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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
Wollte ich bey meiner Verheirathung auf weiter
nichts sehen, als auf diese Umstände: so würde ich
nicht einen Augenblick nöthig haben, mich zu besin-
nen. Allein meine Jugend ist eine der wichtigsten
Ursachen, welche mich unschlüssig macht, die Hand
eines Mannes anzunehmen, die ich vielleicht mit
besserm Anstande in kindlichem Gehorsam, als bey
einer genauern Verbindung aus Zärtlichkeit küssen
würde. Jch werde die Urtheile der Welt wider
mich erregen, und niemals im Stande seyn, die
Vorwürfe zu beantworten, die man mir mit guter
Wahrscheinlichkeit, und doch allemal unschuldig
machen wird. Versagen Sie mir, Gnädiger Herr,
bey diesen zweifelhaften Umständen Jhren väterli-
chen Rath nicht. Sie sind bey Jhrem Alter und
Jhren Erfahrungen besser, als ich, im Stande, die
Wichtigkeit einer Entschlüssung einzusehn, von der
mein ganzes Glück abhängt. Jch bin ruhig, da
ich mich Jhrer Liebe und Vorsorge versichert hal-
ten kann. Jhre Einsicht wird mir das ersetzen,
was mir bey meiner Jugend fehlt. Vergessen Sie
nicht, daß ein Mädchen von sechzehn Jahren dem
ehrwürdigen Alter des Herrn Cammerraths viel
leichter Ehrfurcht, als Liebe versprechen kann; so
weiß ich gewiß, daß Jhr Ausspruch nach meinem
Wunsche ausfallen wird. Jch übersende Jhnen
seinen Brief, und bin mit der vollkommensten Hoch-
achtung, u. s. w.

Liebes

Satyriſche Briefe.
Wollte ich bey meiner Verheirathung auf weiter
nichts ſehen, als auf dieſe Umſtaͤnde: ſo wuͤrde ich
nicht einen Augenblick noͤthig haben, mich zu beſin-
nen. Allein meine Jugend iſt eine der wichtigſten
Urſachen, welche mich unſchluͤſſig macht, die Hand
eines Mannes anzunehmen, die ich vielleicht mit
beſſerm Anſtande in kindlichem Gehorſam, als bey
einer genauern Verbindung aus Zaͤrtlichkeit kuͤſſen
wuͤrde. Jch werde die Urtheile der Welt wider
mich erregen, und niemals im Stande ſeyn, die
Vorwuͤrfe zu beantworten, die man mir mit guter
Wahrſcheinlichkeit, und doch allemal unſchuldig
machen wird. Verſagen Sie mir, Gnaͤdiger Herr,
bey dieſen zweifelhaften Umſtaͤnden Jhren vaͤterli-
chen Rath nicht. Sie ſind bey Jhrem Alter und
Jhren Erfahrungen beſſer, als ich, im Stande, die
Wichtigkeit einer Entſchluͤſſung einzuſehn, von der
mein ganzes Gluͤck abhaͤngt. Jch bin ruhig, da
ich mich Jhrer Liebe und Vorſorge verſichert hal-
ten kann. Jhre Einſicht wird mir das erſetzen,
was mir bey meiner Jugend fehlt. Vergeſſen Sie
nicht, daß ein Maͤdchen von ſechzehn Jahren dem
ehrwuͤrdigen Alter des Herrn Cammerraths viel
leichter Ehrfurcht, als Liebe verſprechen kann; ſo
weiß ich gewiß, daß Jhr Ausſpruch nach meinem
Wunſche ausfallen wird. Jch uͤberſende Jhnen
ſeinen Brief, und bin mit der vollkommenſten Hoch-
achtung, u. ſ. w.

Liebes
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[294/0322] Satyriſche Briefe. Wollte ich bey meiner Verheirathung auf weiter nichts ſehen, als auf dieſe Umſtaͤnde: ſo wuͤrde ich nicht einen Augenblick noͤthig haben, mich zu beſin- nen. Allein meine Jugend iſt eine der wichtigſten Urſachen, welche mich unſchluͤſſig macht, die Hand eines Mannes anzunehmen, die ich vielleicht mit beſſerm Anſtande in kindlichem Gehorſam, als bey einer genauern Verbindung aus Zaͤrtlichkeit kuͤſſen wuͤrde. Jch werde die Urtheile der Welt wider mich erregen, und niemals im Stande ſeyn, die Vorwuͤrfe zu beantworten, die man mir mit guter Wahrſcheinlichkeit, und doch allemal unſchuldig machen wird. Verſagen Sie mir, Gnaͤdiger Herr, bey dieſen zweifelhaften Umſtaͤnden Jhren vaͤterli- chen Rath nicht. Sie ſind bey Jhrem Alter und Jhren Erfahrungen beſſer, als ich, im Stande, die Wichtigkeit einer Entſchluͤſſung einzuſehn, von der mein ganzes Gluͤck abhaͤngt. Jch bin ruhig, da ich mich Jhrer Liebe und Vorſorge verſichert hal- ten kann. Jhre Einſicht wird mir das erſetzen, was mir bey meiner Jugend fehlt. Vergeſſen Sie nicht, daß ein Maͤdchen von ſechzehn Jahren dem ehrwuͤrdigen Alter des Herrn Cammerraths viel leichter Ehrfurcht, als Liebe verſprechen kann; ſo weiß ich gewiß, daß Jhr Ausſpruch nach meinem Wunſche ausfallen wird. Jch uͤberſende Jhnen ſeinen Brief, und bin mit der vollkommenſten Hoch- achtung, u. ſ. w. Liebes

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/322>, abgerufen am 26.11.2024.