ſeyn wuͤrde, wenn Theodor nicht ſelbſt zu<lb/>ſchlaͤfrig geweſen waͤre.</p><lb/><p>Jch will ihm erlauben, daß er ſich zu dieſer<lb/>
Gedankenſteuer von ſeinem Markthelfer, und dem<lb/>
Barbier einen Zuſchuß geben laſſe.</p><lb/><p>Es iſt mir nahe gegangen, ſo oft ich an die<lb/>
Eiferſucht gedacht habe, welche man an den mei-<lb/>ſten Orten zwiſchen den <hirendition="#fr">Gelehrten</hi> und den <hirendition="#fr">Kauf-<lb/>
leuten</hi> wahrnimmt. Jch ſage gar nichts neues,<lb/>
wenn ich behaupte, daß die Handlung das Leben<lb/>
eines Staats iſt. Sie unterhaͤlt eine Menge von<lb/>
Menſchen in Bewegung, welche den wichtigſten<lb/>
Theil der Unterthanen ausmachen. Hundert<lb/>
aͤmſige Familien haben ihr Brodt durch die Hand<lb/>
eines einzigen Kaufmanns, welcher in ſeiner<lb/>
Schreibeſtube die Correſpondenz fuͤhrt. Dieſes<lb/>
nuͤtzliche Mitglied des gemeinen Weſens ſorgt fuͤr<lb/><fwplace="bottom"type="catch">unſre</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[300/0322]
Antons Panßa von Mancha
So oft er an einem der europaͤiſchen Hoͤfe ei-
nen Staatsfehler entdeckt, ſo ſoll er ſchuldig ſeyn,
dieſes Vergnuͤgen uͤber ſeine ſchlaue Einſicht mit
20 Stuͤvern zu loͤſen. Jch ſetze mit Fleiß keine
große Summe; denn ſonſt wuͤrde ich ihn in kur-
zer Zeit an den Bettelſtab bringen, da beynahe
kein Poſttag vergeht, wo er nicht einige derglei-
chen Fehler entdeckt.
Bringt er die Sache mit dem Koͤnige Theo-
dor nicht zu Stande; ſo ſoll er ein vor allemal
10 fl. entrichten, und dafuͤr die Erlaubniß haben,
zu glauben, daß er gewiß zu ſeinem Zwecke ge-
langt ſeyn wuͤrde, wenn Theodor nicht ſelbſt zu
ſchlaͤfrig geweſen waͤre.
Jch will ihm erlauben, daß er ſich zu dieſer
Gedankenſteuer von ſeinem Markthelfer, und dem
Barbier einen Zuſchuß geben laſſe.
Es iſt mir nahe gegangen, ſo oft ich an die
Eiferſucht gedacht habe, welche man an den mei-
ſten Orten zwiſchen den Gelehrten und den Kauf-
leuten wahrnimmt. Jch ſage gar nichts neues,
wenn ich behaupte, daß die Handlung das Leben
eines Staats iſt. Sie unterhaͤlt eine Menge von
Menſchen in Bewegung, welche den wichtigſten
Theil der Unterthanen ausmachen. Hundert
aͤmſige Familien haben ihr Brodt durch die Hand
eines einzigen Kaufmanns, welcher in ſeiner
Schreibeſtube die Correſpondenz fuͤhrt. Dieſes
nuͤtzliche Mitglied des gemeinen Weſens ſorgt fuͤr
unſre
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/322>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.