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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Abhandlung von Sprüchwörtern.
gen Unterhalt, und wird wider seinen Willen un-
ter eine Last von Schulden gedrückt, die er nie-
mals bezahlen kann, und doch ehrlich zu bezahlen
wünscht, weil er ein armer Handwerksmann ist.
Der Credit, welcher in einer Handlung so unent-
behrlich ist, verliert sich, so bald es erlaubt ist,
ungestraft zu betrügen. Die Gesetze werden
stumm, und endlich verachtet. Der große Sancho
sahe dieses, und stampfte dreymal mit seinen krum-
men Füßen; und dreymal strich er sich zornig den
Bart, und schwur bey der heiligen Hermandad *,
dieses schändliche Geschlecht zu demüthigen, ja,
wo möglich, von seiner Jnsel zu vertilgen. Er
würde es gewiß gehalten haben; aber diese Feinde
waren ihm zu mächtig. Man erfuhr sein Vor-
haben; und die größten Häuser verschwuren sich
wider ihn. Mit einem Worte: der patriotische
Sancho mußte fliehen. Die Welt weis diese
traurige Geschichte seiner Flucht; mir ist es zu
empfindlich, sie zu erzählen. Aber ich, als sein
Nachkomme, bin es seinem Andenken schuldig,
das Project bekannt zu machen, das ich wegen
dieses rühmlichen Vorhabens unter meinen Pa-
pieren finde. Er wollte nämlich, daß die Gläu-
biger eines solchen allgemeinen Schuldners, aus
der Casse des Landes bezahlt werden sollten;
aber dafür sollten diese losgekauften Schuldner
Knechte des Landes seyn, niemals die Freyheit

haben,
* Jst in Spanien ein heiliges Gericht, wider Diebe und
Räuber.

Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
gen Unterhalt, und wird wider ſeinen Willen un-
ter eine Laſt von Schulden gedruͤckt, die er nie-
mals bezahlen kann, und doch ehrlich zu bezahlen
wuͤnſcht, weil er ein armer Handwerksmann iſt.
Der Credit, welcher in einer Handlung ſo unent-
behrlich iſt, verliert ſich, ſo bald es erlaubt iſt,
ungeſtraft zu betruͤgen. Die Geſetze werden
ſtumm, und endlich verachtet. Der große Sancho
ſahe dieſes, und ſtampfte dreymal mit ſeinen krum-
men Fuͤßen; und dreymal ſtrich er ſich zornig den
Bart, und ſchwur bey der heiligen Hermandad *,
dieſes ſchaͤndliche Geſchlecht zu demuͤthigen, ja,
wo moͤglich, von ſeiner Jnſel zu vertilgen. Er
wuͤrde es gewiß gehalten haben; aber dieſe Feinde
waren ihm zu maͤchtig. Man erfuhr ſein Vor-
haben; und die groͤßten Haͤuſer verſchwuren ſich
wider ihn. Mit einem Worte: der patriotiſche
Sancho mußte fliehen. Die Welt weis dieſe
traurige Geſchichte ſeiner Flucht; mir iſt es zu
empfindlich, ſie zu erzaͤhlen. Aber ich, als ſein
Nachkomme, bin es ſeinem Andenken ſchuldig,
das Project bekannt zu machen, das ich wegen
dieſes ruͤhmlichen Vorhabens unter meinen Pa-
pieren finde. Er wollte naͤmlich, daß die Glaͤu-
biger eines ſolchen allgemeinen Schuldners, aus
der Caſſe des Landes bezahlt werden ſollten;
aber dafuͤr ſollten dieſe losgekauften Schuldner
Knechte des Landes ſeyn, niemals die Freyheit

haben,
* Jſt in Spanien ein heiliges Gericht, wider Diebe und
Raͤuber.
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[205/0227] Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern. gen Unterhalt, und wird wider ſeinen Willen un- ter eine Laſt von Schulden gedruͤckt, die er nie- mals bezahlen kann, und doch ehrlich zu bezahlen wuͤnſcht, weil er ein armer Handwerksmann iſt. Der Credit, welcher in einer Handlung ſo unent- behrlich iſt, verliert ſich, ſo bald es erlaubt iſt, ungeſtraft zu betruͤgen. Die Geſetze werden ſtumm, und endlich verachtet. Der große Sancho ſahe dieſes, und ſtampfte dreymal mit ſeinen krum- men Fuͤßen; und dreymal ſtrich er ſich zornig den Bart, und ſchwur bey der heiligen Hermandad *, dieſes ſchaͤndliche Geſchlecht zu demuͤthigen, ja, wo moͤglich, von ſeiner Jnſel zu vertilgen. Er wuͤrde es gewiß gehalten haben; aber dieſe Feinde waren ihm zu maͤchtig. Man erfuhr ſein Vor- haben; und die groͤßten Haͤuſer verſchwuren ſich wider ihn. Mit einem Worte: der patriotiſche Sancho mußte fliehen. Die Welt weis dieſe traurige Geſchichte ſeiner Flucht; mir iſt es zu empfindlich, ſie zu erzaͤhlen. Aber ich, als ſein Nachkomme, bin es ſeinem Andenken ſchuldig, das Project bekannt zu machen, das ich wegen dieſes ruͤhmlichen Vorhabens unter meinen Pa- pieren finde. Er wollte naͤmlich, daß die Glaͤu- biger eines ſolchen allgemeinen Schuldners, aus der Caſſe des Landes bezahlt werden ſollten; aber dafuͤr ſollten dieſe losgekauften Schuldner Knechte des Landes ſeyn, niemals die Freyheit haben, * Jſt in Spanien ein heiliges Gericht, wider Diebe und Raͤuber.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/227>, abgerufen am 25.11.2024.