"Es ist nicht zu läugnen, daß oftmals ein "Frauenzimmer bürgerlichen Standes "durch ihre Tugenden und ihre gute Auf- "führung das Glück verdient, sich mit einem vom "Adel zu verbinden. Trägt ihre Schönheit et- "was dazu bey, so ist es für sie ein Vorzug mehr; "und sie verdient doppelte Achtung, wenn ihr Ver- "mögen so ansehnlich ist, daß sie ihren Mann auch "auf dieser Seite glücklich machen kann. Die "Erfahrung lehrt uns, daß dergleichen Ehen "vielmal der Grund einer dauerhaften Zufrieden- "heit sind. Wenn beide Theile mit Vernunft "wählen, und mit Zärtlichkeit sich lieben: so ha- "ben sie ein Recht, alle die Spöttereyen großmü- "thig zu verachten, welche von dem Pöbel darü- "ber ausgestoßen werden.
"Was ich hier angeführt habe, ist die Schutz- "schrift von dem, wovon nachstehende Briefe han- "deln. Sie gehn diejenigen nichts an, welche "vernünftig sind; und sie können nur die beleidi- "gen, welche ein Recht haben, sich für die Origi- "nale dazu aufzuwerfen. Sie werden sich wohl "selbst melden; noch zur Zeit kenne ich sie nicht, "und ich werde mich sehr erfreuen, wenn meine "Leser sich überzeugen können, daß es dergleichen "Originale nirgends gebe. Jch will den Vorwurf "gern leiden, daß meine Charakter unwahrscheinlich "sind. Was ich als Autor dabey verliere, das ge-
winne
Satyriſche Briefe.
„Es iſt nicht zu laͤugnen, daß oftmals ein „Frauenzimmer buͤrgerlichen Standes „durch ihre Tugenden und ihre gute Auf- „fuͤhrung das Gluͤck verdient, ſich mit einem vom „Adel zu verbinden. Traͤgt ihre Schoͤnheit et- „was dazu bey, ſo iſt es fuͤr ſie ein Vorzug mehr; „und ſie verdient doppelte Achtung, wenn ihr Ver- „moͤgen ſo anſehnlich iſt, daß ſie ihren Mann auch „auf dieſer Seite gluͤcklich machen kann. Die „Erfahrung lehrt uns, daß dergleichen Ehen „vielmal der Grund einer dauerhaften Zufrieden- „heit ſind. Wenn beide Theile mit Vernunft „waͤhlen, und mit Zaͤrtlichkeit ſich lieben: ſo ha- „ben ſie ein Recht, alle die Spoͤttereyen großmuͤ- „thig zu verachten, welche von dem Poͤbel daruͤ- „ber ausgeſtoßen werden.
„Was ich hier angefuͤhrt habe, iſt die Schutz- „ſchrift von dem, wovon nachſtehende Briefe han- „deln. Sie gehn diejenigen nichts an, welche „vernuͤnftig ſind; und ſie koͤnnen nur die beleidi- „gen, welche ein Recht haben, ſich fuͤr die Origi- „nale dazu aufzuwerfen. Sie werden ſich wohl „ſelbſt melden; noch zur Zeit kenne ich ſie nicht, „und ich werde mich ſehr erfreuen, wenn meine „Leſer ſich uͤberzeugen koͤnnen, daß es dergleichen „Originale nirgends gebe. Jch will den Vorwurf „gern leiden, daß meine Charakter unwahrſcheinlich „ſind. Was ich als Autor dabey verliere, das ge-
winne
