daß in keinen Handlungen mehr Fehler begangen werden, als bey Schließung der Ehen; so sind diese Thorheiten wichtig genug, daß wir sie dem Himmel Schuld geben. Ein Ueberrest vom Ge- wissen, welchen man nicht allen Leuten absprechen kann, verhindert uns, auf den Himmel zu lästern; Wir finden also wenigstens bey einem innerlichen Murren eine ziemliche Erleichterung, und wir glauben recht andächtig zu murren, wenn wir sa- gen, daß unsere Ehen, welche wir öfters auf eine so närrische Art anfangen, im Himmel geschlossen sind. Können also wir etwas für unsere Thor- heit? Jst es unser Fehler, wenn wir Narren ge- wesen sind? Die Ehen werden im Himmel ge- schlossen! Wir sind völlig entschuldigt.
Dieses ist der wahre Ursprung des Sprüch- worts in dem allgemeinsten Verstande.
Die Qvellen sind vielerley, aus denen solche Ehen entspringen, deren unglücklichen Ausgang der unschuldige Himmel auf seine Rechnung neh- men soll.
Die Ehen aus Neigung machen die stärkste Anzahl davon aus. Derjenige ist der hochdeut- schen Sprache noch nicht mächtig genug, und kann mich also nicht verstehen, welcher glaubt, Neigung bedeute so viel, als eine freundschaftliche und vorzügliche Liebe, so sich auf Tugend und Verdienste des geliebten Gegenstandes gründet. Diese Begriffe haben noch itzt einige; es ist wahr,
und
Antons Panßa von Mancha
daß in keinen Handlungen mehr Fehler begangen werden, als bey Schließung der Ehen; ſo ſind dieſe Thorheiten wichtig genug, daß wir ſie dem Himmel Schuld geben. Ein Ueberreſt vom Ge- wiſſen, welchen man nicht allen Leuten abſprechen kann, verhindert uns, auf den Himmel zu laͤſtern; Wir finden alſo wenigſtens bey einem innerlichen Murren eine ziemliche Erleichterung, und wir glauben recht andaͤchtig zu murren, wenn wir ſa- gen, daß unſere Ehen, welche wir oͤfters auf eine ſo naͤrriſche Art anfangen, im Himmel geſchloſſen ſind. Koͤnnen alſo wir etwas fuͤr unſere Thor- heit? Jſt es unſer Fehler, wenn wir Narren ge- weſen ſind? Die Ehen werden im Himmel ge- ſchloſſen! Wir ſind voͤllig entſchuldigt.
Dieſes iſt der wahre Urſprung des Spruͤch- worts in dem allgemeinſten Verſtande.
Die Qvellen ſind vielerley, aus denen ſolche Ehen entſpringen, deren ungluͤcklichen Ausgang der unſchuldige Himmel auf ſeine Rechnung neh- men ſoll.
Die Ehen aus Neigung machen die ſtaͤrkſte Anzahl davon aus. Derjenige iſt der hochdeut- ſchen Sprache noch nicht maͤchtig genug, und kann mich alſo nicht verſtehen, welcher glaubt, Neigung bedeute ſo viel, als eine freundſchaftliche und vorzuͤgliche Liebe, ſo ſich auf Tugend und Verdienſte des geliebten Gegenſtandes gruͤndet. Dieſe Begriffe haben noch itzt einige; es iſt wahr,
und
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[208/0230]
Antons Panßa von Mancha
daß in keinen Handlungen mehr Fehler begangen
werden, als bey Schließung der Ehen; ſo ſind
dieſe Thorheiten wichtig genug, daß wir ſie dem
Himmel Schuld geben. Ein Ueberreſt vom Ge-
wiſſen, welchen man nicht allen Leuten abſprechen
kann, verhindert uns, auf den Himmel zu laͤſtern;
Wir finden alſo wenigſtens bey einem innerlichen
Murren eine ziemliche Erleichterung, und wir
glauben recht andaͤchtig zu murren, wenn wir ſa-
gen, daß unſere Ehen, welche wir oͤfters auf eine
ſo naͤrriſche Art anfangen, im Himmel geſchloſſen
ſind. Koͤnnen alſo wir etwas fuͤr unſere Thor-
heit? Jſt es unſer Fehler, wenn wir Narren ge-
weſen ſind? Die Ehen werden im Himmel ge-
ſchloſſen! Wir ſind voͤllig entſchuldigt.
Dieſes iſt der wahre Urſprung des Spruͤch-
worts in dem allgemeinſten Verſtande.
Die Qvellen ſind vielerley, aus denen ſolche
Ehen entſpringen, deren ungluͤcklichen Ausgang
der unſchuldige Himmel auf ſeine Rechnung neh-
men ſoll.
Die Ehen aus Neigung machen die ſtaͤrkſte
Anzahl davon aus. Derjenige iſt der hochdeut-
ſchen Sprache noch nicht maͤchtig genug, und
kann mich alſo nicht verſtehen, welcher glaubt,
Neigung bedeute ſo viel, als eine freundſchaftliche
und vorzuͤgliche Liebe, ſo ſich auf Tugend und
Verdienſte des geliebten Gegenſtandes gruͤndet.
Dieſe Begriffe haben noch itzt einige; es iſt wahr,
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/230>, abgerufen am 24.11.2024.
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