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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Abhandlung von Sprüchwörtern.
mer neue Nahrung. Er zieht sie für die Nachwelt
heran, so wie er erzogen worden ist. Er braucht
sie bereits zu kleinen kritischen Streifereyen, und
segnet sie in seinem väterlichen Schoose, wenn sie
mit Schlägen zurück gejaget werden. Es ist zu
befürchten, daß unser Knollius noch lange lebt:
Man kann aber gewiß glauben, daß er sich nie-
mals ändern wird, da er sich in funfzig Jahren
nicht geändert hat. Schon auf dem Dorfe bey
seinem Vater war er der unerträgliche Bube, der
mit Fäusten drein schlug, wenn ihm widersprochen
ward: Noch in diesem Augenblicke ist er eben so
ein kritischer Bengel, und verfolgt alle, die mit
seinen gelehrten Grobheiten, die so unbedachtsam
sind, ihm zu widersprechen. Jch freue mich, daß
ich auch unter dem gelehrten Pöbel Männer finde,
die die Wahrheit meines Sprüchworts beweisen.

Diejenigen, welche eine bürgerliche Erziehung,
oder der Mangel, oder der Geiz, oder der Hoch-
muth, oder alle diese Umstände zusammen nöthi-
gen, zu arbeiten, diese sind immer ungerecht ge-
nug, zu behaupten, daß der Müßiggang eine sehr
leichte Sache sey, daß aus demselben viel Scha-
den für das gemeine Wesen entstehe, und daß es
ihnen ganz unbegreiflich sey, wie ein vernünftiges
Geschöpfe Geduld genug haben könne, sein ganzes
Leben, von den ersten Jahren an, bis in das
höchste Alter in einem ununterbrochnen Müßig-
gange zuzu bringen. Auf diese Vorwürfe will
ich nur mit wenigem im Namen der Müßiggän-

ger

Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
mer neue Nahrung. Er zieht ſie fuͤr die Nachwelt
heran, ſo wie er erzogen worden iſt. Er braucht
ſie bereits zu kleinen kritiſchen Streifereyen, und
ſegnet ſie in ſeinem vaͤterlichen Schooſe, wenn ſie
mit Schlaͤgen zuruͤck gejaget werden. Es iſt zu
befuͤrchten, daß unſer Knollius noch lange lebt:
Man kann aber gewiß glauben, daß er ſich nie-
mals aͤndern wird, da er ſich in funfzig Jahren
nicht geaͤndert hat. Schon auf dem Dorfe bey
ſeinem Vater war er der unertraͤgliche Bube, der
mit Faͤuſten drein ſchlug, wenn ihm widerſprochen
ward: Noch in dieſem Augenblicke iſt er eben ſo
ein kritiſcher Bengel, und verfolgt alle, die mit
ſeinen gelehrten Grobheiten, die ſo unbedachtſam
ſind, ihm zu widerſprechen. Jch freue mich, daß
ich auch unter dem gelehrten Poͤbel Maͤnner finde,
die die Wahrheit meines Spruͤchworts beweiſen.

Diejenigen, welche eine buͤrgerliche Erziehung,
oder der Mangel, oder der Geiz, oder der Hoch-
muth, oder alle dieſe Umſtaͤnde zuſammen noͤthi-
gen, zu arbeiten, dieſe ſind immer ungerecht ge-
nug, zu behaupten, daß der Muͤßiggang eine ſehr
leichte Sache ſey, daß aus demſelben viel Scha-
den fuͤr das gemeine Weſen entſtehe, und daß es
ihnen ganz unbegreiflich ſey, wie ein vernuͤnftiges
Geſchoͤpfe Geduld genug haben koͤnne, ſein ganzes
Leben, von den erſten Jahren an, bis in das
hoͤchſte Alter in einem ununterbrochnen Muͤßig-
gange zuzu bringen. Auf dieſe Vorwuͤrfe will
ich nur mit wenigem im Namen der Muͤßiggaͤn-

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[171/0193] Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern. mer neue Nahrung. Er zieht ſie fuͤr die Nachwelt heran, ſo wie er erzogen worden iſt. Er braucht ſie bereits zu kleinen kritiſchen Streifereyen, und ſegnet ſie in ſeinem vaͤterlichen Schooſe, wenn ſie mit Schlaͤgen zuruͤck gejaget werden. Es iſt zu befuͤrchten, daß unſer Knollius noch lange lebt: Man kann aber gewiß glauben, daß er ſich nie- mals aͤndern wird, da er ſich in funfzig Jahren nicht geaͤndert hat. Schon auf dem Dorfe bey ſeinem Vater war er der unertraͤgliche Bube, der mit Faͤuſten drein ſchlug, wenn ihm widerſprochen ward: Noch in dieſem Augenblicke iſt er eben ſo ein kritiſcher Bengel, und verfolgt alle, die mit ſeinen gelehrten Grobheiten, die ſo unbedachtſam ſind, ihm zu widerſprechen. Jch freue mich, daß ich auch unter dem gelehrten Poͤbel Maͤnner finde, die die Wahrheit meines Spruͤchworts beweiſen. Diejenigen, welche eine buͤrgerliche Erziehung, oder der Mangel, oder der Geiz, oder der Hoch- muth, oder alle dieſe Umſtaͤnde zuſammen noͤthi- gen, zu arbeiten, dieſe ſind immer ungerecht ge- nug, zu behaupten, daß der Muͤßiggang eine ſehr leichte Sache ſey, daß aus demſelben viel Scha- den fuͤr das gemeine Weſen entſtehe, und daß es ihnen ganz unbegreiflich ſey, wie ein vernuͤnftiges Geſchoͤpfe Geduld genug haben koͤnne, ſein ganzes Leben, von den erſten Jahren an, bis in das hoͤchſte Alter in einem ununterbrochnen Muͤßig- gange zuzu bringen. Auf dieſe Vorwuͤrfe will ich nur mit wenigem im Namen der Muͤßiggaͤn- ger

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/193>, abgerufen am 24.11.2024.