Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite
Satyrische Briefe.
Kleiner Narr,

Thust du doch so demüthig und erbar, als wenn
wir einander erst gestern hätten kennen lernen.
Verlaß dich auf mich! Habe ich dich das erstemal
mit Ehren unter die Haube gebracht: so will ich
dich auch itzt gewiß mit Ehren unter der Haube er-
halten. Dein neuer Herr Candidat ist verflucht
hitzig. Wer Teufel hat ihn so kirre gemacht? Jch
glaube, wenn es nach ihm gienge: so machte er mit
dir Hochzeit, ehe er noch die Gastpredigt thäte. Er
wird auf den Sonnabend anmarschirt kommen.
Neige dich fein tief, und werde hübsch roth, wenn
er dir einen demüthigen Buckel macht. Aber, das
rathe ich dir, Hanchen, gieb ja wohl auf deine
schelmischen Augen acht. Dein schwarzer Ritter,
so hitzig er ist, scheint mir kein solcher ehrfurchtsvol-
ler Pinsel zu seyn, wie der selige gute Mann, dem
ich wohl hätte ein längeres Leben wünschen wollen.
Laß es gut seyn, wir wollen ihn schon dressiren,
wenn wir ihn nur einmal da haben, wo wir ihn
haben wollen. Stell dich ja recht züchtig und fromm;
wenn er dein Mann ist, kannst du schon wieder ein-
bringen, was du itzt versäumst. Fromme Witt-
wen, böse Weiber! Nicht wahr? Kann ich Urlaub
erhalten, so komme ich auf den Sonntag früh selbst.
Da mußt du recht erschrecken, wenn ich komme. Je!

Gnä-
Satyriſche Briefe.
Kleiner Narr,

Thuſt du doch ſo demuͤthig und erbar, als wenn
wir einander erſt geſtern haͤtten kennen lernen.
Verlaß dich auf mich! Habe ich dich das erſtemal
mit Ehren unter die Haube gebracht: ſo will ich
dich auch itzt gewiß mit Ehren unter der Haube er-
halten. Dein neuer Herr Candidat iſt verflucht
hitzig. Wer Teufel hat ihn ſo kirre gemacht? Jch
glaube, wenn es nach ihm gienge: ſo machte er mit
dir Hochzeit, ehe er noch die Gaſtpredigt thaͤte. Er
wird auf den Sonnabend anmarſchirt kommen.
Neige dich fein tief, und werde huͤbſch roth, wenn
er dir einen demuͤthigen Buckel macht. Aber, das
rathe ich dir, Hanchen, gieb ja wohl auf deine
ſchelmiſchen Augen acht. Dein ſchwarzer Ritter,
ſo hitzig er iſt, ſcheint mir kein ſolcher ehrfurchtsvol-
ler Pinſel zu ſeyn, wie der ſelige gute Mann, dem
ich wohl haͤtte ein laͤngeres Leben wuͤnſchen wollen.
Laß es gut ſeyn, wir wollen ihn ſchon dreſſiren,
wenn wir ihn nur einmal da haben, wo wir ihn
haben wollen. Stell dich ja recht zuͤchtig und fromm;
wenn er dein Mann iſt, kannſt du ſchon wieder ein-
bringen, was du itzt verſaͤumſt. Fromme Witt-
wen, boͤſe Weiber! Nicht wahr? Kann ich Urlaub
erhalten, ſo komme ich auf den Sonntag fruͤh ſelbſt.
Da mußt du recht erſchrecken, wenn ich komme. Je!

