Schutzrede war ich meinem besten Freunde schul- dig: Jch komme wieder zum Hauptsatze.
Ein alter Junggeselle, welcher das Recht ha- ben will, zu glauben, daß er nur aus Vorsicht und Klugheit nicht heirathe, soll jährlich Gedan- kensteuer geben - - - 2 fl. -: Und so bald er damit den Schein gelöst hat, so soll, bey schwerer Strafe, kein Mensch in der Ge- sellschaft befugt seyn, ihn an die Körbe zu erin- nern, die er, vom zwanzigsten bis ins funfzigste Jahr, bekommen hat.
Alte Junggesellen, die so unverschämt sind, zu glauben, daß es in ihren jungen Jahren Mädchen gegeben habe, die aus Liebe zu ihnen jämmerlich da- hin gestorben sind; die sollen geben - 1fl. -: Die aber noch in ihrem funzigsten Jahre coquettiren, und albern genug sind, zu glauben, daß die schönen Kinder, so bald sie ihr zärtliches Gerippe erblicken, seufzen, und nicht lachen; die geben - 2fl. -, und also noch einmal so viel; denn sie sind noch einmal so große Thoren.
Bey uns in Westphalen, und vielleicht noch an mehrern Orten in Deutschland, giebt es keine grössern Hahnreye, als die alten Junggesellen sind, welche sich Maitressen halten. Da die ganze Stadt dieses weis, und sie doch die ganze Stadt von der seltnen Keuschheit ihrer Beyschläferinnen überfüh- ren wollen, so werden sie es nicht unbillig finden, wenn ich die Taxe ein wenig hoch setze. Dieser
Gedan-
Antons Panßa von Mancha
Schutzrede war ich meinem beſten Freunde ſchul- dig: Jch komme wieder zum Hauptſatze.
Ein alter Junggeſelle, welcher das Recht ha- ben will, zu glauben, daß er nur aus Vorſicht und Klugheit nicht heirathe, ſoll jaͤhrlich Gedan- kenſteuer geben ‒ ‒ ‒ 2 fl. ‒: Und ſo bald er damit den Schein geloͤſt hat, ſo ſoll, bey ſchwerer Strafe, kein Menſch in der Ge- ſellſchaft befugt ſeyn, ihn an die Koͤrbe zu erin- nern, die er, vom zwanzigſten bis ins funfzigſte Jahr, bekommen hat.
Alte Junggeſellen, die ſo unverſchaͤmt ſind, zu glauben, daß es in ihren jungen Jahren Maͤdchen gegeben habe, die aus Liebe zu ihnen jaͤmmerlich da- hin geſtorben ſind; die ſollen geben ‒ 1fl. ‒: Die aber noch in ihrem funzigſten Jahre coquettiren, und albern genug ſind, zu glauben, daß die ſchoͤnen Kinder, ſo bald ſie ihr zaͤrtliches Gerippe erblicken, ſeufzen, und nicht lachen; die geben ‒ 2fl. ‒, und alſo noch einmal ſo viel; denn ſie ſind noch einmal ſo große Thoren.
Bey uns in Weſtphalen, und vielleicht noch an mehrern Orten in Deutſchland, giebt es keine groͤſſern Hahnreye, als die alten Junggeſellen ſind, welche ſich Maitreſſen halten. Da die ganze Stadt dieſes weis, und ſie doch die ganze Stadt von der ſeltnen Keuſchheit ihrer Beyſchlaͤferinnen uͤberfuͤh- ren wollen, ſo werden ſie es nicht unbillig finden, wenn ich die Taxe ein wenig hoch ſetze. Dieſer
Gedan-
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Antons Panßa von Mancha
Schutzrede war ich meinem beſten Freunde ſchul-
dig: Jch komme wieder zum Hauptſatze.
Ein alter Junggeſelle, welcher das Recht ha-
ben will, zu glauben, daß er nur aus Vorſicht
und Klugheit nicht heirathe, ſoll jaͤhrlich Gedan-
kenſteuer geben ‒ ‒ ‒ 2 fl. ‒:
Und ſo bald er damit den Schein geloͤſt hat, ſo
ſoll, bey ſchwerer Strafe, kein Menſch in der Ge-
ſellſchaft befugt ſeyn, ihn an die Koͤrbe zu erin-
nern, die er, vom zwanzigſten bis ins funfzigſte
Jahr, bekommen hat.
Alte Junggeſellen, die ſo unverſchaͤmt ſind, zu
glauben, daß es in ihren jungen Jahren Maͤdchen
gegeben habe, die aus Liebe zu ihnen jaͤmmerlich da-
hin geſtorben ſind; die ſollen geben ‒ 1fl. ‒:
Die aber noch in ihrem funzigſten Jahre coquettiren,
und albern genug ſind, zu glauben, daß die ſchoͤnen
Kinder, ſo bald ſie ihr zaͤrtliches Gerippe erblicken,
ſeufzen, und nicht lachen; die geben ‒ 2fl. ‒,
und alſo noch einmal ſo viel; denn ſie ſind noch
einmal ſo große Thoren.
Bey uns in Weſtphalen, und vielleicht noch
an mehrern Orten in Deutſchland, giebt es keine
groͤſſern Hahnreye, als die alten Junggeſellen ſind,
welche ſich Maitreſſen halten. Da die ganze Stadt
dieſes weis, und ſie doch die ganze Stadt von der
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/296>, abgerufen am 25.11.2024.
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