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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
besetzen, von dem Muster, wie ich auf meiner
neuen Andrienne habe - - - Gerechter Gott!
Die Andrienne werde ich nun auch nicht wieder
anziehen! Was sind wir elende Menschen doch
mit allen unsern weitaussehenden Anschlägen! - - -
Meine Wäsche - - - Hier fiel sie in eine
neue Ohnmacht: aber sie erhohlte sich geschwind
wieder; denn sie hatte mir noch zu sagen, daß sie
nicht wüßte, was sie vor Schuhe anziehen sollte.
Jch schlug ihr in der Angst vor, sie sollte die Braut-
schuhe nehmen; allein sie schüttelte mit dem Kopfe,
und sagte: Die altväterischen Schuhe! Endlich
wählte sie ein andres Paar Schuhe, ich weis nicht
mehr, welches. Die dritte Ohnmacht überfiel
sie. Es kostete viel Mühe, ihre fliehenden Lebens-
geister zurück zu bringen: Endlich gelung es dem
Arzte. Sie erwachte, aber die Sprache hatte
sich verloren. Sie winkte ihrem Manne, den sie
zärtlich umarmte. Man führte ihre beiden Kin-
der ans Bette, denen sie die Hand auflegte, und
einige Thränen dabey fallen ließ. Gegen die An-
wesenden machte sie eine freundschaftliche Bewe-
gung, die die Stelle eines Abschiedes vertrat.
Wir waren alle aufs äußerste gerührt. Jch
mußte noch einmal zu ihr treten: Sie versuchte zu
reden; aber es war ihr unmöglich. Sie wies et-
liche mal zwischen die Brust, und ward ungedul-
dig, daß ich sie nicht verstehen konnte. Sie wie-
derholte diese Zeichen noch einmal, und drückte die
zusammen geballte Hand zwischen die Brust. Nun
verstand ich sie, und sagte: Einen Straus meynen

sie?

Antons Panßa von Mancha
beſetzen, von dem Muſter, wie ich auf meiner
neuen Andrienne habe ‒ ‒ ‒ Gerechter Gott!
Die Andrienne werde ich nun auch nicht wieder
anziehen! Was ſind wir elende Menſchen doch
mit allen unſern weitausſehenden Anſchlaͤgen! ‒ ‒ ‒
Meine Waͤſche ‒ ‒ ‒ Hier fiel ſie in eine
neue Ohnmacht: aber ſie erhohlte ſich geſchwind
wieder; denn ſie hatte mir noch zu ſagen, daß ſie
nicht wuͤßte, was ſie vor Schuhe anziehen ſollte.
Jch ſchlug ihr in der Angſt vor, ſie ſollte die Braut-
ſchuhe nehmen; allein ſie ſchuͤttelte mit dem Kopfe,
und ſagte: Die altvaͤteriſchen Schuhe! Endlich
waͤhlte ſie ein andres Paar Schuhe, ich weis nicht
mehr, welches. Die dritte Ohnmacht uͤberfiel
ſie. Es koſtete viel Muͤhe, ihre fliehenden Lebens-
geiſter zuruͤck zu bringen: Endlich gelung es dem
Arzte. Sie erwachte, aber die Sprache hatte
ſich verloren. Sie winkte ihrem Manne, den ſie
zaͤrtlich umarmte. Man fuͤhrte ihre beiden Kin-
der ans Bette, denen ſie die Hand auflegte, und
einige Thraͤnen dabey fallen ließ. Gegen die An-
weſenden machte ſie eine freundſchaftliche Bewe-
gung, die die Stelle eines Abſchiedes vertrat.
Wir waren alle aufs aͤußerſte geruͤhrt. Jch
mußte noch einmal zu ihr treten: Sie verſuchte zu
reden; aber es war ihr unmoͤglich. Sie wies et-
liche mal zwiſchen die Bruſt, und ward ungedul-
dig, daß ich ſie nicht verſtehen konnte. Sie wie-
derholte dieſe Zeichen noch einmal, und druͤckte die
zuſammen geballte Hand zwiſchen die Bruſt. Nun
verſtand ich ſie, und ſagte: Einen Straus meynen

ſie?
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[160/0182] Antons Panßa von Mancha beſetzen, von dem Muſter, wie ich auf meiner neuen Andrienne habe ‒ ‒ ‒ Gerechter Gott! Die Andrienne werde ich nun auch nicht wieder anziehen! Was ſind wir elende Menſchen doch mit allen unſern weitausſehenden Anſchlaͤgen! ‒ ‒ ‒ Meine Waͤſche ‒ ‒ ‒ Hier fiel ſie in eine neue Ohnmacht: aber ſie erhohlte ſich geſchwind wieder; denn ſie hatte mir noch zu ſagen, daß ſie nicht wuͤßte, was ſie vor Schuhe anziehen ſollte. Jch ſchlug ihr in der Angſt vor, ſie ſollte die Braut- ſchuhe nehmen; allein ſie ſchuͤttelte mit dem Kopfe, und ſagte: Die altvaͤteriſchen Schuhe! Endlich waͤhlte ſie ein andres Paar Schuhe, ich weis nicht mehr, welches. Die dritte Ohnmacht uͤberfiel ſie. Es koſtete viel Muͤhe, ihre fliehenden Lebens- geiſter zuruͤck zu bringen: Endlich gelung es dem Arzte. Sie erwachte, aber die Sprache hatte ſich verloren. Sie winkte ihrem Manne, den ſie zaͤrtlich umarmte. Man fuͤhrte ihre beiden Kin- der ans Bette, denen ſie die Hand auflegte, und einige Thraͤnen dabey fallen ließ. Gegen die An- weſenden machte ſie eine freundſchaftliche Bewe- gung, die die Stelle eines Abſchiedes vertrat. Wir waren alle aufs aͤußerſte geruͤhrt. Jch mußte noch einmal zu ihr treten: Sie verſuchte zu reden; aber es war ihr unmoͤglich. Sie wies et- liche mal zwiſchen die Bruſt, und ward ungedul- dig, daß ich ſie nicht verſtehen konnte. Sie wie- derholte dieſe Zeichen noch einmal, und druͤckte die zuſammen geballte Hand zwiſchen die Bruſt. Nun verſtand ich ſie, und ſagte: Einen Straus meynen ſie?

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/182>, abgerufen am 24.11.2024.