[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.Satyrische Briefe. Vergnügen haben würden, das übrige Drittheilum das Seinige zu bringen. Sehn Sie einmal unsre Kaufleute, aber die Kaufleute nicht allein, sehn Sie auch andre Stände an! Wie bearbeiten sich die meisten von ihnen, ihren ehrlichen Namen mit sechzig bis siebenzig pro Cent Gewinnst zu ver- lieren! Geben Sie auf unsre handelnde Jugend, auf die Söhne derjenigen alten Kaufleute Achtung, welche altvätrisch genug waren, ehrlich zu sterben. Bey den itzigen schweren nahrlosen Zeiten, bey den hohen Abgaben, über die man sich beklagt, bey dem kläglichen Verfalle der Handlung, wissen die- se jungen Herren die vornehme Kunst, mit der be- sten Art von der Welt, in einem Jahre unnöthi- ger Weise mehr zu verschwenden, als ihre wirth- schaftlichen Väter bey den glückseligsten Zeiten in fünf Jahren zur bequemen Unterhaltung für sich, und die Jhrigen, brauchten. Sollten diese Herren, diese Hoffnung des Vaterlandes, nicht im Stan- de seyn, in zehn Jahren alles dasjenige zu ver- thun, was ihre Väter in funfzig Jahren gesamm- let haben? Rechnen Sie einmal selber nach, wie glücklich Sie seyn werden, wenn alle diese Herren, größtentheils recht artige Herren, um Sie wür- feln, und Jhnen den zehnten Theil ihrer Beute ge- ben müssen. Aber dieser Entwurf ist von mir nicht Jhrentwegen allein, Mademoiselle, nein er ist selbst dieser bankruten Nachwelt zum Besten ge- macht worden. Gemeiniglich fehlt es diesen Leu- ten an Unglücksfällen, welche sie angeben sollen. Jch
Satyriſche Briefe. Vergnuͤgen haben wuͤrden, das uͤbrige Drittheilum das Seinige zu bringen. Sehn Sie einmal unſre Kaufleute, aber die Kaufleute nicht allein, ſehn Sie auch andre Staͤnde an! Wie bearbeiten ſich die meiſten von ihnen, ihren ehrlichen Namen mit ſechzig bis ſiebenzig pro Cent Gewinnſt zu ver- lieren! Geben Sie auf unſre handelnde Jugend, auf die Soͤhne derjenigen alten Kaufleute Achtung, welche altvaͤtriſch genug waren, ehrlich zu ſterben. Bey den itzigen ſchweren nahrloſen Zeiten, bey den hohen Abgaben, uͤber die man ſich beklagt, bey dem klaͤglichen Verfalle der Handlung, wiſſen die- ſe jungen Herren die vornehme Kunſt, mit der be- ſten Art von der Welt, in einem Jahre unnoͤthi- ger Weiſe mehr zu verſchwenden, als ihre wirth- ſchaftlichen Vaͤter bey den gluͤckſeligſten Zeiten in fuͤnf Jahren zur bequemen Unterhaltung fuͤr ſich, und die Jhrigen, brauchten. Sollten dieſe Herren, dieſe Hoffnung des Vaterlandes, nicht im Stan- de ſeyn, in zehn Jahren alles dasjenige zu ver- thun, was ihre Vaͤter in funfzig Jahren geſamm- let haben? Rechnen Sie einmal ſelber nach, wie gluͤcklich Sie ſeyn werden, wenn alle dieſe Herren, groͤßtentheils recht artige Herren, um Sie wuͤr- feln, und Jhnen den zehnten Theil ihrer Beute ge- ben muͤſſen. Aber dieſer Entwurf iſt von mir nicht Jhrentwegen allein, Mademoiſelle, nein er iſt ſelbſt dieſer bankruten Nachwelt zum Beſten ge- macht worden. Gemeiniglich fehlt es dieſen Leu- ten an Ungluͤcksfaͤllen, welche ſie angeben ſollen. Jch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div n="2"> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0297" n="269"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Satyriſche Briefe.</hi></fw><lb/> Vergnuͤgen haben wuͤrden, das uͤbrige Drittheil<lb/> um das Seinige zu bringen. Sehn Sie einmal<lb/> unſre Kaufleute, aber die Kaufleute nicht allein,<lb/> ſehn Sie auch andre Staͤnde an! Wie bearbeiten<lb/> ſich die meiſten von ihnen, ihren ehrlichen Namen<lb/> mit ſechzig bis ſiebenzig pro Cent Gewinnſt zu ver-<lb/> lieren! Geben Sie auf unſre handelnde Jugend,<lb/> auf die Soͤhne derjenigen alten Kaufleute Achtung,<lb/> welche altvaͤtriſch genug waren, ehrlich zu ſterben.<lb/> Bey den itzigen ſchweren nahrloſen Zeiten, bey den<lb/> hohen Abgaben, uͤber die man ſich beklagt, bey<lb/> dem klaͤglichen Verfalle der Handlung, wiſſen die-<lb/> ſe jungen Herren die vornehme Kunſt, mit der be-<lb/> ſten Art von der Welt, in einem Jahre unnoͤthi-<lb/> ger Weiſe mehr zu verſchwenden, als ihre wirth-<lb/> ſchaftlichen Vaͤter bey den gluͤckſeligſten Zeiten in<lb/> fuͤnf Jahren zur bequemen Unterhaltung fuͤr ſich,<lb/> und die Jhrigen, brauchten. Sollten dieſe Herren,<lb/> dieſe Hoffnung des Vaterlandes, nicht im Stan-<lb/> de ſeyn, in zehn Jahren alles dasjenige zu ver-<lb/> thun, was ihre Vaͤter in funfzig Jahren geſamm-<lb/> let haben? Rechnen Sie einmal ſelber nach, wie<lb/> gluͤcklich Sie ſeyn werden, wenn alle dieſe Herren,<lb/> groͤßtentheils recht artige Herren, um Sie wuͤr-<lb/> feln, und Jhnen den zehnten Theil ihrer Beute ge-<lb/> ben muͤſſen. Aber dieſer Entwurf iſt von mir<lb/> nicht Jhrentwegen allein, Mademoiſelle, nein er<lb/> iſt ſelbſt dieſer bankruten Nachwelt zum Beſten ge-<lb/> macht worden. Gemeiniglich fehlt es dieſen Leu-<lb/> ten an Ungluͤcksfaͤllen, welche ſie angeben ſollen.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [269/0297]
Satyriſche Briefe.
Vergnuͤgen haben wuͤrden, das uͤbrige Drittheil
um das Seinige zu bringen. Sehn Sie einmal
unſre Kaufleute, aber die Kaufleute nicht allein,
ſehn Sie auch andre Staͤnde an! Wie bearbeiten
ſich die meiſten von ihnen, ihren ehrlichen Namen
mit ſechzig bis ſiebenzig pro Cent Gewinnſt zu ver-
lieren! Geben Sie auf unſre handelnde Jugend,
auf die Soͤhne derjenigen alten Kaufleute Achtung,
welche altvaͤtriſch genug waren, ehrlich zu ſterben.
Bey den itzigen ſchweren nahrloſen Zeiten, bey den
hohen Abgaben, uͤber die man ſich beklagt, bey
dem klaͤglichen Verfalle der Handlung, wiſſen die-
ſe jungen Herren die vornehme Kunſt, mit der be-
ſten Art von der Welt, in einem Jahre unnoͤthi-
ger Weiſe mehr zu verſchwenden, als ihre wirth-
ſchaftlichen Vaͤter bey den gluͤckſeligſten Zeiten in
fuͤnf Jahren zur bequemen Unterhaltung fuͤr ſich,
und die Jhrigen, brauchten. Sollten dieſe Herren,
dieſe Hoffnung des Vaterlandes, nicht im Stan-
de ſeyn, in zehn Jahren alles dasjenige zu ver-
thun, was ihre Vaͤter in funfzig Jahren geſamm-
let haben? Rechnen Sie einmal ſelber nach, wie
gluͤcklich Sie ſeyn werden, wenn alle dieſe Herren,
groͤßtentheils recht artige Herren, um Sie wuͤr-
feln, und Jhnen den zehnten Theil ihrer Beute ge-
ben muͤſſen. Aber dieſer Entwurf iſt von mir
nicht Jhrentwegen allein, Mademoiſelle, nein er
iſt ſelbſt dieſer bankruten Nachwelt zum Beſten ge-
macht worden. Gemeiniglich fehlt es dieſen Leu-
ten an Ungluͤcksfaͤllen, welche ſie angeben ſollen.
Jch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |