[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.Satyrische Briefe. ten wir der Bürgercanaille wohl anders begegnen.Laß ihn eine Weile laufen, er wird es schon über- drüssig werden. Fürchtest Du dich vor dem Wech- selarreste? Du wirst kein Kind seyn! Wer so viel schuldig ist, wie Du, der, dächte ich, sollte das Handwerk besser verstehn. Verstehst Du es nicht, so rede mit meinem Advocaten, der wird Dich es lehren, und wenn Du es verlangst, so soll er die Sache so herum drehen, daß Dir Dein Gläubiger noch Abbitte und Ehrenerklärung thun muß. Ein guter Advocat ist allemal besser, als baar Geld! Jst es unrecht? Gut, da laß ihn dafür sorgen, und fährt er zum Teufel, so fährt einer mehr hin! Das schadet Dir nichts. Dafür ist er ein Advocat, daß er wissen muß was Rechtens ist. Lebe wohl, es wird schon gehn! Hochgeehrter Herr Doctor, Der Herr Oberstlieutenant von - - - hat mir Gnä-
Satyriſche Briefe. ten wir der Buͤrgercanaille wohl anders begegnen.Laß ihn eine Weile laufen, er wird es ſchon uͤber- druͤſſig werden. Fuͤrchteſt Du dich vor dem Wech- ſelarreſte? Du wirſt kein Kind ſeyn! Wer ſo viel ſchuldig iſt, wie Du, der, daͤchte ich, ſollte das Handwerk beſſer verſtehn. Verſtehſt Du es nicht, ſo rede mit meinem Advocaten, der wird Dich es lehren, und wenn Du es verlangſt, ſo ſoll er die Sache ſo herum drehen, daß Dir Dein Glaͤubiger noch Abbitte und Ehrenerklaͤrung thun muß. Ein guter Advocat iſt allemal beſſer, als baar Geld! Jſt es unrecht? Gut, da laß ihn dafuͤr ſorgen, und faͤhrt er zum Teufel, ſo faͤhrt einer mehr hin! Das ſchadet Dir nichts. Dafuͤr iſt er ein Advocat, daß er wiſſen muß was Rechtens iſt. Lebe wohl, es wird ſchon gehn! Hochgeehrter Herr Doctor, Der Herr Oberſtlieutenant von ‒ ‒ ‒ hat mir Gnaͤ-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div n="2"> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0424" n="396"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Satyriſche Briefe.</hi></fw><lb/> ten wir der Buͤrgercanaille wohl anders begegnen.<lb/> Laß ihn eine Weile laufen, er wird es ſchon uͤber-<lb/> druͤſſig werden. Fuͤrchteſt Du dich vor dem Wech-<lb/> ſelarreſte? Du wirſt kein Kind ſeyn! Wer ſo viel<lb/> ſchuldig iſt, wie Du, der, daͤchte ich, ſollte das<lb/> Handwerk beſſer verſtehn. Verſtehſt Du es nicht,<lb/> ſo rede mit meinem Advocaten, der wird Dich es<lb/> lehren, und wenn Du es verlangſt, ſo ſoll er die<lb/> Sache ſo herum drehen, daß Dir Dein Glaͤubiger<lb/> noch Abbitte und Ehrenerklaͤrung thun muß. Ein<lb/> guter Advocat iſt allemal beſſer, als baar Geld!<lb/> Jſt es unrecht? Gut, da laß ihn dafuͤr ſorgen, und<lb/> faͤhrt er zum Teufel, ſo faͤhrt einer mehr hin! Das<lb/> ſchadet Dir nichts. Dafuͤr iſt er ein Advocat, daß<lb/> er wiſſen muß was Rechtens iſt. Lebe wohl, es<lb/> wird ſchon gehn!</p> </div> </div><lb/> <div type="letter"> <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Hochgeehrter Herr Doctor,</hi> </hi> </salute><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>er Herr Oberſtlieutenant von ‒ ‒ ‒ hat mir<lb/> Sie als einen ſehr geſchickten Advocaten an-<lb/> geruͤhmt. Jch brauche Jhre Huͤlfe Der Kauf-<lb/> mann N. hat einen Wechſel von mir auf zweytau-<lb/> ſend Thaler, die ich nicht bezahlen kann, und doch<lb/> bezahlen ſoll, wenn ich nicht Arreſt haben will.<lb/> Was ſoll ich thun? Hindert Sie Jhre Krankheit,<lb/> ſelbſt zu mir zu kommen: ſo ſchreiben Sie mir we-<lb/> nigſtens ein paar Zeilen, und geben mir einen gu-<lb/> ten Rath. Jch will erkenntlich ſeyn. Leben Sie<lb/> wohl.</p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Gnaͤ-</fw><lb/> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [396/0424]
Satyriſche Briefe.
ten wir der Buͤrgercanaille wohl anders begegnen.
Laß ihn eine Weile laufen, er wird es ſchon uͤber-
druͤſſig werden. Fuͤrchteſt Du dich vor dem Wech-
ſelarreſte? Du wirſt kein Kind ſeyn! Wer ſo viel
ſchuldig iſt, wie Du, der, daͤchte ich, ſollte das
Handwerk beſſer verſtehn. Verſtehſt Du es nicht,
ſo rede mit meinem Advocaten, der wird Dich es
lehren, und wenn Du es verlangſt, ſo ſoll er die
Sache ſo herum drehen, daß Dir Dein Glaͤubiger
noch Abbitte und Ehrenerklaͤrung thun muß. Ein
guter Advocat iſt allemal beſſer, als baar Geld!
Jſt es unrecht? Gut, da laß ihn dafuͤr ſorgen, und
faͤhrt er zum Teufel, ſo faͤhrt einer mehr hin! Das
ſchadet Dir nichts. Dafuͤr iſt er ein Advocat, daß
er wiſſen muß was Rechtens iſt. Lebe wohl, es
wird ſchon gehn!
Hochgeehrter Herr Doctor,
Der Herr Oberſtlieutenant von ‒ ‒ ‒ hat mir
Sie als einen ſehr geſchickten Advocaten an-
geruͤhmt. Jch brauche Jhre Huͤlfe Der Kauf-
mann N. hat einen Wechſel von mir auf zweytau-
ſend Thaler, die ich nicht bezahlen kann, und doch
bezahlen ſoll, wenn ich nicht Arreſt haben will.
Was ſoll ich thun? Hindert Sie Jhre Krankheit,
ſelbſt zu mir zu kommen: ſo ſchreiben Sie mir we-
nigſtens ein paar Zeilen, und geben mir einen gu-
ten Rath. Jch will erkenntlich ſeyn. Leben Sie
wohl.
Gnaͤ-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |