ratheter Personen versteht. Jn der That glaube ich auch, daß es wider die wahre Bedeutung des Wortes, und wider den Sprachgebrauch ist, wenn man die Liebe auf diese Art verstehen will. Für den Ehestand gehört Pflicht, und für un- verheirathete Personen Liebe.
Es wäre eine große Uebereilung von meinen Lesern, wenn sie glaubten, daß ich diese Einschrän- kung bloß aus einem misvergnügten Andenken wagte, welches bey mir von einer übelgewählten, und unglücklichen Ehe herkomme. Es ist vorbey, und ich habe meiner Frau alle Beleidigungen ver- geben, da sie so billig gewesen, und gestorben ist. Jch habe nicht nöthig, mich weiter zu entschuldi- gen. Der allgemeine Gebrauch unsrer Sprache ist für mich die beste Entschuldigung. Jch will nur noch ein paar Exempel anführen.
Vor Liebe sterben: Von wem sagt man das, als von jungen Personen, die sich noch nicht verheirathet haben? Ein verliebtes Paar: Sind das Mann und Frau? Eine ewige Liebe zu- schwören: Thut man das nicht vor der Verbin- dung? Die Liebe ist blind; gewiß nicht in der Ehe, denn alsdenn sieht eines des andern Fehler nur gar zu genau. Er schmachtet vor Liebe. Wer? der Mann? Ja wohl der Mann; aber vor Liebe zum Kammermädchen. Das laß ich gelten! Und die gnädige Frau? die ist rasend verliebt - - - - - in den Heyducken.
Tau-
Antons Panßa von Mancha
ratheter Perſonen verſteht. Jn der That glaube ich auch, daß es wider die wahre Bedeutung des Wortes, und wider den Sprachgebrauch iſt, wenn man die Liebe auf dieſe Art verſtehen will. Fuͤr den Eheſtand gehoͤrt Pflicht, und fuͤr un- verheirathete Perſonen Liebe.
Es waͤre eine große Uebereilung von meinen Leſern, wenn ſie glaubten, daß ich dieſe Einſchraͤn- kung bloß aus einem misvergnuͤgten Andenken wagte, welches bey mir von einer uͤbelgewaͤhlten, und ungluͤcklichen Ehe herkomme. Es iſt vorbey, und ich habe meiner Frau alle Beleidigungen ver- geben, da ſie ſo billig geweſen, und geſtorben iſt. Jch habe nicht noͤthig, mich weiter zu entſchuldi- gen. Der allgemeine Gebrauch unſrer Sprache iſt fuͤr mich die beſte Entſchuldigung. Jch will nur noch ein paar Exempel anfuͤhren.
Vor Liebe ſterben: Von wem ſagt man das, als von jungen Perſonen, die ſich noch nicht verheirathet haben? Ein verliebtes Paar: Sind das Mann und Frau? Eine ewige Liebe zu- ſchwoͤren: Thut man das nicht vor der Verbin- dung? Die Liebe iſt blind; gewiß nicht in der Ehe, denn alsdenn ſieht eines des andern Fehler nur gar zu genau. Er ſchmachtet vor Liebe. Wer? der Mann? Ja wohl der Mann; aber vor Liebe zum Kammermaͤdchen. Das laß ich gelten! Und die gnaͤdige Frau? die iſt raſend verliebt ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ in den Heyducken.
Tau-
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Antons Panßa von Mancha
ratheter Perſonen verſteht. Jn der That glaube
ich auch, daß es wider die wahre Bedeutung des
Wortes, und wider den Sprachgebrauch iſt,
wenn man die Liebe auf dieſe Art verſtehen will.
Fuͤr den Eheſtand gehoͤrt Pflicht, und fuͤr un-
verheirathete Perſonen Liebe.
Es waͤre eine große Uebereilung von meinen
Leſern, wenn ſie glaubten, daß ich dieſe Einſchraͤn-
kung bloß aus einem misvergnuͤgten Andenken
wagte, welches bey mir von einer uͤbelgewaͤhlten,
und ungluͤcklichen Ehe herkomme. Es iſt vorbey,
und ich habe meiner Frau alle Beleidigungen ver-
geben, da ſie ſo billig geweſen, und geſtorben iſt.
Jch habe nicht noͤthig, mich weiter zu entſchuldi-
gen. Der allgemeine Gebrauch unſrer Sprache
iſt fuͤr mich die beſte Entſchuldigung. Jch will
nur noch ein paar Exempel anfuͤhren.
Vor Liebe ſterben: Von wem ſagt man
das, als von jungen Perſonen, die ſich noch nicht
verheirathet haben? Ein verliebtes Paar: Sind
das Mann und Frau? Eine ewige Liebe zu-
ſchwoͤren: Thut man das nicht vor der Verbin-
dung? Die Liebe iſt blind; gewiß nicht in der
Ehe, denn alsdenn ſieht eines des andern Fehler
nur gar zu genau. Er ſchmachtet vor Liebe.
Wer? der Mann? Ja wohl der Mann; aber
vor Liebe zum Kammermaͤdchen. Das laß ich
gelten! Und die gnaͤdige Frau? die iſt raſend
verliebt ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ in den Heyducken.
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/122>, abgerufen am 23.11.2024.
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