mich in diese Vergleichung nicht einlassen. Da- mit man aber gar keinen Vorwand behalte, an meinem Vorsatze zu zweifeln: so will ich eine wohlbedächtige Einschränkung beysetzen, unter welcher ich mein Gelübde gethan habe. Jch werde gewiß niemals weiter dergleichen satirische Schriften, weder unter meinem, noch frem- den Namen bekannt machen: Aber ich werde vielleicht noch verschiedne Abhandlungen von dieser Art schreiben. Jch werde sie der Kritik einiger von meinen Freunden, und meinem verschwiegnen Pulte anvertrauen, und nicht eher, als nach meinem Tode, soll das unpar- theyische Publicum zum Richter darüber ge- setzt werden.
Jch finde bey diesem Entschlusse hundert Vortheile, und viele Annehmlichkeiten, die ein Satirenschreiber unmöglich haben kann, wel- cher von der Aufnahme seiner Werke Zeuge ist. Da ich mir, vom Anfange an, das Gesetz ge- geben, keinen Menschen durch meine Satiren zu beleidigen, sondern sie so allgemein zu ma- chen, daß es einem billigen Leser unmöglich fallen sollte, einen zu finden, der das Original zum Gemälde seyn könnte: so hatte ich mir ein Gesetz gegeben, welches mir unendliche Schwie- rigkeiten verursachte. So bald ich mit einer Abschilderung fertig war, war dieses meine er- ste Sorge, daß ich sie gegen diejenigen Gesich- ter hielt, die ich kannte, um zu versuchen, ob vielleicht zu viel Aehnlichkeit von ihnen in mei- nein Gemälde wäre. Das Gemälde selbst zu
entwer-
Vorbericht.
mich in dieſe Vergleichung nicht einlaſſen. Da- mit man aber gar keinen Vorwand behalte, an meinem Vorſatze zu zweifeln: ſo will ich eine wohlbedaͤchtige Einſchraͤnkung beyſetzen, unter welcher ich mein Geluͤbde gethan habe. Jch werde gewiß niemals weiter dergleichen ſatiriſche Schriften, weder unter meinem, noch frem- den Namen bekannt machen: Aber ich werde vielleicht noch verſchiedne Abhandlungen von dieſer Art ſchreiben. Jch werde ſie der Kritik einiger von meinen Freunden, und meinem verſchwiegnen Pulte anvertrauen, und nicht eher, als nach meinem Tode, ſoll das unpar- theyiſche Publicum zum Richter daruͤber ge- ſetzt werden.
Jch finde bey dieſem Entſchluſſe hundert Vortheile, und viele Annehmlichkeiten, die ein Satirenſchreiber unmoͤglich haben kann, wel- cher von der Aufnahme ſeiner Werke Zeuge iſt. Da ich mir, vom Anfange an, das Geſetz ge- geben, keinen Menſchen durch meine Satiren zu beleidigen, ſondern ſie ſo allgemein zu ma- chen, daß es einem billigen Leſer unmoͤglich fallen ſollte, einen zu finden, der das Original zum Gemaͤlde ſeyn koͤnnte: ſo hatte ich mir ein Geſetz gegeben, welches mir unendliche Schwie- rigkeiten verurſachte. So bald ich mit einer Abſchilderung fertig war, war dieſes meine er- ſte Sorge, daß ich ſie gegen diejenigen Geſich- ter hielt, die ich kannte, um zu verſuchen, ob vielleicht zu viel Aehnlichkeit von ihnen in mei- nein Gemaͤlde waͤre. Das Gemaͤlde ſelbſt zu
entwer-
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0014"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vorbericht.</hi></fw><lb/>
mich in dieſe Vergleichung nicht einlaſſen. Da-<lb/>
mit man aber gar keinen Vorwand behalte, an<lb/>
