Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Antons Panßa von Mancha
und Waisen zitterten vor seinem Namen; aber
allen denen war er eine sichre Zuflucht, welche
verdienten, gehangen zu werden. So seltne Ver-
dienste sind einer seltnen Belohnung würdig. Der
alte getreue Wegweiser unsers Herkommanns er-
staunte über den geschwinden Fortgang dieses jun-
gen Rabulisten. Er freute sich über dieses Werk
seiner Hände, und liebte ihn, wie ein reissender
Wolf seine Jungen liebt. Die Erfahrung hatte
ihn gelehrt, wie wenig Zeit dazu gehöre, sich reich
zu plündern. Schon im Geiste stellte er sich die
Größe, und die Reichthümer seines muthigen
Herkommanns vor. Zur Belohnung seiner ihm
geleisteten Dienste, wollte er sein Glück mit dem
Glücke dieses hoffnungsvollen Mannes verbinden:
Er gab ihm also seine einzige Tochter. Die ver-
traulichste Einigkeit der Straßenräuber ist von
keiner Dauer, und nimmt oft ein blutiges Ende.
Herkommann, und sein Schwiegervater waren
beide zu boshaft, als daß sie lange Zeit mit einan-
der in einem Hause ruhig leben konnten. Jhre
Feindschaft brach mit Heftigkeit aus; sie verklag-
ten einander vor dem Richter. Die ganze Stadt
war aufmerksam, wie bey dem rasenden Kampfe
zwoer grimmiger Bestien. Herkommann, wel-
chen die Chicane vorzüglich liebte, wie das Glück
junge Helden liebt, und alten untreu wird; Her-
kommann, den sein Schwiegervater zum Raube
eingesegnet, und zum Betrüger abgerichtet hatte;
dieser undankbare Herkommann bestritt ihn mit
seinen eignen Waffen, und siegte. Er war so

geschickt,

Antons Panßa von Mancha
und Waiſen zitterten vor ſeinem Namen; aber
allen denen war er eine ſichre Zuflucht, welche
verdienten, gehangen zu werden. So ſeltne Ver-
dienſte ſind einer ſeltnen Belohnung wuͤrdig. Der
alte getreue Wegweiſer unſers Herkommanns er-
ſtaunte uͤber den geſchwinden Fortgang dieſes jun-
gen Rabuliſten. Er freute ſich uͤber dieſes Werk
ſeiner Haͤnde, und liebte ihn, wie ein reiſſender
Wolf ſeine Jungen liebt. Die Erfahrung hatte
ihn gelehrt, wie wenig Zeit dazu gehoͤre, ſich reich
zu pluͤndern. Schon im Geiſte ſtellte er ſich die
Groͤße, und die Reichthuͤmer ſeines muthigen
Herkommanns vor. Zur Belohnung ſeiner ihm
geleiſteten Dienſte, wollte er ſein Gluͤck mit dem
Gluͤcke dieſes hoffnungsvollen Mannes verbinden:
Er gab ihm alſo ſeine einzige Tochter. Die ver-
traulichſte Einigkeit der Straßenraͤuber iſt von
keiner Dauer, und nimmt oft ein blutiges Ende.
Herkommann, und ſein Schwiegervater waren
beide zu boshaft, als daß ſie lange Zeit mit einan-
der in einem Hauſe ruhig leben konnten. Jhre
Feindſchaft brach mit Heftigkeit aus; ſie verklag-
ten einander vor dem Richter. Die ganze Stadt
war aufmerkſam, wie bey dem raſenden Kampfe
zwoer grimmiger Beſtien. Herkommann, wel-
chen die Chicane vorzuͤglich liebte, wie das Gluͤck
junge Helden liebt, und alten untreu wird; Her-
kommann, den ſein Schwiegervater zum Raube
eingeſegnet, und zum Betruͤger abgerichtet hatte;
dieſer undankbare Herkommann beſtritt ihn mit
ſeinen eignen Waffen, und ſiegte. Er war ſo

