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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
ler weiter haben, als diesen, daß sie nicht so reich
sind, wie wir. Jch glaube nicht, daß es Jhnen
schwer fallen wird, Sich eben so glimpflich gegen sie
zu bezeigen, da dieses das bequemste Mittel ist, die
Hochachtung und Treue der Bedienten zu gewin-
nen. Noch unzufriedner bin ich über diejenigen
Herrschaften, welche sich zu ihren Bedienten allzu-
vertraulich herablassen. Man giebt ihnen eine
Freyheit, deren sie sich mit der Zeit gewiß mis-
brauchen. Jch werde Jhnen sehr verbunden seyn,
wenn Sie zu keiner Zeit vergessen, daß Jhr Auf-
wartmädchen niemals Jhre vertraute Freundinn
ist. Bemächtigen Sie Sich der Herrschaft in
der Küche. Jch verlange nicht, daß Sie selbst
kochen sollen; aber das verlange ich, daß das Ge-
sinde Sie für eine vernünftige Wirthinn, und nicht
für ein erwachsnes Kind hält, welches nur da
sitzt, um sich füttern zu lassen. Jch habe einen
sehr armen Vater, welcher ein redlicher Greis,
aber kränklich, und ein wenig einfältig ist. Ge-
trauen Sie Sich wohl, ihn so zu lieben, wie Jh-
ren eignen Vater? Jch werde es von Jhnen ver-
langen. Das Vermögen, welches mir der Him-
mel bey meiner Handlung gegeben hat, das hat er
mir vermuthlich darum gegeben, um diesem redli-
chen Manne sein Alter erträglich zu machen. Es
würde mir nahe gehen, wenn Sie anders dächten;
und ich würde es nicht zulassen, gewiß nicht, Ma-
demoiselle. Auf diesen alten redlichen Vater bin
ich stolz, und meine Freunde können mir niemals

empfind-
X 5

Satyriſche Briefe.
ler weiter haben, als dieſen, daß ſie nicht ſo reich
ſind, wie wir. Jch glaube nicht, daß es Jhnen
ſchwer fallen wird, Sich eben ſo glimpflich gegen ſie
zu bezeigen, da dieſes das bequemſte Mittel iſt, die
Hochachtung und Treue der Bedienten zu gewin-
nen. Noch unzufriedner bin ich uͤber diejenigen
Herrſchaften, welche ſich zu ihren Bedienten allzu-
vertraulich herablaſſen. Man giebt ihnen eine
Freyheit, deren ſie ſich mit der Zeit gewiß mis-
brauchen. Jch werde Jhnen ſehr verbunden ſeyn,
wenn Sie zu keiner Zeit vergeſſen, daß Jhr Auf-
wartmaͤdchen niemals Jhre vertraute Freundinn
iſt. Bemaͤchtigen Sie Sich der Herrſchaft in
der Kuͤche. Jch verlange nicht, daß Sie ſelbſt
kochen ſollen; aber das verlange ich, daß das Ge-
ſinde Sie fuͤr eine vernuͤnftige Wirthinn, und nicht
fuͤr ein erwachsnes Kind haͤlt, welches nur da
ſitzt, um ſich fuͤttern zu laſſen. Jch habe einen
ſehr armen Vater, welcher ein redlicher Greis,
aber kraͤnklich, und ein wenig einfaͤltig iſt. Ge-
trauen Sie Sich wohl, ihn ſo zu lieben, wie Jh-
ren eignen Vater? Jch werde es von Jhnen ver-
langen. Das Vermoͤgen, welches mir der Him-
mel bey meiner Handlung gegeben hat, das hat er
mir vermuthlich darum gegeben, um dieſem redli-
chen Manne ſein Alter ertraͤglich zu machen. Es
wuͤrde mir nahe gehen, wenn Sie anders daͤchten;
und ich wuͤrde es nicht zulaſſen, gewiß nicht, Ma-
demoiſelle. Auf dieſen alten redlichen Vater bin
ich ſtolz, und meine Freunde koͤnnen mir niemals

empfind-
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[329/0357] Satyriſche Briefe. ler weiter haben, als dieſen, daß ſie nicht ſo reich ſind, wie wir. Jch glaube nicht, daß es Jhnen ſchwer fallen wird, Sich eben ſo glimpflich gegen ſie zu bezeigen, da dieſes das bequemſte Mittel iſt, die Hochachtung und Treue der Bedienten zu gewin- nen. Noch unzufriedner bin ich uͤber diejenigen Herrſchaften, welche ſich zu ihren Bedienten allzu- vertraulich herablaſſen. Man giebt ihnen eine Freyheit, deren ſie ſich mit der Zeit gewiß mis- brauchen. Jch werde Jhnen ſehr verbunden ſeyn, wenn Sie zu keiner Zeit vergeſſen, daß Jhr Auf- wartmaͤdchen niemals Jhre vertraute Freundinn iſt. Bemaͤchtigen Sie Sich der Herrſchaft in der Kuͤche. Jch verlange nicht, daß Sie ſelbſt kochen ſollen; aber das verlange ich, daß das Ge- ſinde Sie fuͤr eine vernuͤnftige Wirthinn, und nicht fuͤr ein erwachsnes Kind haͤlt, welches nur da ſitzt, um ſich fuͤttern zu laſſen. Jch habe einen ſehr armen Vater, welcher ein redlicher Greis, aber kraͤnklich, und ein wenig einfaͤltig iſt. Ge- trauen Sie Sich wohl, ihn ſo zu lieben, wie Jh- ren eignen Vater? Jch werde es von Jhnen ver- langen. Das Vermoͤgen, welches mir der Him- mel bey meiner Handlung gegeben hat, das hat er mir vermuthlich darum gegeben, um dieſem redli- chen Manne ſein Alter ertraͤglich zu machen. Es wuͤrde mir nahe gehen, wenn Sie anders daͤchten; und ich wuͤrde es nicht zulaſſen, gewiß nicht, Ma- demoiſelle. Auf dieſen alten redlichen Vater bin ich ſtolz, und meine Freunde koͤnnen mir niemals empfind- X 5

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/357>, abgerufen am 23.11.2024.