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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Abhandlung von Sprüchwörtern.
der Himmel mein Leben, und meine rechte Hand
fristet. Jtzt also will ich davon weiter nichts sa-
gen, und nur diejenigen freundschaftlich warnen,
welche immer so übereilend sind, auf den Müßig-
gang zu schmälen, und die Müßiggänger zu ver-
achten; ohne zu bedenken, daß sie unrecht haben,
und sich der Feindschaft so vieler Erlauchter und
Hochwürdiger Müßiggänger aussetzen.

Der letzte Vorwurf ist noch zu beantworten
übrig. Es können nämlich meine Gegner nicht
begreifen, wie ein vernünftiges Geschöpf Geduld
genug habe, sein ganzes Leben, von den ersten
Jahren an, bis in das höchste Alter, in einem un-
unterbrochnen Müßiggange zuzu bringen. Jch
kann es nicht läugnen, mir war es anfänglich
auch ganz unbegreiflich; ich fragte also Jhro
Excellenz, den Herrn Baron von ***, einen
meiner größten Gönner und Beförderer, darum,
welcher nunmehr, durch die Gnade des Himmels,
und seines ererbten Vermögens, zwey und sieben-
zig Jahre rühmlichst müßig gegangen ist. Er lag
eben auf dem Canapee, und rauchte Tabak, da
ich ihm meinen Zweifel vortrug. Allein er lä-
chelte mich mit einer faulen Miene an, und sagte:
Sind sie auch so ein Narr, Herr Panßa! Wissen
sie das noch nicht? Nach Tische will ich es ihnen
sagen, wenn ich Zeit haben werde. Aber bis itzt
hat er noch keine Zeit gehabt; und er wird ver-
drüßlich, wenn ich ihn an sein Versprechen erin-
nere. Jch muß also warten, bis die glückliche

Stunde

Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
der Himmel mein Leben, und meine rechte Hand
friſtet. Jtzt alſo will ich davon weiter nichts ſa-
gen, und nur diejenigen freundſchaftlich warnen,
welche immer ſo uͤbereilend ſind, auf den Muͤßig-
gang zu ſchmaͤlen, und die Muͤßiggaͤnger zu ver-
achten; ohne zu bedenken, daß ſie unrecht haben,
und ſich der Feindſchaft ſo vieler Erlauchter und
Hochwuͤrdiger Muͤßiggaͤnger ausſetzen.

Der letzte Vorwurf iſt noch zu beantworten
uͤbrig. Es koͤnnen naͤmlich meine Gegner nicht
begreifen, wie ein vernuͤnftiges Geſchoͤpf Geduld
genug habe, ſein ganzes Leben, von den erſten
Jahren an, bis in das hoͤchſte Alter, in einem un-
unterbrochnen Muͤßiggange zuzu bringen. Jch
kann es nicht laͤugnen, mir war es anfaͤnglich
auch ganz unbegreiflich; ich fragte alſo Jhro
Excellenz, den Herrn Baron von ***, einen
meiner groͤßten Goͤnner und Befoͤrderer, darum,
welcher nunmehr, durch die Gnade des Himmels,
und ſeines ererbten Vermoͤgens, zwey und ſieben-
zig Jahre ruͤhmlichſt muͤßig gegangen iſt. Er lag
eben auf dem Canapee, und rauchte Tabak, da
ich ihm meinen Zweifel vortrug. Allein er laͤ-
chelte mich mit einer faulen Miene an, und ſagte:
Sind ſie auch ſo ein Narr, Herr Panßa! Wiſſen
ſie das noch nicht? Nach Tiſche will ich es ihnen
ſagen, wenn ich Zeit haben werde. Aber bis itzt
hat er noch keine Zeit gehabt; und er wird ver-
druͤßlich, wenn ich ihn an ſein Verſprechen erin-
nere. Jch muß alſo warten, bis die gluͤckliche

Stunde
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[175/0197] Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern. der Himmel mein Leben, und meine rechte Hand friſtet. Jtzt alſo will ich davon weiter nichts ſa- gen, und nur diejenigen freundſchaftlich warnen, welche immer ſo uͤbereilend ſind, auf den Muͤßig- gang zu ſchmaͤlen, und die Muͤßiggaͤnger zu ver- achten; ohne zu bedenken, daß ſie unrecht haben, und ſich der Feindſchaft ſo vieler Erlauchter und Hochwuͤrdiger Muͤßiggaͤnger ausſetzen. Der letzte Vorwurf iſt noch zu beantworten uͤbrig. Es koͤnnen naͤmlich meine Gegner nicht begreifen, wie ein vernuͤnftiges Geſchoͤpf Geduld genug habe, ſein ganzes Leben, von den erſten Jahren an, bis in das hoͤchſte Alter, in einem un- unterbrochnen Muͤßiggange zuzu bringen. Jch kann es nicht laͤugnen, mir war es anfaͤnglich auch ganz unbegreiflich; ich fragte alſo Jhro Excellenz, den Herrn Baron von ***, einen meiner groͤßten Goͤnner und Befoͤrderer, darum, welcher nunmehr, durch die Gnade des Himmels, und ſeines ererbten Vermoͤgens, zwey und ſieben- zig Jahre ruͤhmlichſt muͤßig gegangen iſt. Er lag eben auf dem Canapee, und rauchte Tabak, da ich ihm meinen Zweifel vortrug. Allein er laͤ- chelte mich mit einer faulen Miene an, und ſagte: Sind ſie auch ſo ein Narr, Herr Panßa! Wiſſen ſie das noch nicht? Nach Tiſche will ich es ihnen ſagen, wenn ich Zeit haben werde. Aber bis itzt hat er noch keine Zeit gehabt; und er wird ver- druͤßlich, wenn ich ihn an ſein Verſprechen erin- nere. Jch muß alſo warten, bis die gluͤckliche Stunde

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/197>, abgerufen am 27.11.2024.