sie in beidem gleich stark sind. Aber die Unsterb- lichkeit ist auch hier das Geringste, worüber man kämpfet. Sollte dieses nicht dergleichen Heftig- keiten entschuldigen, da man gegen die Kutscher so nachsehend und billig ist, welche sich oft über weit geringere Sachen, beynahe noch größre Grobheiten sagen?
Jch finde in den Archiven meiner Familie einen Aufsatz, welcher den Titel hat: Kirchengeschichte von Mancha. Mein Urältervater hat ihn nicht geschrieben; so viel weis ich, und das wissen alle diejenigen, die seine Geschichte gelesen haben: Denn er war einer von den großen Geistern, wel- che nichts schrieben, und desto mehr dachten. Jch halte es für die Hand seines Eidams Pedro, oder auch seiner Marie. Dem sey wie ihm wolle; denn diese und viele andre Familien Kritiken sind gemeiniglich nur denen wichtig, welche zur Fami- lie gehören: Genug, es ist eine Kirchengeschichte von Mancha. Aber freylich nicht von Mancha allein; denn meine deutschen Leser werden den Spaniern die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, daß jene eben sowohl, als ihre Scribenten, ihre Bücher durch fremde Sachen, die zum Buche nicht gehören, zu einer ehrwürdigen Dicke zu brin- gen wissen. Jn dieser Kirchengeschichte also wer- den die Wege und Wendungen erzählt, welche die Geistlichkeit in den glücklichen Zeiten des Don Qvixots angewendet hat, zu ihren Aemtern und Pfründen zu kommen. Die Erzählung hebt vom
Erz-
J
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
ſie in beidem gleich ſtark ſind. Aber die Unſterb- lichkeit iſt auch hier das Geringſte, woruͤber man kaͤmpfet. Sollte dieſes nicht dergleichen Heftig- keiten entſchuldigen, da man gegen die Kutſcher ſo nachſehend und billig iſt, welche ſich oft uͤber weit geringere Sachen, beynahe noch groͤßre Grobheiten ſagen?
Jch finde in den Archiven meiner Familie einen Aufſatz, welcher den Titel hat: Kirchengeſchichte von Mancha. Mein Uraͤltervater hat ihn nicht geſchrieben; ſo viel weis ich, und das wiſſen alle diejenigen, die ſeine Geſchichte geleſen haben: Denn er war einer von den großen Geiſtern, wel- che nichts ſchrieben, und deſto mehr dachten. Jch halte es fuͤr die Hand ſeines Eidams Pedro, oder auch ſeiner Marie. Dem ſey wie ihm wolle; denn dieſe und viele andre Familien Kritiken ſind gemeiniglich nur denen wichtig, welche zur Fami- lie gehoͤren: Genug, es iſt eine Kirchengeſchichte von Mancha. Aber freylich nicht von Mancha allein; denn meine deutſchen Leſer werden den Spaniern die Gerechtigkeit wiederfahren laſſen, daß jene eben ſowohl, als ihre Scribenten, ihre Buͤcher durch fremde Sachen, die zum Buche nicht gehoͤren, zu einer ehrwuͤrdigen Dicke zu brin- gen wiſſen. Jn dieſer Kirchengeſchichte alſo wer- den die Wege und Wendungen erzaͤhlt, welche die Geiſtlichkeit in den gluͤcklichen Zeiten des Don Qvixots angewendet hat, zu ihren Aemtern und Pfruͤnden zu kommen. Die Erzaͤhlung hebt vom
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
ſie in beidem gleich ſtark ſind. Aber die Unſterb-
lichkeit iſt auch hier das Geringſte, woruͤber man
kaͤmpfet. Sollte dieſes nicht dergleichen Heftig-
keiten entſchuldigen, da man gegen die Kutſcher
ſo nachſehend und billig iſt, welche ſich oft uͤber
weit geringere Sachen, beynahe noch groͤßre
Grobheiten ſagen?
Jch finde in den Archiven meiner Familie einen
Aufſatz, welcher den Titel hat: Kirchengeſchichte
von Mancha. Mein Uraͤltervater hat ihn nicht
geſchrieben; ſo viel weis ich, und das wiſſen alle
diejenigen, die ſeine Geſchichte geleſen haben:
Denn er war einer von den großen Geiſtern, wel-
che nichts ſchrieben, und deſto mehr dachten. Jch
halte es fuͤr die Hand ſeines Eidams Pedro, oder
auch ſeiner Marie. Dem ſey wie ihm wolle;
denn dieſe und viele andre Familien Kritiken ſind
gemeiniglich nur denen wichtig, welche zur Fami-
lie gehoͤren: Genug, es iſt eine Kirchengeſchichte
von Mancha. Aber freylich nicht von Mancha
allein; denn meine deutſchen Leſer werden den
Spaniern die Gerechtigkeit wiederfahren laſſen,
daß jene eben ſowohl, als ihre Scribenten, ihre
Buͤcher durch fremde Sachen, die zum Buche
nicht gehoͤren, zu einer ehrwuͤrdigen Dicke zu brin-
gen wiſſen. Jn dieſer Kirchengeſchichte alſo wer-
den die Wege und Wendungen erzaͤhlt, welche die
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/151>, abgerufen am 23.11.2024.
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