er aus der Erfahrung hat, daß man nicht sicher genug ist, wenn man sich bereden läßt, Vorneh- mern zu leihen.
Es giebt Bürger, welche dem Vaterlande durch ihren Verstand, durch Tapferkeit und Fleiß so heilsame Dienste geleistet, daß ihre Versetzung in den Adelstand eine billige Belohnung, und zu- gleich für andere eine nützliche Aufmunterung ist, sich auf gleiche Art um ihr Vaterland verdient zu machen. Man hat sich schon oft Mühe gegeben, zu beweisen, daß ein solcher Mann, welcher durch seine eignen Verdienste den Vorzug erlangt, der erste Edelmann in seinem Hause zu seyn, mehr Achtung verdiene, als derjenige, welcher durch die Geburt der neunte Edelmann in seiner Familie, und also dieses Glück einem ganz ungefähren Zu- falle, wenigstens seinen eignen Verdiensten nicht, schuldig ist. Ungeachtet dieser gegründeten, und so oft wiederholten Moral, lehrt doch die Erfah- rung, daß die Neugeadelten gemeiniglich von je- nen verachtet, oder beneidet werden. Sie äußern diese unbillige Gesinnung öffentlich in Gesellschaf- ten. Es sind nur zwo Ursachen, welche sie von dergleichen Beleidigungen zurückhalten können: Der Schutz des Prinzen, der die Verdienste dieser neuen Edelleute kennt; oder ihr Geld, welches, so neu es auch ist, denen von altem Adel doch immer angenehm, und oft sehr unentbehrlich ist. Da ich sie nicht abhalten kann, so unbillig zu denken: so will ich doch wenigstens Anstalt machen, daß sie
nicht
Antons Panßa von Mancha
er aus der Erfahrung hat, daß man nicht ſicher genug iſt, wenn man ſich bereden laͤßt, Vorneh- mern zu leihen.
Es giebt Buͤrger, welche dem Vaterlande durch ihren Verſtand, durch Tapferkeit und Fleiß ſo heilſame Dienſte geleiſtet, daß ihre Verſetzung in den Adelſtand eine billige Belohnung, und zu- gleich fuͤr andere eine nuͤtzliche Aufmunterung iſt, ſich auf gleiche Art um ihr Vaterland verdient zu machen. Man hat ſich ſchon oft Muͤhe gegeben, zu beweiſen, daß ein ſolcher Mann, welcher durch ſeine eignen Verdienſte den Vorzug erlangt, der erſte Edelmann in ſeinem Hauſe zu ſeyn, mehr Achtung verdiene, als derjenige, welcher durch die Geburt der neunte Edelmann in ſeiner Familie, und alſo dieſes Gluͤck einem ganz ungefaͤhren Zu- falle, wenigſtens ſeinen eignen Verdienſten nicht, ſchuldig iſt. Ungeachtet dieſer gegruͤndeten, und ſo oft wiederholten Moral, lehrt doch die Erfah- rung, daß die Neugeadelten gemeiniglich von je- nen verachtet, oder beneidet werden. Sie aͤußern dieſe unbillige Geſinnung oͤffentlich in Geſellſchaf- ten. Es ſind nur zwo Urſachen, welche ſie von dergleichen Beleidigungen zuruͤckhalten koͤnnen: Der Schutz des Prinzen, der die Verdienſte dieſer neuen Edelleute kennt; oder ihr Geld, welches, ſo neu es auch iſt, denen von altem Adel doch immer angenehm, und oft ſehr unentbehrlich iſt. Da ich ſie nicht abhalten kann, ſo unbillig zu denken: ſo will ich doch wenigſtens Anſtalt machen, daß ſie
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Antons Panßa von Mancha
er aus der Erfahrung hat, daß man nicht ſicher
genug iſt, wenn man ſich bereden laͤßt, Vorneh-
mern zu leihen.
Es giebt Buͤrger, welche dem Vaterlande
durch ihren Verſtand, durch Tapferkeit und Fleiß
ſo heilſame Dienſte geleiſtet, daß ihre Verſetzung
in den Adelſtand eine billige Belohnung, und zu-
gleich fuͤr andere eine nuͤtzliche Aufmunterung iſt,
ſich auf gleiche Art um ihr Vaterland verdient zu
machen. Man hat ſich ſchon oft Muͤhe gegeben,
zu beweiſen, daß ein ſolcher Mann, welcher durch
ſeine eignen Verdienſte den Vorzug erlangt, der
erſte Edelmann in ſeinem Hauſe zu ſeyn, mehr
Achtung verdiene, als derjenige, welcher durch die
Geburt der neunte Edelmann in ſeiner Familie,
und alſo dieſes Gluͤck einem ganz ungefaͤhren Zu-
falle, wenigſtens ſeinen eignen Verdienſten nicht,
ſchuldig iſt. Ungeachtet dieſer gegruͤndeten, und
ſo oft wiederholten Moral, lehrt doch die Erfah-
rung, daß die Neugeadelten gemeiniglich von je-
nen verachtet, oder beneidet werden. Sie aͤußern
dieſe unbillige Geſinnung oͤffentlich in Geſellſchaf-
ten. Es ſind nur zwo Urſachen, welche ſie von
dergleichen Beleidigungen zuruͤckhalten koͤnnen:
Der Schutz des Prinzen, der die Verdienſte dieſer
neuen Edelleute kennt; oder ihr Geld, welches, ſo
neu es auch iſt, denen von altem Adel doch immer
angenehm, und oft ſehr unentbehrlich iſt. Da ich
ſie nicht abhalten kann, ſo unbillig zu denken: ſo
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/314>, abgerufen am 25.11.2024.
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