geſchickt,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0188" n="166"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
und Wai&#x017F;en zitterten vor &#x017F;einem Namen; aber<lb/>
allen denen war er eine &#x017F;ichre Zuflucht, welche<lb/>
verdienten, gehangen zu werden. So &#x017F;eltne Ver-<lb/>
dien&#x017F;te &#x017F;ind einer &#x017F;eltnen Belohnung wu&#x0364;rdig. Der<lb/>
alte getreue Wegwei&#x017F;er un&#x017F;ers Herkommanns er-<lb/>
&#x017F;taunte u&#x0364;ber den ge&#x017F;chwinden Fortgang die&#x017F;es jun-<lb/>
gen Rabuli&#x017F;ten. Er freute &#x017F;ich u&#x0364;ber die&#x017F;es Werk<lb/>
&#x017F;einer Ha&#x0364;nde, und liebte ihn, wie ein rei&#x017F;&#x017F;ender<lb/>
Wolf &#x017F;eine Jungen liebt. Die Erfahrung hatte<lb/>
ihn gelehrt, wie wenig Zeit dazu geho&#x0364;re, &#x017F;ich reich<lb/>
zu plu&#x0364;ndern. Schon im Gei&#x017F;te &#x017F;tellte er &#x017F;ich die<lb/>
Gro&#x0364;ße, und die Reichthu&#x0364;mer &#x017F;eines muthigen<lb/>
Herkommanns vor. Zur Belohnung &#x017F;einer ihm<lb/>
gelei&#x017F;teten Dien&#x017F;te, wollte er &#x017F;ein Glu&#x0364;ck mit dem<lb/>
Glu&#x0364;cke die&#x017F;es hoffnungsvollen Mannes verbinden:<lb/>
Er gab ihm al&#x017F;o &#x017F;eine einzige Tochter. Die ver-<lb/>
traulich&#x017F;te Einigkeit der Straßenra&#x0364;uber i&#x017F;t von<lb/>
keiner Dauer, und nimmt oft ein blutiges Ende.<lb/>
Herkommann, und &#x017F;ein Schwiegervater waren<lb/>
beide zu boshaft, als daß &#x017F;ie lange Zeit mit einan-<lb/>
der in einem Hau&#x017F;e ruhig leben konnten. Jhre<lb/>
Feind&#x017F;chaft brach mit Heftigkeit aus; &#x017F;ie verklag-<lb/>
ten einander vor dem Richter. Die ganze Stadt<lb/>
war aufmerk&#x017F;am, wie bey dem ra&#x017F;enden Kampfe<lb/>
zwoer grimmiger Be&#x017F;tien. Herkommann, wel-<lb/>
chen die Chicane vorzu&#x0364;glich liebte, wie das Glu&#x0364;ck<lb/>
junge Helden liebt, und alten untreu wird; Her-<lb/>
kommann, den &#x017F;ein Schwiegervater zum Raube<lb/>
einge&#x017F;egnet, und zum Betru&#x0364;ger abgerichtet hatte;<lb/>
die&#x017F;er undankbare Herkommann be&#x017F;tritt ihn mit<lb/>
&#x017F;einen eignen Waffen, und &#x017F;iegte. Er war &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge&#x017F;chickt,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0188] Antons Panßa von Mancha und Waiſen zitterten vor ſeinem Namen; aber allen denen war er eine ſichre Zuflucht, welche verdienten, gehangen zu werden. So ſeltne Ver- dienſte ſind einer ſeltnen Belohnung wuͤrdig. Der alte getreue Wegweiſer unſers Herkommanns er- ſtaunte uͤber den geſchwinden Fortgang dieſes jun- gen Rabuliſten. Er freute ſich uͤber dieſes Werk ſeiner Haͤnde, und liebte ihn, wie ein reiſſender Wolf ſeine Jungen liebt. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, wie wenig Zeit dazu gehoͤre, ſich reich zu pluͤndern. Schon im Geiſte ſtellte er ſich die Groͤße, und die Reichthuͤmer ſeines muthigen Herkommanns vor. Zur Belohnung ſeiner ihm geleiſteten Dienſte, wollte er ſein Gluͤck mit dem Gluͤcke dieſes hoffnungsvollen Mannes verbinden: Er gab ihm alſo ſeine einzige Tochter. Die ver- traulichſte Einigkeit der Straßenraͤuber iſt von keiner Dauer, und nimmt oft ein blutiges Ende. Herkommann, und ſein Schwiegervater waren beide zu boshaft, als daß ſie lange Zeit mit einan- der in einem Hauſe ruhig leben konnten. Jhre Feindſchaft brach mit Heftigkeit aus; ſie verklag- ten einander vor dem Richter. Die ganze Stadt war aufmerkſam, wie bey dem raſenden Kampfe zwoer grimmiger Beſtien. Herkommann, wel- chen die Chicane vorzuͤglich liebte, wie das Gluͤck junge Helden liebt, und alten untreu wird; Her- kommann, den ſein Schwiegervater zum Raube eingeſegnet, und zum Betruͤger abgerichtet hatte; dieſer undankbare Herkommann beſtritt ihn mit ſeinen eignen Waffen, und ſiegte. Er war ſo geſchickt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/188
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/188>, abgerufen am 27.11.2024.