"Jch hoffe, ich will mich mit der Erfahrung "schützen, wenn ich behaupte, daß viele aus "Neigung lieben, aber aus Eigennutz heira- "then. Wenigstens haben diejenigen kein Recht, "mir zu widersprechen, welche sich mit einem Frau- "enzimmer verbinden, die, nach dem ordentlichen "Laufe der Natur, ihre Großmutter seyn könnte. "Diese Liebhaber der Alterthümer gewinnen in der "That sehr viel, wenn man ihnen Schuld giebt, "daß ihre Verbindungen aus Eigennutz geschehen. "Wäre dieses nicht, so würde man sie gar für när- "risch halten; und ich glaube nach der Art, wie die "heutige Welt denkt, ist es immer rühmlicher, ei- "gennützig, als närrisch zu seyn. Jch bin also nicht "wider diese Art der Ehen. Dieses nur scheint mir "unleidlich zu seyn, daß man dergleichen Frauen- "zimmern, welche ohnedem ihr Alter abergläubisch "macht, so viel von Liebe, und zärtlichen Empfin- "dungen vorschwatzt. Es ist unbillig, ihre Leicht- "gläubigkeit zu misbrauchen. Jch will ein For- "mular geben, wie man in dergleichen Fällen seuf- "zen müsse. Ein jeder, der es braucht, wird es "nach seinen Umständen zu verändern wissen. Jn "der Hauptsache werden wir immer einig seyn, wenn "wir anders aufrichtig seyn wollen."
Mada-
Satyriſche Briefe.
„Jch hoffe, ich will mich mit der Erfahrung „ſchuͤtzen, wenn ich behaupte, daß viele aus „Neigung lieben, aber aus Eigennutz heira- „then. Wenigſtens haben diejenigen kein Recht, „mir zu widerſprechen, welche ſich mit einem Frau- „enzimmer verbinden, die, nach dem ordentlichen „Laufe der Natur, ihre Großmutter ſeyn koͤnnte. „Dieſe Liebhaber der Alterthuͤmer gewinnen in der „That ſehr viel, wenn man ihnen Schuld giebt, „daß ihre Verbindungen aus Eigennutz geſchehen. „Waͤre dieſes nicht, ſo wuͤrde man ſie gar fuͤr naͤr- „riſch halten; und ich glaube nach der Art, wie die „heutige Welt denkt, iſt es immer ruͤhmlicher, ei- „gennuͤtzig, als naͤrriſch zu ſeyn. Jch bin alſo nicht „wider dieſe Art der Ehen. Dieſes nur ſcheint mir „unleidlich zu ſeyn, daß man dergleichen Frauen- „zimmern, welche ohnedem ihr Alter aberglaͤubiſch „macht, ſo viel von Liebe, und zaͤrtlichen Empfin- „dungen vorſchwatzt. Es iſt unbillig, ihre Leicht- „glaͤubigkeit zu misbrauchen. Jch will ein For- „mular geben, wie man in dergleichen Faͤllen ſeuf- „zen muͤſſe. Ein jeder, der es braucht, wird es „nach ſeinen Umſtaͤnden zu veraͤndern wiſſen. Jn „der Hauptſache werden wir immer einig ſeyn, wenn „wir anders aufrichtig ſeyn wollen.„
Mada-
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Satyriſche Briefe.
„Jch hoffe, ich will mich mit der Erfahrung
„ſchuͤtzen, wenn ich behaupte, daß viele aus
„Neigung lieben, aber aus Eigennutz heira-
„then. Wenigſtens haben diejenigen kein Recht,
„mir zu widerſprechen, welche ſich mit einem Frau-
„enzimmer verbinden, die, nach dem ordentlichen
„Laufe der Natur, ihre Großmutter ſeyn koͤnnte.
„Dieſe Liebhaber der Alterthuͤmer gewinnen in der
„That ſehr viel, wenn man ihnen Schuld giebt,
„daß ihre Verbindungen aus Eigennutz geſchehen.
„Waͤre dieſes nicht, ſo wuͤrde man ſie gar fuͤr naͤr-
„riſch halten; und ich glaube nach der Art, wie die
„heutige Welt denkt, iſt es immer ruͤhmlicher, ei-
„gennuͤtzig, als naͤrriſch zu ſeyn. Jch bin alſo nicht
„wider dieſe Art der Ehen. Dieſes nur ſcheint mir
„unleidlich zu ſeyn, daß man dergleichen Frauen-
„zimmern, welche ohnedem ihr Alter aberglaͤubiſch
„macht, ſo viel von Liebe, und zaͤrtlichen Empfin-
„dungen vorſchwatzt. Es iſt unbillig, ihre Leicht-
„glaͤubigkeit zu misbrauchen. Jch will ein For-
„mular geben, wie man in dergleichen Faͤllen ſeuf-
„zen muͤſſe. Ein jeder, der es braucht, wird es
„nach ſeinen Umſtaͤnden zu veraͤndern wiſſen. Jn
„der Hauptſache werden wir immer einig ſeyn, wenn
„wir anders aufrichtig ſeyn wollen.„
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/377>, abgerufen am 23.11.2024.
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