Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Satyrische Briefe.
sen, daß ich ihn lieb habe; der leichtfertge Schelm!
Er ist noch nicht vierzehn Jahr alt, und hat in hu-
manioris
gar feine principio. Ferdinand, ist
meiner Frau ihr Junge. Er ist immer kränklich,
und das geringste Aergerniß kann ihm schaden.
Das gute Kind will mit lauter Liebe gezogen seyn,
und meine Frau hat schon zween Bediente wegge-
jagt, die ihm unfreundlich begegnet haben. Das
älteste Mädchen ist zwölf Jahre. Sie soll noch ein
bißchen Catechissen lernen, und hernach will ich dem
kleinen Nickel einen Mann geben, der mag sehn
wie er mit ihr zu Rechte kömmt. Mit dem kleinen
Mädchen hat der Hofmeister gar nichts zu thun,
die behält die Mamsell bey sich. Sehn Sie nun,
Herr Professor, das ist die Arbeit alle. Jch wer-
de Jhnen sehr verbunden seyn, wenn Sie mir einen
hübschen Menschen vorschlagen. Jch verlange wei-
ter nichts von ihm, als daß er gut Latein versteht,
sich in Wäsche und Kleidung reinlich und sauber
hält, Französisch und Jtaliänisch sprechen kann, eine
schöne Hand schreibt, die Mathimatik versteht,
Verse macht, so viel man fürs Haus braucht, tan-
zen, fechten und reuten kann, und wo möglich, ein
wenig zeichnet. Jn der Historie muß er auch gut
beschlagen seyn, vor allen Dingen aber in der Wap-
penkunst. Jst er schon auf Reisen gewesen; desto
besser. Aber er muß sich gefallen lassen, bey mir
auf meinem Gute zu bleiben, und sich wenigstens
auf sechs Jahre bey mir zu vermiethen. Dafür
soll er bey meinen Kindern auf der Stube freye

Wohnung

Satyriſche Briefe.
ſen, daß ich ihn lieb habe; der leichtfertge Schelm!
Er iſt noch nicht vierzehn Jahr alt, und hat in hu-
manioris
gar feine principio. Ferdinand, iſt
meiner Frau ihr Junge. Er iſt immer kraͤnklich,
und das geringſte Aergerniß kann ihm ſchaden.
Das gute Kind will mit lauter Liebe gezogen ſeyn,
und meine Frau hat ſchon zween Bediente wegge-
jagt, die ihm unfreundlich begegnet haben. Das
aͤlteſte Maͤdchen iſt zwoͤlf Jahre. Sie ſoll noch ein
bißchen Catechiſſen lernen, und hernach will ich dem
kleinen Nickel einen Mann geben, der mag ſehn
wie er mit ihr zu Rechte koͤmmt. Mit dem kleinen
Maͤdchen hat der Hofmeiſter gar nichts zu thun,
die behaͤlt die Mamſell bey ſich. Sehn Sie nun,
Herr Profeſſor, das iſt die Arbeit alle. Jch wer-
de Jhnen ſehr verbunden ſeyn, wenn Sie mir einen
huͤbſchen Menſchen vorſchlagen. Jch verlange wei-
ter nichts von ihm, als daß er gut Latein verſteht,
ſich in Waͤſche und Kleidung reinlich und ſauber
haͤlt, Franzoͤſiſch und Jtaliaͤniſch ſprechen kann, eine
ſchoͤne Hand ſchreibt, die Mathimatik verſteht,
Verſe macht, ſo viel man fuͤrs Haus braucht, tan-
zen, fechten und reuten kann, und wo moͤglich, ein
wenig zeichnet. Jn der Hiſtorie muß er auch gut
beſchlagen ſeyn, vor allen Dingen aber in der Wap-
penkunſt. Jſt er ſchon auf Reiſen geweſen; deſto
beſſer. Aber er muß ſich gefallen laſſen, bey mir
auf meinem Gute zu bleiben, und ſich wenigſtens
auf ſechs Jahre bey mir zu vermiethen. Dafuͤr
ſoll er bey meinen Kindern auf der Stube freye

Wohnung
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <p><pb facs="#f0039" n="11"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Satyri&#x017F;che Briefe.</hi></fw><lb/>
&#x017F;en, daß ich ihn lieb habe; der leichtfertge Schelm!<lb/>
Er i&#x017F;t noch nicht vierzehn Jahr alt, und hat in <hi rendition="#aq">hu-<lb/>
manioris</hi> gar feine <hi rendition="#aq">principio.</hi> Ferdinand, i&#x017F;t<lb/>
meiner Frau ihr Junge. Er i&#x017F;t immer kra&#x0364;nklich,<lb/>
und das gering&#x017F;te Aergerniß kann ihm &#x017F;chaden.<lb/>
Das gute Kind will mit lauter Liebe gezogen &#x017F;eyn,<lb/>
und meine Frau hat &#x017F;chon zween Bediente wegge-<lb/>
jagt, die ihm unfreundlich begegnet haben. Das<lb/>
a&#x0364;lte&#x017F;te Ma&#x0364;dchen i&#x017F;t zwo&#x0364;lf Jahre. Sie &#x017F;oll noch ein<lb/>
bißchen Catechi&#x017F;&#x017F;en lernen, und hernach will ich dem<lb/>
kleinen Nickel einen Mann geben, der mag &#x017F;ehn<lb/>
wie er mit ihr zu Rechte ko&#x0364;mmt. Mit dem kleinen<lb/>
Ma&#x0364;dchen hat der Hofmei&#x017F;ter gar nichts zu thun,<lb/>
die beha&#x0364;lt die Mam&#x017F;ell bey &#x017F;ich. Sehn Sie nun,<lb/>
Herr Profe&#x017F;&#x017F;or, das i&#x017F;t die Arbeit alle. Jch wer-<lb/>
de Jhnen &#x017F;ehr verbunden &#x017F;eyn, wenn Sie mir einen<lb/>
hu&#x0364;b&#x017F;chen Men&#x017F;chen vor&#x017F;chlagen. Jch verlange wei-<lb/>
ter nichts von ihm, als daß er gut Latein ver&#x017F;teht,<lb/>
&#x017F;ich in Wa&#x0364;&#x017F;che und Kleidung reinlich und &#x017F;auber<lb/>
ha&#x0364;lt, Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch und Jtalia&#x0364;ni&#x017F;ch &#x017F;prechen kann, eine<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ne Hand &#x017F;chreibt, die Mathimatik ver&#x017F;teht,<lb/>
Ver&#x017F;e macht, &#x017F;o viel man fu&#x0364;rs Haus braucht, tan-<lb/>
zen, fechten und reuten kann, und wo mo&#x0364;glich, ein<lb/>
wenig zeichnet. Jn der Hi&#x017F;torie muß er auch gut<lb/>
be&#x017F;chlagen &#x017F;eyn, vor allen Dingen aber in der Wap-<lb/>
penkun&#x017F;t. J&#x017F;t er &#x017F;chon auf Rei&#x017F;en gewe&#x017F;en; de&#x017F;to<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er. Aber er muß &#x017F;ich gefallen la&#x017F;&#x017F;en, bey mir<lb/>
auf meinem Gute zu bleiben, und &#x017F;ich wenig&#x017F;tens<lb/>
auf &#x017F;echs Jahre bey mir zu vermiethen. Dafu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;oll er bey meinen Kindern auf der Stube freye<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wohnung</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0039] Satyriſche Briefe. ſen, daß ich ihn lieb habe; der leichtfertge Schelm! Er iſt noch nicht vierzehn Jahr alt, und hat in hu- manioris gar feine principio. Ferdinand, iſt meiner Frau ihr Junge. Er iſt immer kraͤnklich, und das geringſte Aergerniß kann ihm ſchaden. Das gute Kind will mit lauter Liebe gezogen ſeyn, und meine Frau hat ſchon zween Bediente wegge- jagt, die ihm unfreundlich begegnet haben. Das aͤlteſte Maͤdchen iſt zwoͤlf Jahre. Sie ſoll noch ein bißchen Catechiſſen lernen, und hernach will ich dem kleinen Nickel einen Mann geben, der mag ſehn wie er mit ihr zu Rechte koͤmmt. Mit dem kleinen Maͤdchen hat der Hofmeiſter gar nichts zu thun, die behaͤlt die Mamſell bey ſich. Sehn Sie nun, Herr Profeſſor, das iſt die Arbeit alle. Jch wer- de Jhnen ſehr verbunden ſeyn, wenn Sie mir einen huͤbſchen Menſchen vorſchlagen. Jch verlange wei- ter nichts von ihm, als daß er gut Latein verſteht, ſich in Waͤſche und Kleidung reinlich und ſauber haͤlt, Franzoͤſiſch und Jtaliaͤniſch ſprechen kann, eine ſchoͤne Hand ſchreibt, die Mathimatik verſteht, Verſe macht, ſo viel man fuͤrs Haus braucht, tan- zen, fechten und reuten kann, und wo moͤglich, ein wenig zeichnet. Jn der Hiſtorie muß er auch gut beſchlagen ſeyn, vor allen Dingen aber in der Wap- penkunſt. Jſt er ſchon auf Reiſen geweſen; deſto beſſer. Aber er muß ſich gefallen laſſen, bey mir auf meinem Gute zu bleiben, und ſich wenigſtens auf ſechs Jahre bey mir zu vermiethen. Dafuͤr ſoll er bey meinen Kindern auf der Stube freye Wohnung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/39
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/39>, abgerufen am 23.11.2024.