meinem Vorſatze zu zweifeln: ſo will ich eine<lb/>
wohlbedaͤchtige Einſchraͤnkung beyſetzen, unter<lb/>
welcher ich mein Geluͤbde gethan habe. Jch<lb/>
werde gewiß niemals weiter dergleichen ſatiriſche<lb/>
Schriften, weder unter meinem, noch frem-<lb/>
den Namen bekannt machen: Aber ich werde<lb/>
vielleicht noch verſchiedne Abhandlungen von<lb/>
dieſer Art ſchreiben. Jch werde ſie der Kritik<lb/>
einiger von meinen Freunden, und meinem<lb/>
verſchwiegnen Pulte anvertrauen, und nicht<lb/>
eher, als nach meinem Tode, ſoll das unpar-<lb/>
theyiſche Publicum zum Richter daruͤber ge-<lb/>ſetzt werden.</p><lb/><p>Jch finde bey dieſem Entſchluſſe hundert<lb/>
Vortheile, und viele Annehmlichkeiten, die ein<lb/>
Satirenſchreiber unmoͤglich haben kann, wel-<lb/>
cher von der Aufnahme ſeiner Werke Zeuge iſt.<lb/>
Da ich mir, vom Anfange an, das Geſetz ge-<lb/>
geben, keinen Menſchen durch meine Satiren<lb/>
zu beleidigen, ſondern ſie ſo allgemein zu ma-<lb/>
chen, daß es einem billigen Leſer unmoͤglich<lb/>
fallen ſollte, einen zu finden, der das Original<lb/>
zum Gemaͤlde ſeyn koͤnnte: ſo hatte ich mir ein<lb/>
Geſetz gegeben, welches mir unendliche Schwie-<lb/>
rigkeiten verurſachte. So bald ich mit einer<lb/>
Abſchilderung fertig war, war dieſes meine er-<lb/>ſte Sorge, daß ich ſie gegen diejenigen Geſich-<lb/>
ter hielt, die ich kannte, um zu verſuchen, ob<lb/>
vielleicht zu viel Aehnlichkeit von ihnen in mei-<lb/>
nein Gemaͤlde waͤre. Das Gemaͤlde ſelbſt zu<lb/><fwplace="bottom"type="catch">entwer-</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[0014]
Vorbericht.
mich in dieſe Vergleichung nicht einlaſſen. Da-
mit man aber gar keinen Vorwand behalte, an
meinem Vorſatze zu zweifeln: ſo will ich eine
wohlbedaͤchtige Einſchraͤnkung beyſetzen, unter
welcher ich mein Geluͤbde gethan habe. Jch
werde gewiß niemals weiter dergleichen ſatiriſche
Schriften, weder unter meinem, noch frem-
den Namen bekannt machen: Aber ich werde
vielleicht noch verſchiedne Abhandlungen von
dieſer Art ſchreiben. Jch werde ſie der Kritik
einiger von meinen Freunden, und meinem
verſchwiegnen Pulte anvertrauen, und nicht
eher, als nach meinem Tode, ſoll das unpar-
theyiſche Publicum zum Richter daruͤber ge-
ſetzt werden.
Jch finde bey dieſem Entſchluſſe hundert
Vortheile, und viele Annehmlichkeiten, die ein
Satirenſchreiber unmoͤglich haben kann, wel-
cher von der Aufnahme ſeiner Werke Zeuge iſt.
Da ich mir, vom Anfange an, das Geſetz ge-
geben, keinen Menſchen durch meine Satiren
zu beleidigen, ſondern ſie ſo allgemein zu ma-
chen, daß es einem billigen Leſer unmoͤglich
fallen ſollte, einen zu finden, der das Original
zum Gemaͤlde ſeyn koͤnnte: ſo hatte ich mir ein
Geſetz gegeben, welches mir unendliche Schwie-
rigkeiten verurſachte. So bald ich mit einer
Abſchilderung fertig war, war dieſes meine er-
ſte Sorge, daß ich ſie gegen diejenigen Geſich-
ter hielt, die ich kannte, um zu verſuchen, ob
vielleicht zu viel Aehnlichkeit von ihnen in mei-
nein Gemaͤlde waͤre. Das Gemaͤlde ſelbſt zu
entwer-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/14>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.