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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Abhandlung von Sprüchwörtern.
womit ich die Welt beglücken will. Vermuthlich sind
sie nunmehro neugierig genug, es zu erfahren, und
vielleicht so ungeduldig, als ich es wünschen kann.
Sie werden mir verzeihen, daß ich ihre Neugier-
de so lange aufgehalten habe. Es war nöthig,
um den Charakter der Projectmacher zu behaup-
ten, welche die Welt mit dem erstaunenden Nuz-
zen ihrer Erfindungen lange Zeit betäuben, ehe
sie entdecken, was sie erfunden haben.

Mit einem Worte: Jch bin der große Mann,
der zum Besten seiner dürftigen und verlaßnen
Mitbürger auf den glücklichen Einfall gekommen
ist, eine Gedankensteuer anzulegen. Jch will
mich gleich deutlicher erklären.

Die Eigenliebe der Menschen hat keine ange-
nehmere Beschäfftigung, als wenn sie sich mit den
Vorzügen, die ihr doch fehlen, schmeichelhaft un-
terhält, und sie dafür denenjenigen abspricht, wel-
che sie doch wirklich besitzen.

Von den ältesten Zeiten her haben sich die
Philosophen bemüht, diese Leidenschaft sowohl
ernstlich, als bitter zu bestrafen; und auch von
den ältesten Zeiten her ist dieses Unternehmen ver-
gebens gewesen.

Jch will einen Vorschlag thun, nicht sowohl
wie man die Welt bessert, denn ich kenne die Welt;
sondern wie man die hartnäckigen Thorheiten der
Menschen zum Besten eines ganzen Landes nutzen
soll. An statt also die Leute in dem angenehmen

Traume

Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
womit ich die Welt begluͤcken will. Vermuthlich ſind
ſie nunmehro neugierig genug, es zu erfahren, und
vielleicht ſo ungeduldig, als ich es wuͤnſchen kann.
Sie werden mir verzeihen, daß ich ihre Neugier-
de ſo lange aufgehalten habe. Es war noͤthig,
um den Charakter der Projectmacher zu behaup-
ten, welche die Welt mit dem erſtaunenden Nuz-
zen ihrer Erfindungen lange Zeit betaͤuben, ehe
ſie entdecken, was ſie erfunden haben.

Mit einem Worte: Jch bin der große Mann,
der zum Beſten ſeiner duͤrftigen und verlaßnen
Mitbuͤrger auf den gluͤcklichen Einfall gekommen
iſt, eine Gedankenſteuer anzulegen. Jch will
mich gleich deutlicher erklaͤren.

Die Eigenliebe der Menſchen hat keine ange-
nehmere Beſchaͤfftigung, als wenn ſie ſich mit den
Vorzuͤgen, die ihr doch fehlen, ſchmeichelhaft un-
terhaͤlt, und ſie dafuͤr denenjenigen abſpricht, wel-
che ſie doch wirklich beſitzen.

Von den aͤlteſten Zeiten her haben ſich die
Philoſophen bemuͤht, dieſe Leidenſchaft ſowohl
ernſtlich, als bitter zu beſtrafen; und auch von
den aͤlteſten Zeiten her iſt dieſes Unternehmen ver-
gebens geweſen.

Jch will einen Vorſchlag thun, nicht ſowohl
wie man die Welt beſſert, denn ich kenne die Welt;
ſondern wie man die hartnaͤckigen Thorheiten der
Menſchen zum Beſten eines ganzen Landes nutzen
ſoll. An ſtatt alſo die Leute in dem angenehmen

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[269/0291] Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern. womit ich die Welt begluͤcken will. Vermuthlich ſind ſie nunmehro neugierig genug, es zu erfahren, und vielleicht ſo ungeduldig, als ich es wuͤnſchen kann. Sie werden mir verzeihen, daß ich ihre Neugier- de ſo lange aufgehalten habe. Es war noͤthig, um den Charakter der Projectmacher zu behaup- ten, welche die Welt mit dem erſtaunenden Nuz- zen ihrer Erfindungen lange Zeit betaͤuben, ehe ſie entdecken, was ſie erfunden haben. Mit einem Worte: Jch bin der große Mann, der zum Beſten ſeiner duͤrftigen und verlaßnen Mitbuͤrger auf den gluͤcklichen Einfall gekommen iſt, eine Gedankenſteuer anzulegen. Jch will mich gleich deutlicher erklaͤren. Die Eigenliebe der Menſchen hat keine ange- nehmere Beſchaͤfftigung, als wenn ſie ſich mit den Vorzuͤgen, die ihr doch fehlen, ſchmeichelhaft un- terhaͤlt, und ſie dafuͤr denenjenigen abſpricht, wel- che ſie doch wirklich beſitzen. Von den aͤlteſten Zeiten her haben ſich die Philoſophen bemuͤht, dieſe Leidenſchaft ſowohl ernſtlich, als bitter zu beſtrafen; und auch von den aͤlteſten Zeiten her iſt dieſes Unternehmen ver- gebens geweſen. Jch will einen Vorſchlag thun, nicht ſowohl wie man die Welt beſſert, denn ich kenne die Welt; ſondern wie man die hartnaͤckigen Thorheiten der Menſchen zum Beſten eines ganzen Landes nutzen ſoll. An ſtatt alſo die Leute in dem angenehmen Traume

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/291>, abgerufen am 22.11.2024.