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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
Diese Weisheit, ich will es nur gestehen, habe
ich nicht von mir selbst. Sie gründet sich auf
die Erfahrung eines meiner Freunde, welcher
weit ehrlicher aussieht, als er ist, und er befindet
sich ungemein wohl dabey. - - - - - - -
Die Richter, denn die Richter sind auch Men-
schen, würden durch den angenommenen Schein
der Ehrlichkeit viel leichter zu hintergehen seyn,
und bewogen werden, ein gutes Urtheil zu spre-
chen, an statt daß sie, um den Vorwurf zu ver-
meiden, der Ungerechtigkeit ablegen müssen, von
welcher viele von ihnen außerdem so gar abgesagte
Feinde nicht sind. Sie sind schon etwas behut-
samer. Bey einer gerechtigkeitliebenden Miene
sind sie immer im Stande, alles, was sie sagen,
von Rechtswegen zu sagen, und sie sind in der
Kunst, sich zu verstellen, so gesetzt, daß sie auch
in dreyßig Jahren noch, denn so lange währt ge-
meiniglich der geringste Proceß, eben die ehrliche
Miene beybehalten, welche sie gleich Anfangs
machten, als der Krieg Rechtens befestigt ward.
Jch finde um deßwillen bey den Richtern wenig
zu erinnern, und es sind nur einige, welche sich
so unvorsichtig bezeigen, daß man es ihnen gleich
an dem Maule ansehen kann, daß sie mit den Ad-
vocaten einstimmig geworden sind, sich in die Beute
zu theilen. Diese wenigen werden sich ohne mein
weiteres Erinnern an dem Exempel anderer erbau-
en, und vorsichtiger werden, damit sie, obschon nicht
ehrlich, doch reich werden mögen. - - - -

Auf

Antons Panßa von Mancha
Dieſe Weisheit, ich will es nur geſtehen, habe
ich nicht von mir ſelbſt. Sie gruͤndet ſich auf
die Erfahrung eines meiner Freunde, welcher
weit ehrlicher ausſieht, als er iſt, und er befindet
ſich ungemein wohl dabey. ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
Die Richter, denn die Richter ſind auch Men-
ſchen, wuͤrden durch den angenommenen Schein
der Ehrlichkeit viel leichter zu hintergehen ſeyn,
und bewogen werden, ein gutes Urtheil zu ſpre-
chen, an ſtatt daß ſie, um den Vorwurf zu ver-
meiden, der Ungerechtigkeit ablegen muͤſſen, von
welcher viele von ihnen außerdem ſo gar abgeſagte
Feinde nicht ſind. Sie ſind ſchon etwas behut-
ſamer. Bey einer gerechtigkeitliebenden Miene
ſind ſie immer im Stande, alles, was ſie ſagen,
von Rechtswegen zu ſagen, und ſie ſind in der
Kunſt, ſich zu verſtellen, ſo geſetzt, daß ſie auch
in dreyßig Jahren noch, denn ſo lange waͤhrt ge-
meiniglich der geringſte Proceß, eben die ehrliche
Miene beybehalten, welche ſie gleich Anfangs
machten, als der Krieg Rechtens befeſtigt ward.
Jch finde um deßwillen bey den Richtern wenig
zu erinnern, und es ſind nur einige, welche ſich
ſo unvorſichtig bezeigen, daß man es ihnen gleich
an dem Maule anſehen kann, daß ſie mit den Ad-
vocaten einſtimmig geworden ſind, ſich in die Beute
zu theilen. Dieſe wenigen werden ſich ohne mein
weiteres Erinnern an dem Exempel anderer erbau-
en, und vorſichtiger werden, damit ſie, obſchon nicht
ehrlich, doch reich werden moͤgen. ‒ ‒ ‒ ‒

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[94/0116] Antons Panßa von Mancha Dieſe Weisheit, ich will es nur geſtehen, habe ich nicht von mir ſelbſt. Sie gruͤndet ſich auf die Erfahrung eines meiner Freunde, welcher weit ehrlicher ausſieht, als er iſt, und er befindet ſich ungemein wohl dabey. ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Die Richter, denn die Richter ſind auch Men- ſchen, wuͤrden durch den angenommenen Schein der Ehrlichkeit viel leichter zu hintergehen ſeyn, und bewogen werden, ein gutes Urtheil zu ſpre- chen, an ſtatt daß ſie, um den Vorwurf zu ver- meiden, der Ungerechtigkeit ablegen muͤſſen, von welcher viele von ihnen außerdem ſo gar abgeſagte Feinde nicht ſind. Sie ſind ſchon etwas behut- ſamer. Bey einer gerechtigkeitliebenden Miene ſind ſie immer im Stande, alles, was ſie ſagen, von Rechtswegen zu ſagen, und ſie ſind in der Kunſt, ſich zu verſtellen, ſo geſetzt, daß ſie auch in dreyßig Jahren noch, denn ſo lange waͤhrt ge- meiniglich der geringſte Proceß, eben die ehrliche Miene beybehalten, welche ſie gleich Anfangs machten, als der Krieg Rechtens befeſtigt ward. Jch finde um deßwillen bey den Richtern wenig zu erinnern, und es ſind nur einige, welche ſich ſo unvorſichtig bezeigen, daß man es ihnen gleich an dem Maule anſehen kann, daß ſie mit den Ad- vocaten einſtimmig geworden ſind, ſich in die Beute zu theilen. Dieſe wenigen werden ſich ohne mein weiteres Erinnern an dem Exempel anderer erbau- en, und vorſichtiger werden, damit ſie, obſchon nicht ehrlich, doch reich werden moͤgen. ‒ ‒ ‒ ‒ Auf

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/116>, abgerufen am 23.11.2024.