[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.Vorbericht. schreiben. Viele von ihnen reden unddenken pöbelmäßig, und wie sie reden und denken, so schreiben sie auch ihre Briefe; sie schreiben sehr viele Briefe, weil ihnen der Mangel des Verstandes den Vortheil verschafft, daß sie mit gro- ßer Geschwindigkeit wenig denken, und viel plaudern. So muß man es machen, wenn man, nach ihrer Art, scherzhafte, freundschaftliche, oder vertraute Briefe der Welt mittheilen will. Der steife und strotzende Witz, den uns die Aus- länder so oft vorwerfen, äussert sich be- sonders bey denen, welche fühlen, daß sie gelehrt und belesen sind, auf eine an- dre Art. Sie machen sehr tiefsinnige Abhandlungen von uralten Wahrhei- ten, jagen solche durch alle Fächer der Dialektik und Schulberedtsamkeit durch, machen dieses gothische Gewebe mit Sentenzen der Alten erbaulich, und mit schönen
Vorbericht. ſchreiben. Viele von ihnen reden unddenken poͤbelmaͤßig, und wie ſie reden und denken, ſo ſchreiben ſie auch ihre Briefe; ſie ſchreiben ſehr viele Briefe, weil ihnen der Mangel des Verſtandes den Vortheil verſchafft, daß ſie mit gro- ßer Geſchwindigkeit wenig denken, und viel plaudern. So muß man es machen, wenn man, nach ihrer Art, ſcherzhafte, freundſchaftliche, oder vertraute Briefe der Welt mittheilen will. Der ſteife und ſtrotzende Witz, den uns die Aus- laͤnder ſo oft vorwerfen, aͤuſſert ſich be- ſonders bey denen, welche fuͤhlen, daß ſie gelehrt und beleſen ſind, auf eine an- dre Art. Sie machen ſehr tiefſinnige Abhandlungen von uralten Wahrhei- ten, jagen ſolche durch alle Faͤcher der Dialektik und Schulberedtſamkeit durch, machen dieſes gothiſche Gewebe mit Sentenzen der Alten erbaulich, und mit ſchoͤnen
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Vorbericht.
ſchreiben. Viele von ihnen reden und
denken poͤbelmaͤßig, und wie ſie reden
und denken, ſo ſchreiben ſie auch ihre
Briefe; ſie ſchreiben ſehr viele Briefe,
weil ihnen der Mangel des Verſtandes
den Vortheil verſchafft, daß ſie mit gro-
ßer Geſchwindigkeit wenig denken, und
viel plaudern. So muß man es machen,
wenn man, nach ihrer Art, ſcherzhafte,
freundſchaftliche, oder vertraute Briefe
der Welt mittheilen will. Der ſteife
und ſtrotzende Witz, den uns die Aus-
laͤnder ſo oft vorwerfen, aͤuſſert ſich be-
ſonders bey denen, welche fuͤhlen, daß
ſie gelehrt und beleſen ſind, auf eine an-
dre Art. Sie machen ſehr tiefſinnige
Abhandlungen von uralten Wahrhei-
ten, jagen ſolche durch alle Faͤcher der
Dialektik und Schulberedtſamkeit durch,
machen dieſes gothiſche Gewebe mit
Sentenzen der Alten erbaulich, und mit
ſchoͤnen
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