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0404"n="376"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Satyriſche Briefe.</hi></fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>„<hirendition="#in">E</hi>s iſt nicht zu laͤugnen, daß oftmals ein<lb/>„Frauenzimmer buͤrgerlichen Standes<lb/>„durch ihre Tugenden und ihre gute Auf-<lb/>„fuͤhrung das Gluͤck verdient, ſich mit einem vom<lb/>„Adel zu verbinden. Traͤgt ihre Schoͤnheit et-<lb/>„was dazu bey, ſo iſt es fuͤr ſie ein Vorzug mehr;<lb/>„und ſie verdient doppelte Achtung, wenn ihr Ver-<lb/>„moͤgen ſo anſehnlich iſt, daß ſie ihren Mann auch<lb/>„auf dieſer Seite gluͤcklich machen kann. Die<lb/>„Erfahrung lehrt uns, daß dergleichen Ehen<lb/>„vielmal der Grund einer dauerhaften Zufrieden-<lb/>„heit ſind. Wenn beide Theile mit Vernunft<lb/>„waͤhlen, und mit Zaͤrtlichkeit ſich lieben: ſo ha-<lb/>„ben ſie ein Recht, alle die Spoͤttereyen großmuͤ-<lb/>„thig zu verachten, welche von dem Poͤbel daruͤ-<lb/>„ber ausgeſtoßen werden.</p><lb/><p>„Was ich hier angefuͤhrt habe, iſt die Schutz-<lb/>„ſchrift von dem, wovon nachſtehende Briefe han-<lb/>„deln. Sie gehn diejenigen nichts an, welche<lb/>„vernuͤnftig ſind; und ſie koͤnnen nur die beleidi-<lb/>„gen, welche ein Recht haben, ſich fuͤr die Origi-<lb/>„nale dazu aufzuwerfen. Sie werden ſich wohl<lb/>„ſelbſt melden; noch zur Zeit kenne ich ſie nicht,<lb/>„und ich werde mich ſehr erfreuen, wenn meine<lb/>„Leſer ſich uͤberzeugen koͤnnen, daß es dergleichen<lb/>„Originale nirgends gebe. Jch will den Vorwurf<lb/>„gern leiden, daß meine Charakter unwahrſcheinlich<lb/>„ſind. Was ich als Autor dabey verliere, das ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">winne</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[376/0404]
Satyriſche Briefe.
„Es iſt nicht zu laͤugnen, daß oftmals ein
„Frauenzimmer buͤrgerlichen Standes
„durch ihre Tugenden und ihre gute Auf-
„fuͤhrung das Gluͤck verdient, ſich mit einem vom
„Adel zu verbinden. Traͤgt ihre Schoͤnheit et-
„was dazu bey, ſo iſt es fuͤr ſie ein Vorzug mehr;
„und ſie verdient doppelte Achtung, wenn ihr Ver-
„moͤgen ſo anſehnlich iſt, daß ſie ihren Mann auch
„auf dieſer Seite gluͤcklich machen kann. Die
„Erfahrung lehrt uns, daß dergleichen Ehen
„vielmal der Grund einer dauerhaften Zufrieden-
„heit ſind. Wenn beide Theile mit Vernunft
„waͤhlen, und mit Zaͤrtlichkeit ſich lieben: ſo ha-
„ben ſie ein Recht, alle die Spoͤttereyen großmuͤ-
„thig zu verachten, welche von dem Poͤbel daruͤ-
„ber ausgeſtoßen werden.
„Was ich hier angefuͤhrt habe, iſt die Schutz-
„ſchrift von dem, wovon nachſtehende Briefe han-
„deln. Sie gehn diejenigen nichts an, welche
„vernuͤnftig ſind; und ſie koͤnnen nur die beleidi-
„gen, welche ein Recht haben, ſich fuͤr die Origi-
„nale dazu aufzuwerfen. Sie werden ſich wohl
„ſelbſt melden; noch zur Zeit kenne ich ſie nicht,
„und ich werde mich ſehr erfreuen, wenn meine
„Leſer ſich uͤberzeugen koͤnnen, daß es dergleichen
„Originale nirgends gebe. Jch will den Vorwurf
„gern leiden, daß meine Charakter unwahrſcheinlich
„ſind. Was ich als Autor dabey verliere, das ge-
winne
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/404>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.