Gnaͤ-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <pb facs="#f0062" n="34"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Satyri&#x017F;che Briefe.</hi> </fw><lb/>
            <div type="letter">
              <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Kleiner Narr,</hi> </hi> </salute><lb/>
              <p><hi rendition="#in">T</hi>hu&#x017F;t du doch &#x017F;o demu&#x0364;thig und erbar, als wenn<lb/>
wir einander er&#x017F;t ge&#x017F;tern ha&#x0364;tten kennen lernen.<lb/>
Verlaß dich auf mich! Habe ich dich das er&#x017F;temal<lb/>
mit Ehren unter die Haube gebracht: &#x017F;o will ich<lb/>
dich auch itzt gewiß mit Ehren unter der Haube er-<lb/>
halten. Dein neuer Herr Candidat i&#x017F;t verflucht<lb/>
hitzig. Wer Teufel hat ihn &#x017F;o kirre gemacht? Jch<lb/>
glaube, wenn es nach ihm gienge: &#x017F;o machte er mit<lb/>
dir Hochzeit, ehe er noch die Ga&#x017F;tpredigt tha&#x0364;te. Er<lb/>
wird auf den Sonnabend anmar&#x017F;chirt kommen.<lb/>
Neige dich fein tief, und werde hu&#x0364;b&#x017F;ch roth, wenn<lb/>
er dir einen demu&#x0364;thigen Buckel macht. Aber, das<lb/>
rathe ich dir, Hanchen, gieb ja wohl auf deine<lb/>
&#x017F;chelmi&#x017F;chen Augen acht. Dein &#x017F;chwarzer Ritter,<lb/>
&#x017F;o hitzig er i&#x017F;t, &#x017F;cheint mir kein &#x017F;olcher ehrfurchtsvol-<lb/>
ler Pin&#x017F;el zu &#x017F;eyn, wie der &#x017F;elige gute Mann, dem<lb/>
ich wohl ha&#x0364;tte ein la&#x0364;ngeres Leben wu&#x0364;n&#x017F;chen wollen.<lb/>
Laß es gut &#x017F;eyn, wir wollen ihn &#x017F;chon dre&#x017F;&#x017F;iren,<lb/>
wenn wir ihn nur einmal da haben, wo wir ihn<lb/>
haben wollen. Stell dich ja recht zu&#x0364;chtig und fromm;<lb/>
wenn er dein Mann i&#x017F;t, kann&#x017F;t du &#x017F;chon wieder ein-<lb/>
bringen, was du itzt ver&#x017F;a&#x0364;um&#x017F;t. Fromme Witt-<lb/>
wen, bo&#x0364;&#x017F;e Weiber! Nicht wahr? Kann ich Urlaub<lb/>
erhalten, &#x017F;o komme ich auf den Sonntag fru&#x0364;h &#x017F;elb&#x017F;t.<lb/>
Da mußt du recht er&#x017F;chrecken, wenn ich komme. Je!<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gna&#x0364;-</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0062] Satyriſche Briefe. Kleiner Narr, Thuſt du doch ſo demuͤthig und erbar, als wenn wir einander erſt geſtern haͤtten kennen lernen. Verlaß dich auf mich! Habe ich dich das erſtemal mit Ehren unter die Haube gebracht: ſo will ich dich auch itzt gewiß mit Ehren unter der Haube er- halten. Dein neuer Herr Candidat iſt verflucht hitzig. Wer Teufel hat ihn ſo kirre gemacht? Jch glaube, wenn es nach ihm gienge: ſo machte er mit dir Hochzeit, ehe er noch die Gaſtpredigt thaͤte. Er wird auf den Sonnabend anmarſchirt kommen. Neige dich fein tief, und werde huͤbſch roth, wenn er dir einen demuͤthigen Buckel macht. Aber, das rathe ich dir, Hanchen, gieb ja wohl auf deine ſchelmiſchen Augen acht. Dein ſchwarzer Ritter, ſo hitzig er iſt, ſcheint mir kein ſolcher ehrfurchtsvol- ler Pinſel zu ſeyn, wie der ſelige gute Mann, dem ich wohl haͤtte ein laͤngeres Leben wuͤnſchen wollen. Laß es gut ſeyn, wir wollen ihn ſchon dreſſiren, wenn wir ihn nur einmal da haben, wo wir ihn haben wollen. Stell dich ja recht zuͤchtig und fromm; wenn er dein Mann iſt, kannſt du ſchon wieder ein- bringen, was du itzt verſaͤumſt. Fromme Witt- wen, boͤſe Weiber! Nicht wahr? Kann ich Urlaub erhalten, ſo komme ich auf den Sonntag fruͤh ſelbſt. Da mußt du recht erſchrecken, wenn ich komme. Je! Gnaͤ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/62
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/62>, abgerufen am 20.11.2024.